Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründungspflicht bei der Eigenbedarfskündigung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Der Eigenbedarf muß im Kündigungsschreiben begründet werden.

von des Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)

2. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist unwirksam, wenn im Kündigungsschreiben keine Gründe für den Eigenbedarf aufgeführt sind. Auch wenn für einen Eigenbedarf "vernünftige Gründe" ausreichen, hat dies für BGB § 564b Abs 3 zur Folge, daß diese vernünftigen Gründe stichwortartig im Kündigungsschreiben angegeben werden müssen (vergleiche BayObLG München, 1984-12-17, ReMiet 6/84, WuM 1985, 50).

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Kündigung v. 25.8.87 hat das Mietverhältnis nicht wirksam beendet. Es entspricht ganz herrschender Meinung, daß das mit § 57a ZVG gewährte Sonderkündigungsrecht unter dem Vorbehalt der Gesetzgebung zum Kündigungsschutz des Mieters steht, und somit auch für eine Kündigung in vollem Umfang die Tatbestandsvoraussetzungen des § 564b BGB gegeben sein müssen.

Im vorliegenden Fall ist die Kündigung v. 25.8.1987 deshalb unwirksam, da der geltend gemachte Eigenbedarf nicht den Erfordernissen des § 564b Abs. 3 BGB entsprechend begründet worden ist. Gemäß RE des BayObLG v. 17. 12. 84 ist ein nach § 564b Abs. 3 BGB zu berücksichtigender Kündigungsgrund so zu bezeichnen, daß er identifiziert und von anderen Gründen (Sachverhalten, Lebensvorgängen) unterschieden werden kann (WM 1985, 50). Den in dem, für die Kammer bindenden RE gestellten Anforderungen an die Begründung einer Eigenbedarfskündigung wird das Kündigungsschreiben des Klägers nicht gerecht. Der Hinweis darauf, die Wohnung selbst nützen zu müssen, gibt nicht einmal sicheren Aufschluß darüber, für welche Person Eigenbedarf geltend gemacht wird. Im Kündigungsschreiben wird weiter auch nicht andeutungsweise dargelegt, warum die Wohnung selbst genutzt werden muß. Nach dem zitierten RE ist aber neben der Angabe der Person, für die der Eigenbedarf geltend gemacht wird, auch eine zumindest stichwortartige Angabe der Gründe, warum für diese Person die Wohnung beansprucht wird, erforderlich.

Auch aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des BGH (WM 1988, 47) und des BVerfG (WM 1988, 46) hält es die Kammer nicht für erforderlich, von dem RE des BayObLG abzuweichen und einen erneuten RE zu erholen. Beiden Entscheidungen ist zu entnehmen, daß für den Eigenbedarf bereits vernünftige Gründe ausreichen und keine zu hohen Anforderungen an einen berechtigten Eigenbedarf i.S. des § 564b Abs. 2 Ziff. 2 BGB gestellt werden müssen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß deswegen eine Begründung des geltend gemachten Eigenbedarfs nunmehr entfallen müßte, was letztendlich darauf hinauslaufen würde, daß § 564b Abs. 3 BGB obsolet wäre. Auch wenn deshalb für einen Eigenbedarf "vernünftige Gründe" ausreichen, hat dies für den § 564b Abs. 3 BGB nur zur Folge, daß auch diese "vernünftigen Gründe" stichwortartig im Kündigungsschreiben angegeben werden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem BayObLG entsprechende Auslegung des § 564b Abs. 3 BGB bei Geltendmachung von Eigenbedarfsgründen hält die Kammer nicht für gerechtfertigt, da die ohnehin nur stichwortartige Angabe von Eigenbedarfsgründen auch an einen juristisch nicht versierten Vermieter keine allzu hohen Anforderungen stellt und im übrigen es dem Vermieter nicht verwehrt ist, mit allerdings neuen Kündigungsfristen eine erneute und nunmehr formell wirksame Kündigung auszusprechen.

Eine solche erneute, formell wirksame Eigenbedarfskündigung wurde jedoch vom Kläger in diesem Rechtsstreit nicht ausgesprochen, da die in den Schriftsätzen des Klägers gegebene nähere Begründung des Eigenbedarfs nicht hinreichend deutlich erkennen läßt, daß damit zugleich auch eine materiell-rechtliche Erklärung abgegeben werden soll (vgl. BayObLG NJW 1981, 2197 (= WM 1981, 200)).

Soweit die Kündigung im Schriftsatz v. 11.2.88 auch darauf gestützt wird, daß der Beklagte mit wahrheitswidrigen Behauptungen Minderung geltend macht, ist dies als neue ordentliche Kündigung anzusehen, die erneut eine Kündigungsfrist, und zwar bis zum 31.8.88, in Lauf setzt. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung war die Widerspruchsfrist gegen diese Kündigung noch nicht abgelaufen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 259 ZPO für eine Einbeziehung dieser Kündigung in den Rechtsstreit sind deshalb noch nicht gegeben. Aus dem Prozeßverhalten der Beklagten läßt sich nicht entnehmen, daß sie nicht vor diesem Kündigungszeitpunkt auszieht. Vielmehr kann aufgrund des Schreibens v. 3.11.87 entnommen werden, daß sie ohnehin vor diesem Kündigungstermin ausziehen werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1737407

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