Entscheidungsstichwort (Thema)

Einholung eines Rechtsentscheides zur Frage der Anwendbarkeit und rechtlichen Einordnung der 10jährigen Sperrfrist für die Kündigung in Wohnungseigentum umgewandelter Mietwohnungen in Übergangsfällen

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Es ist ein Rechtsentscheid einzuholen zu folgenden Rechtsfragen:

1. Ist die 10jährige Sperrfrist aus Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz vom 22. April 1993 Art 14 Nr 1 auf Fälle anwendbar, in denen sowohl die Kündigungserklärung als auch der Ablauf der Kündigungsfrist nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.5.1993 liegen, die erste Veräußerung des nach WEG (juris: WoEigG) aufgeteilten Wohnungseigentums aber vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.5.1993 und auch vor der Einführung der 5jährigen Sperrfrist nach BGB § 564b Abs 2 S 1 Nr 2 am 1.8.1990 gem der Übergangsregelung in Art 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung des Mieters bei Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnungen vom 20. Juli 1990 (juris: MietRstVerbG) liegt?

2. Falls Frage 1. bejaht wird: Stellt die 10jährige Sperrfrist gem des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22. April 1993 Art 14 Nr 1 (juris: InvErlWoBauldG) eine echte Kündigungssperrfrist mit der Folge der Unwirksamkeit der erklärten Kündigung oder eine besondere Form der Sozialklausel dar?

 

Nachgehend

BayObLG (Beschluss vom 23.03.1995; Aktenzeichen RE-Miet 2/95)

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

I. Die Rechtsfrage ist entscheidungserheblich.

Das AG München hat die Räumungsklage abgewiesen mit der Begründung, es liege ein Begründungsdefizit im Kündigungsschreiben v. 5.10.1993 insofern vor, als die Angabe von Ort, Straße und Hausnummer der Wohngemeinschaft fehlten. Das Berufungsgericht ist abweichend hiervon der Rechtsansicht, daß es der Angabe von Ort, Straße und Hausnummer der Wohngemeinschaft, in welcher die Bedarfsperson derzeit lebt, nicht bedurfte, da der Eigenbedarf für die Bedarfsperson nicht mit unzureichenden Raumverhältnissen der Unterbringung der Bedarfsperson begründet wird, sondern mit dem Wunsch, nicht mehr in einer Wohngemeinschaft zu leben, vielmehr selbständig zu wohnen. Die Lage ist ähnlich wie bei einem Umzug infolge Ortswechsels von einer Stadt in eine andere, wo es ebenfalls auf die Frage der Unterbringung am bisherigen Wohnort nicht ankommt. Zweifel daran, ob die Bedarfsperson zur Zeit der Kündigung überhaupt in einer Wohngemeinschaft gelebt hat, sind dann gegebenenfalls im Räumungsprozeß durch Beweiserhebung zu klären, die formalen Voraussetzungen an den Inhalt einer Kündigungserklärung sind nicht derart hoch anzusetzen, daß auch die vom AG als fehlend beanstandeten Angaben Wirksamkeitsvoraussetzung für das Kündigungsschreiben wären.

Damit ist die Frage der Anwendbarkeit der 10jährigen Sperrfrist prozeßentscheidend.

Die Kündigung ist am 5.10.1993 und mithin nach Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes am 1.5.1993 erfolgt.

Die Aufteilung in Eigentumswohnungen gemäß § 8 WEG ist am 5.12.1986 in das Grundbuch eingetragen worden. Der erste danach liegende Eigentumsübergang aufgrund Veräußerung der Wohnung ist am 28.10.1988 in das Grundbuch eingetragen worden. Die weitere Veräußerung - diesmal an die Kläger - gemäß notarieller Urkunde v. 12.12.1988 ist am 26.1.1989 in das Grundbuch eingetragen worden. Die Kündigung der Kläger ist am 4.10.1993 ausgesprochen worden.

Ist die 10jährige Sperrfrist hier anwendbar, so ist mit dieser Begründung das klageabweisende amtsgerichtliche Urteil zu bestätigen. Andernfalls ist der behauptete Eigenbedarf für die Bedarfsperson durch deren Zeugenvernehmung zu klären, falls dieser weiterhin bestritten bleibt.

Falls hiernach eine Eigenbedarfslage besteht, ist die Vorlagefrage Nr. 2 entscheidungserheblich.

II. Die vorgelegten Rechtsfragen sind von grundsätzlicher Bedeutung und - soweit ersichtlich - bisher nicht durch RE entschieden.

Der VB der Kammer v. 29.6.1994 - 14 S 1376/94 (WM 1994, 369) betrifft ebenfalls die Anwendbarkeit der 10jährigen Sperrfrist, jedoch in einer anderen Fallgestaltung: Dort lag die Kündigung vor Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes, der Ablauf der Kündigungsfrist aber nach dem Inkrafttreten des Gesetzes.

Der VB des LG Hamburg v. 22.4.1994 (WM 1994, 320) betrifft die Frage der Anwendbarkeit dieser 10jährigen Sperrfrist auf Erwerbsvorgänge vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1.5.1993, stellt aber nicht auf den weiteren Wirksamkeitszeitpunkt 1.8.1990 ab, wie er sich aus der Übergangsregelung in Art. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung des Mieters bei Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnungen bei Einführung der damals 5jährigen Sperrfrist ergeben hat. Die Frage, ob die erste Veräußerung der Wohnung nach der Aufteilung in Eigentumswohnungen vor dem 1.8.1990 erfolgt ist, ist jedenfalls nach Palandt-Putzo (53. Aufl., Rn. 5 und 50 zu § 564b BGB m.w.N.) sowie Schilling/Meyer (ZMR 1994, 4...

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