Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Auslegung der Parteibezeichnung gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn die gegebenen Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen.
2. Richtet sich bei einer nach dem 1.12.2020 eingegangenen Beschlussanfechtungsklage diese ausdrücklich nur gegen einen – vermeintlich einzig weiteren – Wohnungseigentümer, ist aber erkennbar, dass die Gemeinschaft verklagt werden sollte, ist der Verband Partei und das Rubrum entsprechend zu berichtigen.
3. Eines Parteiwechsels bedarf es dann nicht, wobei offen bleiben kann, ob ein privilegierter Parteiwechsel nach der Aufhebung des § 44 WEG a.F. noch in Betracht kommen kann.
Verfahrensgang
AG Viechtach (Urteil vom 23.04.2021; Aktenzeichen 3 C 12/20 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird das Zwischenurteil des Amtsgerichts Viechtach vom 23.4.2021 aufgehoben.
II. Das Passivrubrum ist dahingehend zu berichtigen, dass als Beklagte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer … zu führen ist.
III. Der Beschwerdegegner trägt die Kosten des Zwischenstreits einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Ausgenommen sind die Kosten der Nebenintervenientin, die diese selbst trägt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit Schriftsatz vom 4.12.2020 (Bl. 1/13 d.A.) welcher am gleichen Tag bei Gericht einging, hat die Klägerin Anfechtungsklage gegen „den übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft, Herrn X” … erhoben. Als Verwalterin und Beizuladende wurde die … angegeben. In der Klagebegründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin und der Beklagte die beiden einzigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft seien und es wurden diverse Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 7.11.2020 angegriffen.
Am 14.12.2020 erging folgende Verfügung des Gerichts (B. 16 d.A.):
„Rubrum ändern in Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ….
Die Klage ist am 7.12.2020 eingegangen und datiert auf 4.12.2020 und damit nach Änderung des WEG.
Die Klage ist deshalb nicht gegen die übrigen Eigentümer zu richten, sondern gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Eine Prozessfähigkeit liegt vor, da ein Verwalter bestellt ist.
Angesichts des Klageinhalts legt das Gericht die Klage entsprechend aus.”
Die Klage wurde der „Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft der Beklagten” mit diesem Hinweis am 16.12.2020 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 24.12.2020 (Bl. 17 d.A.) hat sich für den „Beklagten X” Rechtsanwalt XY … bestellt, wie mit Schriftsatz vom 24.2.2021 (Bl. 51/52 d.A.) ausdrücklich klargestellt.
Mit Schriftsatz vom 11.1.2021 (18/20 d.A.) ist die Verwalterin dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite als Nebenintervenientin beigetreten. Sie vertritt die Auffassung, dass die Klage mangels Passivlegitimation des Beklagten abweisungsreif sei. X … sei nicht der alleinige weitere Miteigentümer; auch die Ehefrau des Beklagten, … sei Miteigentümerin des streitgegenständlichen Wohnungseigentums. Die Klage sei damit jedenfalls gegen den falschen Beklagten gerichtet, denn der Beklagte … sei in keinem Fall gleichzusetzen mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, weil er entgegen der Behauptung in der Klageschrift nicht der einzige übrige Eigentümer sei. Im übrigen sei der Verwalter als Beizuladender genannt und nicht als Vertreter. Nach der zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden gesetzlichen Regelung sei jedoch die Verwalterin überhaupt nicht mehr Beizuladende. Es handele sich also nicht um eine versehentliche Falschbezeichnung, sondern vielmehr eine fehlerhafte Rechtsanwendung, die keinen Raum für eine Auslegung lasse. Die Klage sei bis heute nicht an die WEG zugestellt worden; die Zustellung an die Verwaltung entfalte insoweit keinerlei Rechtswirkung. Es liege eindeutig ein Wechsel in der Parteistellung vor, der jedoch nicht zulässig sei. Selbst bei Bejahung der Zulässigkeit eines Parteiwechsels sei die Anfechtungsfrist des § 45 WEG n.F. nicht gewahrt. Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Parteiwechsel passe hier im übrigen strukturell nicht und gründe auf § 44 WEG a.F., den es nicht mehr gebe.
Wegen der Einzelheiten wird auf die erstinstanzlichen Schriftsätze der Nebenintervenientin vom 11.1.2021, 2.2.2021, 4.2.2021 und vom 7.4.2021 (Bl. 18/20, 37/41, 45/47 und 89/91 d.A.) Bezug genommen.
Der „Beklagte X” … hat ausgeführt, dass ihm die Klage nie zugestellt worden sei. Die Zustellung sei an die Verwaltung, die ausdrücklich als Beizuladende bezeichnet worden sei, erfolgt. Eine ordnungsgemäße Klagezustellung an die WEG gebe es bis heute nicht. Die Klage sei im Hinblick auf die Parteibezeichnung nicht auslegungsbedürftig und verfristet.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 24.4.2021 und vom 22.3.2021 (Bl. 51/52 und 85 d.A.) Bezug genommen.
Die Klagepartei hat mit Schriftsatz vom 25.1.2021 (Bl. 27/31 d.A.) dazu Stellung genommen. Ihr sei bis zum Schriftsatz ...