rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

Grundsätzlich hat der einzelne Bruchteilseigentumsberechtigte am Wohnungseigentum das Recht, allein die Gültigkeit von Beschlüssen im Wege der Anfechtungsklage klären zu lassen. Die Berechtigung hierfür ist § 1011 BGB zu entnehmen und führt dazu, daß der alleine klagende Miteigentümer gesetzlicher Prozeßstandschafter der anderen Bruchteilseigentumsberechtigten ist. Die übrigen Bruchteilseigentumsberechtigten sind durch den alleine klagenden Miteigentümer nicht mitzuverklagen. Die Rechtskrafterstreckung auf sie kann durch eine Beiladung analog § 48 Abs. I S. 1 WEG erreicht werden.

 

Tenor

I. Das Endurteil des Amtsgerichts München vom 17.2.2011 wird aufgehoben.

II. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgerichts München zurückverwiesen.

III. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt der erstinstanzlichen Endentscheidung vorbehalten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.383,25 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen entbehrlich, da gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig ist (Thomas/Putzo, ZPO, § 540 Rd.-Nr. 4 m.w.N.).

Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs. 2 WEG n.F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Wohnungseigentumssache nach § 43 Nr. 4 WEG handelt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig und in der Sache, die Aufhebung und Zurückverweisung an das Amtsgericht verfolgend, auch begründet. Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil aufgrund des Prozessverlaufs der ersten Instanz angenommen, die Anfechtungsklageerhebungsfrist des § 46 Abs. 1 WEG sei versäumt worden, was die Anfechtungsklage unbegründet mache. Aufgrund der Mitteilung des Klägers, dass sich die Anfechtungsklage gegen sämtliche Eigentümer der Eigentümerliste, aber nicht gegen seine Ehefrau, richten solle, sei die Anfechtungsklage nicht gegen sämtliche übrigen Wohnungseigentümer im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG erhoben worden. Die Ansicht, dass der Kläger hier in gesetzlicher Prozessstandschaft für die mit ihm eine Bruchteilseigentumsgemeinschaft bildende Ehefrau handele, sei abzulehnen. Dann müsste nämlich die Ehefrau des Klägers das Endurteil nicht gegen sich gelten lassen und es bestünde auch keine Möglichkeit, die Ehefrau des Klägers, zum Beispiel durch Beiladung gemäß § 48 WEG, in das Verfahren mit einzubeziehen. Dies alles widerspreche dem System des WEG-Rechts. Etwaige Erklärungen in der mündlichen Verhandlung seitens des Klägers seien als Klageerweiterung anzusehen und nicht innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 WEG erhoben.

Das Berufungsgericht folgt dieser Darstellung insgesamt nicht, so dass folgende Begründung für die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu geben war, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO:

Klarzustellen ist eingangs, dass die hier zu beurteilende Anfechtungsklage ordnungsgemäß von Anfang an gegen die übrigen Eigentümer gerichtet wurde. Damit stehen hier nicht Probleme eines Übergangs von einem Beklagten beispielsweise zu einer Beklagtenmehrheit inmitten, was in besonders gelagerten Konstellationen darüber hinaus aber auch höchstrichterlich als zulässig erachtet wurde. In der vom Kläger vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung beigegebenen Eigentümerliste (K12) ist die Ehefrau enthalten. Aufgrund dieser Sachlage ist hier vielmehr das Problem zu beurteilen, inwieweit sich die Erklärung des Klägers auswirkt, die in der Eigentümerliste enthaltene Ehefrau sei nicht als Beklagte anzusehen. Dieser Ansicht ist vom Kläger auch bis zum Schluss der entscheidenden mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht so aufrecht erhalten worden; da sie sich letztendlich auch als zutreffend darstellt, kommt es auf etwaige hilfsweise Zusätze und hilfsweise Überlegungen über die Zugehörigkeit der Ehefrau zur Beklagtenseite nicht an.

Das Berufungsgericht folgt nun weder der im angefochtenen Endurteil zutage tretenden amtsgerichtlichen Ansicht, noch den Ansichten der Berufungsbegründungen darüber, dass die Ehefrau des Klägers hier als Beklagte zu benennen gewesen wäre. Dabei wird es von der herrschenden Meinung als unstreitig betrachtet, dass der einzelne Bruchteilsberechtigte am Wohnungseigentum das Recht hat, die Gültigkeit von Beschlüssen im Wege der Anfechtungsklage gerichtlich klären zu lassen (OLG Frankfurt NZM 2007, Seite 490; KG, NJW-RR 1994, Seite 278ff; Klein, in Bärmann, WEG, 11. Auflage, § 46, Rz 24; Becker, Die Anfechtungsklage des Mitberechtigten am Wohnungseigentum, ZWE 2011, Seite 405ff.). Da nach weit überwiegender Ansicht diese Berechtigung dem § 1011 BGB entnommen wird (OLG Frankfurt, aaO; Suilmann, in Jennißen, WEG, 2. Auflage, § 46, Rz 25; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Auflage, § 46, Rz 8), muss man e...

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