Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens
Leitsatz (amtlich)
1. Ein fehlerhaftes Erhöhungsverlangen kann in der folgenden Klage nachgebessert werden. Eine Zustimmungsklage vor oder zugleich mit dem ersten Erhöhungsverlangen ist zulässig.
2. Das Erfordernis der Schriftform des Erhöhungsverlangens ist durch Zustellung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift gewahrt.
3. Ein Erhöhungsverlangen während der Sperrfrist von 1 Jahr ist nicht völlig unwirksam. Es setzt die Überlegungsfrist und Klagefrist des MietHöReglG § 2 Abs 3 vor Ablauf der Sperrfrist nicht in Lauf, gilt jedoch für die Frist des MietHöReglG § 2 Abs 4 als am letzten Tag der Sperrfrist zugegangen.
Orientierungssatz
(Zitierung)
Fortführung von BVerfG, 1978-10-10, 1 BvR 180/77, NJW 1979, 33.
Tatbestand
Die Beklagten sind Mieter der Wohnung des Anwesens B.-Straße im vierten Stock links gemäß schriftlichem Mietvertrag von 1968 und 1976 (Anl zu Bl 13 dA). Die Herstellung des Anwesens wurde mit Mitteln des Bundes gefördert. Diesbezüglich hatten der Bauherr und die Bundesrepublik Deutschland am 13.9.1956 einen Darlehensvertrag geschlossen (Anl 4 zu Bl 14/19). Nach § 3 des Vertrages bestand für jede mit Bundesdarlehen geförderte Wohnung bis zur Tilgung des Darlehens, mindestens jedoch für 20 Jahre von dem Fertigstellungstermin an, ein Wohnungsbesetzungsrecht des Bundes. In § 4 des Vertrages wurde die Miethöhe festgesetzt und dabei auf die Kostenmiete verwiesen. In § 9 wurde unter "Kündbarkeit des Darlehens" vereinbart, daß im Interesse einer Vermietung der errichteten Wohnungen im Rahmen der Wohnungsfürsorge des Bundes der Bauherr im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist, für die nach § 3 Abs 1 des Vertrages noch bestehende Dauer des Wohnungsbesetzungsrechtes des Bundes nur die Bundesbedienstetenmiete nach § 4 Abs 2 zu erheben. Das Haus wurde am 1.9.1957 fertiggestellt. Der Kläger zahlte das öffentliche Darlehen im Jahre 1976 zurück.
Mit dem Mieterhöhungsschreiben vom 1.1.1977 (Anl zu Bl 1/5 dA) verlangte der Kläger Zustimmung zur Mieterhöhung auf monatlich DM 623,-- unter Hinweis auf drei Vergleichswohnungen. Da die Beklagten nicht zustimmten, erhob der Kläger am 20.5.1977 die Zustimmungsklage von bisher DM 416,14 auf DM 623,-- einschließlich Nebenkosten wie bisher ab 1.5.1977. Die Klage wurde den Beklagten am 2.6.1977 zugestellt.
Mit Endurteil vom 1.2.1979 (Bl 84/91 dA) hat das Amtsgericht die Beklagten verurteilt, einer Erhöhung der monatlichen Miete von bisher DM 416,14 auf DM 623,-- ab 1.10.1977 zuzustimmen und im übrigen die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits haben danach der Kläger 1/6 und die Beklagten samtverbindlich 5/6 zu tragen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag:
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1. |
In Abänderung des Endurteils des Amtsgerichts München vom 12.1.1979 werden die Beklagten samtverbindlich verurteilt, einer Erhöhung der monatlichen Miete für die Wohnung in M., B.-Straße, vierter Stock links, von bisher DM 416,14 (einschließlich Nebenabgaben und Umlagen von zusammen 28,-- DM) auf DM 480,-- (einschließlich 28,-- DM Nebenkosten und Umlagen) ab 1.10.1977 zuzustimmen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. |
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2. |
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. |
Der Kläger beantragt:
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1. |
Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Amtsgerichts München vom 1.2.1979 wird zurückgewiesen. |
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2. |
Die Beklagten haben samtverbindlich die Kosten des weiteren Verfahrens zu tragen. |
Ergänzend wird auf das amtsgerichtliche Endurteil und das Berufungsvorbringen beider Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO).
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg außer in der Frage des Zeitpunktes der Zustimmung mit 2 Monaten.
1.
Das Erhöhungsschreiben vom 1.1.1977 war unwirksam, da es den Zeitpunkt nicht bezeichnete, ab welchem die Mieterhöhung verlangt werden sollte. Zwar ist dieser Zeitpunkt in Kenntnis des Zugangs des Mieterhöhungsschreibens nach der Regelung des § 2 MHRG errechenbar. Dem Mieter kann aber nicht abverlangt werden, durch eigene Berechnungen den Versuch zu unternehmen, zu ermitteln, ab wann der Vermieter nun eigentlich eine Mieterhöhung ihm gegenüber geltend machen wollte.
Das Fehlen des Zeitpunktes, ab wann die Mieterhöhung verlangt wird, machte das Erhöhungsschreiben vom 1.1.1977 aber nicht zu einem völlig unbrauchbaren und damit nicht nachbesserbaren Schreiben. Insoweit handelt es sich vielmehr um eine geringfügige Ungenauigkeit, welche vom Vermieter nachgebessert werden konnte. Ein materiell begründetes Mieterhöhungsverlangen soll nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht an übersteigerten, formalen Voraussetzungen scheitern (vgl Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.1978, NJW 79, 33). Die erforderliche Nachbesserung des Erhöhungsschreibens vom 1.1.1977 hat der Kläger in der Klageschrift vorgenommen. Hier ist mit der Antragstellung zugleich der erforderliche Ze...