Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsauftrag des Räumungsgläubigers bei anhängigem Räumungsfristverlängerungsverfahren in der Beschwerdeinstanz
Orientierungssatz
Erteilt der Vermieter/Gläubiger den Vollstreckungsauftrag aus einem Räumungstitel, nachdem das Amtsgericht den Antrag des Mieters/Schuldners auf Verlängerung der Räumungsfrist zurückgewiesen hatte, so stellen die Kosten des Vollstreckungsversuchs auch dann notwendige Kosten des Zwangsvollstreckungsversuchs auch dann notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung dar, wenn dem Räumungsfristverlängerungsantrag im Beschwerdeverfahren statt gegeben wird.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Parteien streiten um die Frage, ob es sich um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung handelt, wenn der Gläubiger den Auftrag zur Zwangsvollstreckung erteilt, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht über eine Beschwerde im Räumungsfristverlängerungsverfahren entschieden worden ist.
Das AG hat den beantragten Kostenfestsetzungsbeschluß erlassen. Mit der sofortigen Beschwerde wenden sich die Schuldner gegen den Beschluß des AG und weisen darauf hin, daß dem Schuldner letztendlich vom Landgericht eine Räumungsfrist gewährt worden sei, so daß die Gläubigerin durch die Gewährung der Räumungsfrist an der Durchsetzung ihres Räumungstitels im Wege der Zwangsvollstreckung gehindert gewesen sei. Wenn ein Gläubiger Zwangsvollstreckungsauftrag erteilt, obwohl er damit rechnen muß, daß dem Schuldner noch eine Räumungsfrist zugebilligt wird, so gehe dieses Risiko zu Lasten des Gläubigers.
Das AG hat die Akten dem LG zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
Die zulässigen Rechtsmittel der Schuldner haben in der Sache keinen Erfolg. Der Antrag auf Kostenfestsetzung ist zulässig, obwohl die Kosten normalerweise, wie aus § 788 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz ZPO zu entnehmen ist, zusammen mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben sind. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, wonach die Kostenfestsetzung auch ohne Nachweis eines besonderen Interesses beantragt werden kann (OLG Koblenz Rpfleger 1976, 142; Zöller § 788 Anm. 3).
In der Sache vertritt die Kammer die Auffassung, daß es sich bei den geltend gemachten Kosten der Zwangsvollstreckung um notwendige Kosten i.S. von § 91 ZPO gehandelt hat, welche gem. § 788 Abs. 1 ZPO von den Schuldnern zu tragen sind.
Zwar können sich die Schuldner darauf berufen, daß ihr Räumungsfristverlängerungsantrag im Beschwerdeverfahren letztendlich Erfolg gehabt hat und deshalb die Gläubigerin an der Zwangsvollstreckung gehindert war. Andererseits hatte die Gläubigerin einen vollstreckbaren Räumungstitel in Händen, welcher ihr grundsätzlich das Recht einräumt, jederzeit die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Im vorliegenden Falle hat die Gläubigerin nicht leichtfertig gehandelt, denn sie hat ihren Zwangsvollstreckungsauftrag erst erteilt, als das AG den Räumungsfristverlängerungsantrag der Schuldner zurückgewiesen hatte. Obgleich die Gläubigerpartei verpflichtet ist, bei der Zwangsvollstreckung die notwendigen Kosten möglichst gering zu halten, kann von ihr nicht verlangt werden, daß sie vor Erteilung des Vollstreckungsauftrages die Rechtskraft aller möglichen Räumungsschutzverfahren bzw. Vollstreckungsschutzverfahren abwartet. Abgesehen von Ausnahmefällen, in denen auf Grund neu eingetretener besonderer Umstände auf Schuldnerseite (z.B. Räumungsunfähigkeit auf Grund schwerer Erkrankung) sich dem Gläubiger der Gedanke aufdrängen muß, daß eine Zwangsvollstreckung praktisch nicht durchführbar ist, sind alle sonstigen Zwangsvollstreckungsversuche des Gläubigers als notwendige Maßnahmen anzusehen, um den Vollstreckungstitel zu realisieren. Wenn es den Schuldnern, wie im vorliegenden Falle, gelingt, das Beschwerdegericht von der Notwendigkeit einer Räumungsfrist zu überzeugen, dann kann diese Wohltat der gerichtlichen Entscheidung sich nicht in doppelter Weise zu Lasten der Gläubiger auswirken. Die Gläubiger wären in diesem Falle nämlich nicht nur verpflichtet, die Realisierung ihres Räumungsanspruches weiter zurückzustellen, sondern hätten auch noch die Kosten für vorangegangene Vollstreckungsversuche zu tragen. Auf Grund dieser Billigkeitserwägungen vertritt auch die Kammer in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Kosten des Räumungs-Zwangsvollstreckungsverfahrens auf jeden Fall gem. § 788 ZPO von der Schuldnerseite zu tragen sind.
Das AG hat deshalb zu Recht die Kosten der Zwangsvollstreckung antragsgemäß festgesetzt.
Fundstellen