Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 27.08.2003; Aktenzeichen 13 AR 3617/03) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 27.8.03 wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 7.8.03 aufgehoben.
II. Das Verfahren wird zur Eintragung der angemeldeten Firma an das Handelsregister München zurückverwiesen.
III. Der Beschwerdewert beträgt 5.000,00 EUR.
Gründe
1. Mit Schriftsatz vom 25.6.2003 überreichte die Notarin Arnold die Anmeldung der Beschwerdeführerin vom 14.5.2003 (Bl. 1–4 blau) zur Neueintragung in das Handelsregister München. Die Beschwerdeführerin beantragte unter der Firma „Starnberger Gesellschaft für Unternehmensführung mbH” eingetragen zu werden. Sitz der Gesellschaft sollte nach der Satzung der Ort Herrsching im Landkreis Starnberg sein.
Das Amtsgericht München wies mit Zwischenverfügung vom 9.7.03 die Gesellschaft darauf hin, dass die Gesellschaft unter der angemeldeten Firma nicht eingetragen werden könne, da Sitz der Gesellschaft Herrsching und nicht Starnberg sei und durch die Voranstellung von „Starnberg” dem Unternehmen eine besondere Bedeutung zugewiesen werde, die ihm jedoch als Neugründung nicht zukomme.
Da die Beschwerdeführerin auf die Eintragung ihrer angemeldeten Firma beharrte, wies das Registergericht München mit Beschluss vom 7.8.03 (Bl. 9 blau) die Anmeldung zurück. Die Firma enthalte eine Irreführung über den tatsächlichen Sitz der Gesellschaft sowie eine Bedeutungsberühmung innerhalb der Branche von Unternehmensberatungen.
Gegen diesen Beschluss legte die Gesellschaft Beschwerde am 27.8.03 (Bl. 11) ein. Die Beschwerde wird u.a. damit begründet, dass die beteiligten Verkehrskreise gemäß § 18 Abs. 2 HGB durch die Ortsbezeichnung „Starnberg” nicht irregeführt würden, da die Gesellschaft ihren Sitz im Landkreis Starnberg habe. Ob die Gesellschaft ihren Sitz im Nachbarort Herrsching oder im Ort Starnberg habe, sei für die angesprochenen Verkehrskreise nicht wesentlich. Eine Bedeutungsberühmung in der Form, dass der Gesellschaft eine führende Stellung im Landkreis Starnberg zukomme, könne in der vorangestellten Ortsangabe allein nicht gesehen werden.
Das Registergericht München hat mit Beschluss vom 15.10.03 (Bl. 14) der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht München I zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.
2. Die Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss ist gemäß § 19, 20 FGG zulässig, sie wurde wirksam durch die Notarin in Vertretung für die Gesellschaft eingelegt.
Die Beschwerde ist begründet, da die angemeldete Firma nicht gegen das Gebot der Firmenwahrheit gemäß § 18 Abs. 2 HGB verstößt. Die vorangestellte Ortsangabe „Starnberger Gesellschaft” ist nicht geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise über wesentliche geschäftliche Verhältnisse irre zu führen.
a) Ob die Eignung zur Irreführung „ersichtlich” gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 HGB ist, darf durch das Beschwerdegericht nicht mehr geprüft werden. Ist die Irreführung durch das Registergericht festgestellt, ist diese damit auch in der Beschwerdeinstanz „ersichtlich” (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 31. Auflage, § 18 Rn 20 und Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht, 6. Auflage, Rn 224). Davon unberührt bleibt aber die rechtliche Beurteilung der Eignung zur Irreführung durch die höhere Instanz.
b) „Beteiligte Verkehrskreise” i.S.d. § 18 Abs. 2 HGB ist die Gruppe von Verbrauchern, die die Gesellschaft mit ihrem Unternehmensgegenstand ansprechen will. Da sich der Geschäftsgegenstand der Beschwerdeführerin ausschließlich an „Unternehmen” richtet, sind hier im Geschäftsleben stehende und tätige Personen angesprochen, die hinsichtlich ihrer Qualifikation und Geschäftsgewandtheit den durchschnittlich informierten und aufgeklärten Verbraucher aus dem europäischen Verbraucherleitbild übertreffen. Diese Verkehrskreise sind daher für die Frage, ob die Firma zur Irreführung geeignet ist, maßgeblich.
c) Die Eignung zur Irreführung hat das Registergericht nur noch in beschränktem Umfang zu überprüfen. Eine Firma hat im Wesentlichen Kennzeichnungsfunktion und muss Unterscheidungskraft besitzen. Ob die angemeldete Firma Unterscheidungskraft hinsichtlich weiterer schon bestehender Gesellschaften oder Firmen im Starnberger Raum hat, wird das Registergericht noch zu prüfen haben. Grundsätzlich kommt der angemeldeten Firma Herkunftsfunktion und Unterscheidungskraft zu. Das Handelsrechtsreformgesetz will mit dem neuen Paragraphen 18 Abs. 2 HGB eine weitgehende Liberalisierung des bisherigen veralteten und verkrusteten Firmenrechts erreichen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.11.00, DB 2001, 697 ff.).
Eine Eignung zur Irreführung ist gemäß § 18 Abs. 2 HGB nur dann zu berücksichtigen, wenn die in Betracht kommende Irreführung von gewisser Bedeutung für die angesprochenen Verkehrskreise ist. Die irreführende Angabe (hier Sitz der Firma in Herrsching statt in Starnberg) muss aus der Sicht des durchschnittlichen Angehörigen des maßgeblichen Verkehrskreises von Erheblichkeit in der Einschätzung des ...