Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung. befristete Fortsetzung des Mietverhältnisses bei bestehender Härte des sofortigen Wohnungswechsels für die Mieter
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Nicht willkürliche vernünftige Gründe stützen die Eigenbedarfskündigung.
2. Hohes Alter der Mieter und lange Mietdauer rechtfertigen die befristete Fortsetzung des Mietverhältnisses.
von des Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)
3. Zitierung: Vergleiche BGH, 1988-01-20, VIII ARZ 4/87, WuM 1988, 47.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die zulässige Berufung ist im Ergebnis nicht begründet. Zwar wurde den Beklagten wirksam mit Schreiben v. 18.6.1986 ordentlich gekündigt. Das Mietverhältnis war jedoch gem. § 556a BGB befristet bis 31.3.1990 fortzusetzen.
1) Die Kündigung v. 18.6.1986 war wirksam, da die Kläger ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S. des § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB haben.
Für eine Eigenbedarfskündigung ist es ausreichend, wenn für den Bedarf an der Wohnung vernünftige Gründe vorgetragen werden (BGH, Beschluß v. 20.1.1988 - VIII ARZ 4/87 (= WM 1988, 47)). Vernünftige Gründe für den beabsichtigten Wohnungswechsel haben die Kläger vorgetragen. Als unstreitiger Sachverhalt ergibt sich, daß bei einem Wohnungswechsel für die Fahrt zur Arbeitsstätte sich ein jedenfalls kleiner zeitlicher Vorteil für den Kläger zu 2) ergeben würde und die Entfernung zur nächsten U-Bahnhaltestelle wesentlich kürzer ist. Daß bei einer Entfernung von mehreren km zur U-Bahnhaltestelle es wegen des Zeitverlustes nicht mehr sinnvoll ist, dorthin zu Fuß zu gehen, ist einleuchtend. Bei einer Entfernung von knapp 1 km, wie bei der streitgegenständlichen Wohnung zur U-Bahnhaltestelle, erscheint es dagegen noch als durchaus verständlich, daß man diesen Weg zu Fuß zurücklegt, um als unangenehm empfundene Busfahrten zur U-Bahnstation zu vermeiden. Daß es für einen Schwerbehinderten als unangenehm empfunden werden kann, für Fahrten zur Arbeitsstätte einen Bus benützen zu müssen, ist einleuchtend.
Insgesamt ist somit festzustellen, daß sich aus dem unstreitigen Sachvortrag bereits ausreichend Tatsachen ergeben, die den Wunsch der Kläger nach Bezug der streitgegenständlichen Wohnung nicht als willkürlich erscheinen lassen.
Ob allein die vorgetragenen Eigenbedarfsgründe für sich genommen eine ordentliche Kündigung gemäß § 564b Abs. 2 Ziff. 2 BGB rechtfertigen können, kann im vorliegenden Fall letztlich dahingestellt bleiben, da der Eigenbedarf für die Wohnung auch damit begründet worden ist, daß die Kläger derzeit in einer Wohnung leben, für die sie erheblich mehr Miete zu entrichten haben, als sie für die streitgegenständliche Wohnung bekommen. Da für einen Eigenbedarf vernünftige Gründe ausreichen, genügt es auch in aller Regel, daß der Vermieter selbst nur eine teuere Wohnung hat und deshalb auch aus finanziellen Gründen umziehen will (Palandt, § 564b BGB Anm. 7). Zumindest in ihrer Gesamtheit reichen deshalb die erwähnten Gründe für eine wirksame Eigenbedarfskündigung aus.
2) Das Mietverhältnis ist jedoch gem. § 556a BGB fortzusetzen, da die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses für die Beklagten eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.
Das Fortsetzungsverlangen wurde durch die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten rechtzeitig gestellt ... Auch die materiellen Voraussetzungen für eine Verlängerung des Mietverhältnisses gem. § 556a BGB liegen vor. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Beklagten tatsächlich in einem so schlechten Gesundheitszustand befinden wie von ihnen in diesem Rechtsstreit vorgetragen wird. Die lange Mietdauer von nunmehr 25 Jahren und das Alter der Beklagten (68 und 72 Jahre) ergeben insgesamt einen Härtegrund i.S. des § 556a BGB (Emmerich/Sonnenschein, Handkommentar, § 556a BGB Anm. 18). Sowohl das hohe Alter der Beklagten als auch die lange Mietdauer lassen es als verständlich erscheinen, daß die Beklagten in ihrer bisherigen Umgebung und der Wohnung besonders verwurzelt sind und ein Wohnungswechsel für sie auch mit besonderen psychischen Belastungen verbunden ist.
Interessen des Vermieters, die einer Fortsetzung des Mietverhältnisses entgegenstehen könnten, liegen nicht im ausreichenden Maße vor. Zwar kann, wie oben ausgeführt, unter Berücksichtigung aller Umstände ein Eigenbedarf der Kläger bejaht werden. Letztlich ist dieser jedoch eher im unteren Bereich denkbarer Eigenbedarfsfälle angesiedelt und rechtfertigt nicht eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses. Zwar ist der Weg zum Arbeitsplatz von der streitgegenständlichen Wohnung aus für den Kläger zu 2 weniger beschwerlich als von der jetzigen Wohnung aus. Um solche Verbesserungen, die es verständlich erscheinen lassen würden, daß die Kläger sofort umziehen müssen, handelt es sich hierbei jedoch nicht. Was die Tatsache anbelangt, daß die Beklagten derzeit nur eine gerin...