Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumungszwangsvollstreckung: Gegenstandswert für Anwaltsgebühren
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
In der Räumungszwangsvollstreckung bemißt sich der Gegenstandswert im Wohnraum- oder Geschäftsraumnutzungsverhältnis an der Einjahresmiete.
Gründe
(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Beklagte schuldet den Klägern aus dem mit deren Zedenten bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag über die von ihr insgesamt bezahlten DM 454,83 hinaus keine weitere Versicherungsleistung, weil den Zedenten der Kläger für den streitgegenständlichen Räumungsauftrag v. 9. 8. 1994 keine über den bezahlten Betrag hinausgehenden Kosten entstanden sind.
Diese Kosten sind, entgegen der Auffassung der Kläger, in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 GKG nur (in Höhe einer 3/10 Vollstreckungsgebühr nach § 57 Abs. 1 BRAGO) aus einem Gegenstandswert zu berechnen, der dem Jahresmietzins entspricht und im vorliegenden Fall nur DM 10 140,00 beträgt.
Festzuhalten ist zwar, daß § 57 Abs. 2 BRAGO nunmehr eine für die gesamte Zwangsvollstreckung mit Ausnahme besonders geregelter Verfahren einheitliche Regelung des Gegenstandswertes enthält, weil die entsprechenden Gerichtsgebühren Festgebühren sind, so daß eine Ableitung des Wertes aus § 8 Abs. 1 BRAGO nicht mehr möglich ist (vgl. Rdz. 29 zu § 57 BRAGO, Gerold Schmidt, 12. Aufl.). Der hier streitgegenständliche Vollstreckungsauftrag v. 16. 3. 1995 wurde auch nach Inkrafttreten des KostRÄndG v. 1. 7. 1994 erteilt.
Der auf Herausgabe gerichtete Räumungsanspruch aus einem beendeten Wohnungs- oder Geschäftsraumnutzungsverhältnis ist jedoch in § 57 Abs. 2 BRAGO nicht gesondert aufgeführt. Abweichend von der Entscheidung des LG München I - 29. Zivilkammer - (WM 1995, 197) zieht die Kammer daraus nicht den Schluß, daß für den Gebührenstreitwert im Verfahren auf Zwangsräumung nunmehr abweichend vom Erkenntnisverfahren auf den die Einjahresmiete um ein vielfaches übersteigenden Verkehrswert abzustellen ist. Die Kammer schließt aus, daß der Wille des Gesetzgebers dahin gegangen ist, daß der unter Berücksichtigung sozialer Gründe zum Schutz des Mieters (vgl. Rdz. 25 zu § 16 GKG, Hartmann, 26. Aufl.) für das Erkenntnisverfahren auf die Einjahresmiete begrenzte Gebührenstreitwert für das Vollstreckungsverfahren entfallen sollte. Soweit die Zwangsvollstreckung in Räumungsverfahren in § 57 Abs. 2 BRAGO als Sonderfall nicht aufgeführt ist, führt dies daher nicht dazu, daß in der Zwangsvollstreckung für den Gebührenstreitwert der Räumungsanspruch anderen Ansprüchen auf Herausgabe gleichzustellen ist.
Wie die Beklagte zutreffend vorträgt, ist der volle Wert der herauszugebenden Sache typischerweise dann maßgeblich, wenn die Eigentumsverhältnisse an einer bestimmten Sache streitig waren. Wurde einem Kläger das Eigentum zugesprochen, richtet sich der Gegenstandswert der Vollstreckung aus einem Titel, wie schon der Streitwert des Prozesses, nach dem Wert der herauszugebenden Sache. Die Gegenstandswerte für den Prozeß und für die Vollstreckung sind dann identisch.
Ganz anders ist die Sachlage aber, worauf die Beklagte ebenfalls zutreffend hinweist, bei einem Mietverhältnis. Die Eigentumsverhältnisse hinsichtlich des Mietobjektes sind von Anfang an völlig klar und befinden sich zu keiner Zeit im Streit. Der Mietvertrag regelt lediglich ein befristetes Nutzungsrecht an dem Mietobjekt. Der Rechtsstreit befaßt sich mit der Beendigung dieses Nutzungsrechtes. Dementsprechend dient die Räumungsvollstreckung auch nicht etwa - wie es bei einem typischen Herausgabeanspruch der Fall wäre - einer Eigentumsverschaffung an der Sache, sondern lediglich dem Vollzug der Beendigung eines sowieso befristeten Nutzungsverhältnisses.
Für die Festsetzung des Gebührenstreitwertes für das Räumungsvollstreckungsverfahren allgemein - nicht nur beschränkt auf Vollstreckungsschutzanträge (vgl. LG Münster WM 1995, 663) - ist deshalb die für das Erkenntnisverfahren geltende Regelung des § 16 Abs. 2 GKG entsprechend anzuwenden.
Fundstellen