Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung und Forderung

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 18.01.1991; Aktenzeichen 215 C 37504/90)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Amtsgerichts München vom 18. Januar 1991 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Tatbestand

Tatbestand entfällt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Räumungsanspruch

Dem Klagebegehren bleibt der Erfolg versagt, weil auch nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung die Kammer von der Unwirksamkeit der Vermieterkündigung vom 22.6.1990 überzeugt ist.

Der Kündigungsgrund gemäß § 564 b Abs. 1 Nr. 3 BGB, auf welchen sich der Kläger beruft, setzt voraus, daß der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde, wobei die Möglichkeit im Falle einer anderweitigen Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen außer Betracht zu bleiben hat. Gemäß § 564 b Abs. 3 BGB werden als berechtigte Interessen des Vermieters an der Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind. Sind im Kündigungschreiben keine Gründe angegeben und sind solche auch nicht nachträglich entstanden und geltend gemacht worden, so steht für die Prüfung der berechtigten Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses kein Beurteilungsmaßstab zur Verfügung, welchen das Gericht berücksichtigen könnte. Die Kündigung bewirkt daher dann nicht die Beendigung des Mietverhältnisses; sie ist „im Ergebnis unwirksam” (vgl. Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 14.7.1981, WM 81, 200). Der Vermieter braucht hierbei einen nach § 564 b Abs. 3 BGB zu berücksichtigenden Grund im Kündigungsschreiben nur so ausführlich zu bezeichnen, daß der identifiziert und von anderen Gründen (Lebenssachverhalten) unterschieden werden kann, während Tatsachen, die nur der näheren Erläuterung, Ergänzung, Ausfüllung sowie den Beweis des geltend gemachten Kündigungsgrundes dienen, insbesondere auch im Prozeß nachgeschoben werden können, mit der Folge, daß sie grundsätzlich gemäß den §§ 286, 525 ZPO bei der Entscheidung mitzuberücksichtigen sind (BayOLG WM 81 a.a.O.).

Im vorliegenden Falle hat der Kläger in der Kündigung geltend gemacht, daß die monatlichen Mieteinnahmen nicht einmal annähernd die ihn treffenden Kosten decken würden. Im mietfreien Zustand könne die Wohnung zu einem Quadratmeterpreis von 5.500,– DM (DM 440.000,–) veräußert werden. Die Kündigung des Mietverhältnisses sei erforderlich, da der geplante Verkauf der Wohnung bei bestehendem Mietverhältnis nur sehr schwer durchführbar sein würde. Zwei Maklerbüros, die bereits Mitte 1989 beauftragt worden seien, hätten für die Wohnung der Beklagten keinen Käufer gefunden. Bei einem Verkauf der Wohnung im vermietetem Zustand betrage der Mindererlös mindestens 1.000,– DM je m².

Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Wohnung bringe ihm in dem Sinne Nachteile daß sich die Wohnungsvermietung gegenwärtig insgesamt als Verlustgeschäft darstelle, mag jener Sachgrund ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu begründen, denn dem Kläger war bei Kauf der Wohnung seine eigenen finanzielle Situation besonders seine mit dem Kauf der Wohnung eingegangenen finanziellen Verpflichtungen und die Höhe der Mieteinnahmen bekannt. Es war ihm damit auch bekannt, daß er mit dieser Wohnung Verluste machen würde. Wenn er seinerzeit dennoch die Wohnung gekauft hat, dann im Hinblick auf eine später vorgesehene eigene Nutzung oder zu Spekulationszwecken im Hinblick auf einen späteren Verkauf. Wenn sich jedoch die Planungen des Klägers nach dem Erwerb der Wohnung geändert haben oder die erhoffte Rentabilität des Kapitaleinsatzes sich nicht erzielen läßt, so können die Folgen dieser „Fehlspekulation” nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

Der vom Kläger in erster Linie geltend gemachte Sachgrund, wonach die Wohnung zum Verkehrswert von 440.000,– DM im derzeit vermieteten Zustand unverkäuflich sei, kann nach Auffassung der Kammer in dieser Gestalt ein berechtigtes Interesse nach § 564 b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB nicht auslösen.

Auch der Verkauf eines vermieteten Objektes ist zwar grundsätzlich als Verwertung anzusehen, die eine Kündigung rechtfertigen kann. Denn der Eigentümer einer Wohnung darf diese auch unabhängig von ihrer Vermietung nutzen und verwerten. Die Tatsache, daß der Eigentümer einer vermieteten Wohnung auch auf die Belange des Mieters Rücksicht zu nehmen hat, rechtfertigt es andererseits auch unter Berücksichtigung der Bedeutung und Tragweite der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie dem Eigentümer nicht schon bei jedwedem wirtschaftlichen Nachteil einen Anspruch auf Räumung zu gewähren. Die Einbußen dürfen jedoch unter verfassungsrechtlichem Aspekt kein...

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