Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Anspruch eines Käufers auf Auflassung trotz Aufrechnung mit Anspruch auf Mängelbeseitigungsvorschuss
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Kläger die Auflassung der Eigentumswohnung Nr. 6, … – eingetragen im Wohnungs-Grundbuch des Amtsgerichts für … Miteigentumsanteil zu 1.374/10.000 am Grundstück Gemarkung … – zu erklären und die Eintragung zu bewilligen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von DM 18.000,– vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche, schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft der H-Bank … zu erbringen.
Tatbestand
Die Kläger verlangen Auflassung der mit notariellem Kaufvertrag vom 19.10.1988 erworbenen Eigentumswohnung Nr. 6 im Anwesen … in …
Der Kaufpreis von insgesamt DM 615.000,– ist bis auf einen Restbetrag von DM 15.000,– bezahlt.
Gegen diesen Restkaufpreis haben die Kläger am 25.04.1989 mit einem Kostenvorschußanspruch für Mängelbeseitigung aufgerechnet (Anl. K 9).
Am 28.02.1989 übergab der Kläger zu 1) dem Beklagten eine Mängelliste, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Anl. zu Bl. 6/7 d.A.), die er nochmals mit Schreiben vom 15.03.1989 (Anl. K 4) rügte und zu deren Beseitigung die Kläger mit Schreiben vom 01.04.1989 Frist bis 24.04.1989 (Anl. K 8) setzten. Eine Nachbesserung seitens des Beklagten ist nicht erfolgt.
Die Kläger beantragen (Bl. 16 d.A.):
Der Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Kläger die Auflassung betreffend die in der Urkunde des Notars … vom 19.10.1988 – URNr. – bezeichnete Eigentumswohnung … …, zu erklären und die Eintragung zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Er beruft sich auf das Aufrechnungsverbot gemäß Ziffer XI des notariellen Kaufvertrages, trägt vor, die Kläger hätten das Objekt übernommen wie es liegt und steht und bestreitet das Vorliegen von Mängeln.
Die Kläger haben zunächst die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde geltend gemacht. Nachdem der Beklagtenvertreter im Termin vom 14.07.1989 erklärt hat, die Zwangsvollstreckung sei eingestellt, weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen würden in Zukunft nicht ergriffen, haben die Parteien die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet, soweit die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt wurde.
Der Beklagte ist zur Auflassung gemäß § V. des notariellen Vertrages verpflichtet, nachdem der Kaufpreis vollständig bezahlt ist.
Der Restkaufpreis von DM 15.000,– ist durch Aufrechnung der Kläger mit Kostenvorschuß für Mängelbeseitigungskosten mit Zugang der Aufrechnungserklärung vom 25.04.1989 erloschen.
Dem steht das in § XI. des notariellen Vertrages vereinbarte Aufrechnungsverbot nicht entgegen.
Bei dieser Bestimmung des Vertrages handelt es sich um eine vorformulierte Vertragsklausel, die vom Beklagten verwendet wurde. Dies ergibt sich aus dem unbestrittenen Vortrag der Kläger, daß ihnen vor dem Notartermin ein Mustervertrag vom Beklagten ausgehändigt wurde (Anl. K 10). In diesem „Entwurf” ist Ziffer XIII. identisch mit Ziffer XI. des abgeschlossenen Vertrages. Die Vorschriften des AGBG finden somit Anwendung.
Dafür, daß diese Ziffer des Vertrages individuell ausgehandelt wurde, insbesondere der Beklagte auch zu einer Abänderung bereit gewesen sei, fehlen jegliche Anhaltspunkte.
Die getroffene Formulierung erfüllt zwar dem Wortlaut nach die Mindestwirksamkeitsvoraussetzungen von § 11 Ziff. 3 AGBG, ist Jedoch unwirksam, soweit sich das Aufrechnungsverbot auf konnexe Gegenforderungen bezieht (vgl. Palandt-Heinrichs, Anm. 3 zu § 11 AGBG). Ebenso, wie Einschränkung oder Ausschluß von Zurückbehaltungsrechten nach § 273 BGB, die konnexe Gegenansprüche voraussetzen, gemäß § 11 Ziff. 2 AGBG unzulässig sind, hat dies auch für Ansprüche aus §§ 633 Abs. 3 und 635 BGB zu gelten, da der Aufrechnung in diesen Fällen auch eine Sicherungsfunktion zukommt, wie gerade vorliegender Fall zeigt.
Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der Anwendung von § 242 BGB im Rahmen der generellen Vorschrift des § 9 AGBG. Der Beklagte kann sich in vorliegendem Fall schon allein deswegen nicht auf das Aufrechnungsverbot berufen, da die Verweigerung der Auflassungserklärung bei einem noch offenen Kaufpreisrest von DM 15.000,– im Verhältnis zu bereits bezahlten DM 600.000,– rechtsmißbräuchlich wäre.
Die rechtlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenvorschuß liegen vor (§ 633 Abs. 3 BGB). Die einzelnen Mängel sind nicht substantiiert bestritten, somit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden.
Der Beklagte kann sich auch nicht auf einen Gewährleistungsausschluß berufen („gekauft wie es steht und liegt”), da es sich unstreitig um eine Neuherstellung des Objekts handelt, auf die die Gewährleistungsvorschriften des Werkvertrags Anwendung finden, auch wenn ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Ein Gewährleistungsausschluß auch f...