Tenor
I. Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 3.8.2006 gemäß Tagesordnungspunkt 2
“Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes”
wird für nichtig erklärt.
II. Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 3.8.2006 gemäß Tagesordnungspunkt 3
“Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrates”
wird für nichtig erklärt.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Nebenintervenienten.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
V. Der Streitwert wird auf € 50.000,-- festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei Hauptversammlungsbeschlüssen der Beklagten.
Die Beklagte, deren Geschäftsgegenstand im Handel mit Halbleiterprodukten, elektronischen Komponenten und Computerbauteilen liegt, beschloss auf ihrer außerordentlichen Hauptversammlung vom 7.12.2005 eine Herabsetzung des Grundkapitals von € 25,5 Mio. auf Null und zugleich eine Erhöhung des Grundkapitals auf bis zu € 2,55 Mio.; die neuen Aktien sollten den Aktionären, bezogen auf das vorherige Grundkapital, im Verhältnis 10 : 1 angeboten werden. Der Kapitalschnitt wurde nach einem vor dem Landgericht München I, Az. 5 HK O 1971/06 und dem Oberlandesgericht München, Az. 23 W 1230/06 geführten Freigabeverfahren in das Handelsregister eingetragen. Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen wurden vom Landgericht München I mit Endurteil vom 26.5.2006, Az. 5HK O 80/06 abgewiesen.
Der ursprüngliche Jahresabschluss der Beklagten zum 31.12.2005 musste korrigiert werden. Im ursprünglichen Jahresabschluss bereits waren folgende Angaben der Wirtschaftsprüfer vermerkt:
“F… Feststellungen zum Risikofrüherkennungssystem
Der Vorstand hat gemäß § 91 Abs. 2 AktG ein Überwachungssystem eingerichtet, um bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Unsere Prüfung hat ergeben, dass für das vom Vorstand eingerichtete Überwachungssystem keine formelle Dokumentation vorliegt. Somit war eine Funktions- und Systemprüfung nicht möglich.
Durch Befragung des Vorstands haben wir uns davon überzeugt, dass die Gesellschaft über ein informelles Risikofrüherkennungssystem verfügt. Wir haben den Vorstand auf die Pflicht zur Dokumentation des Risikofrüherkennungssystems hingewiesen.”
Der geänderte Jahresabschluss enthielt diese Feststellungen nicht. Stattdessen wurde darin folgendes ausgeführt:
“Der fehlerhafte Jahresabschluss der … zum 31. Dezember 2005 wurde an den folgenden Stellen geändert:
• Die Entnahme der Kapitalrücklage bzw. der Gewinnrücklage ist gem. § 152 Abs. 2 Nr. 2 AktG bzw. gem. § 152 Abs. 3 Nr. 3d AktG gesondert angezeigt worden. Weiterhin wurde in der Bilanz auf der Passivseite unter der Position “Eigenkapital” anstelle des Verlustvortrages des Jahresfehlbetrages ein Bilanzverlust ausgewiesen. Die Vorjahreswerte (Verlustvortrag, Jahresfehlbetrag) wurden ebenfalls entsprechend angepasst, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
• Unter Position 17 und 18 sind in der GuV gem. § 158 Abs. 1 Nr. 2 AktG bzw. gem. § 158 Abs. 1 Nr. 3d zwei zusätzliche Zeilen für die Entnahme aus der Kapitalrücklage bzw. aus der Gewinnrücklage eingefügt worden. Zusätzlich wurde unter Position 19 die Position Bilanzverlust eingefügt.
• Die Entwicklung des Eigenkapitals 2005 sowie 2004 ist im Anhang unter Punkt B… gem. § 152 Abs. 2 Nr. 2 AktG bzw. § 152 Abs. 3 Nr. 3d entsprechend angepasst worden. Anstelle von Verlustvortrag und Jahresfehlbetrag wurde ein Bilanzverlust ausgewiesen.”
Der Bericht des Aufsichtsrats im Jahresabschluss der Beklagten (Anlage B 4) enthielt unter anderem folgende Ausführungen:
“Der Aufsichtsrat nahm während des gesamten Berichtsjahres die ihm nach Gesetz und Satzung obliegenden Aufgaben wahr. Er überwachte die Geschäftsführung der Gesellschaft, beriet den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens und war in Entscheidungen, die für das Unternehmen von grundlegender Bedeutung waren, unmittelbar eingebunden.
Im Rahmen seiner Überwachungs- und Beratungstätigkeit ließ sich der Aufsichtsrat vom Vorstand regelmäßig, zeitnah und umfassend über die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der … Gruppe und der …, ferner über die Risikosituation und wichtige Geschäftsvorfälle sowie über die Unternehmensstrategie berichten. In den Sitzungen des Aufsichtsrats haben wir auf der Grundlage der Berichterstattung des Vorstands die Geschäftsentwicklung und für das Unternehmen wichtige Entscheidungen und Geschäftsvorgänge ausführlich erörtert und, soweit nach Gesetz oder Satzung erforderlich, Beschlüsse gefasst. Wir beschäftigten uns intensiv mit der Planung des Vorstands für das laufende Geschäft. Für das abgelaufene Geschäftsjahr wurden uns Gründe für Abweichungen des Geschäftsverlaufs von den Plänen und Zielen dargestellt und von uns nachvollzogen. Schwerpunktmäßig befassten wir uns mit den beschlossenen Kostenreduktionen, der Änderung des Geschäftsportfolios, insbesondere der Desinvestition der …...