Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 18.06.2019; Aktenzeichen 171 C 2212/19) |
Tenor
1. 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 18.06.2019, Az. 171 C 2212/19 wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird zur Zahlung 168,54 EUR (Brutto) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 05.07.2018 sowie zur Zahlung von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 45,95 EUR verurteilt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 43/100, der Beklagte 57/100.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 293,90 EUR festgesetzt.
Tatbestand
A) Die in Gröbenzell ansässige Klägerin, ein Abschleppunternehmen, macht aus abgetretenem Recht Kostenansprüche aufgrund eines, auf einem in Puchheim gelegenen privaten Stellplatz unbefugt geparkten Personenkraftwagens geltend.
Sie wurde von der Mieterin des Stellplatzes beauftragt, ein Fahrzeug zu entfernen, welches dort durch den Beklagten welcher zugleich dessen Halter ist, abgestellt war.
Bei Eintreffen der Mitarbeiter der Klägerin vor Ort um 21.49 Uhr war das Fahrzeug jedoch nicht mehr vorhanden. Nachdem die Mieterin „den Anspruch auf Ersatz der Kosten gegenüber dem Besitzstörer bzw. dem Halter des Fahrzeuges” an die Klägerin abgetreten hat, begehrt diese hierfür nunmehr vom Beklagten Kosten für ihre Tätigkeit in Höhe von insgesamt 293,90 EUR brutto. Hinsichtlich der einzelnen Positionen, aus welchen sich dieser Betrag zusammensetzt, wird auf die Rechnung vom 07.06.2018 (Anlage K 3) Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat die hierauf gerichtete Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.
Das Gericht ging von einem von dem Beklagten zu vertretenden Rechtsverstoß aus, verneinte jedoch die Haftung des Beklagten, da es nicht davon überzeugt war, dass die Zedentin den Stellplatz tatsächlich konkret nutzen wollte. Aufgrund dessen hat das Amtsgericht das Vorgehen der Zedentin als wirtschaftlich unvernünftig und unverhältnismäßig erachtet. Eine Entfernung des Fahrzeugs des Beklagten sei daher zum konkreten Zeitpunkt auf Veranlassung der Zedentin hin nicht gerechtfertigt gewesen. Darüber, ob die Höhe des geltend gemachten Anspruchs berechtigt ist, hat das Amtsgericht keine Feststellungen getroffen.
Die Zedentin hätte allenfalls einen Anspruch auf Nutzungsersatz (Zahlung eines angemessenen Mietzinses für die Nutzung der streitgegenständlichen Parkfläche) nach § 818 Abs. 2 BGB entsprechend, welcher jedoch nicht geltend gemacht ist.
In der Berufung beantragt die Klägerin,
das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichtes München unter dem Aktenzeichen 171 C 2212/19 aufzuheben und den Beklagten antragsgemäß zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch dessen persönliche Anhörung. Auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Stephan List vom 26.11.2022 samt den Nachtragsgutachten sowie auf dessen protokollierten Angaben bei seiner Anhörung wird Bezug genommen. Zudem hat das Gericht das, seitens der Klägerin vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Christoph T. Hochscheid vom 08.01.2021 aus einem Parallelverfahren vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck (Az: 8 C 691/19) sowie die ebenfalls von der Klägerin vorgelegte und auch im Gutachten des Prof. Dr. List mit berücksichtigte Preis- und Strukturumfrage des Verbandes der Bergungs- und Abschleppunternehmen e.V. aus dem Jahre 2018 verwertet (§§ 286, 411a ZPO).
Zur Ergänzung wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die Berufungsbegründung und Berufungserwiderung sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
B) Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) auf Zahlung von 168,65 EUR (Brutto) gem. §§ 683 S. 1; 670; 823 Abs. 2; 858 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 05.06.2009 – V ZR 144/08; OVG Münster, Beschluss vom 10.07.2013 – 5 A 1687/12 – Kosten für Leerfahrt).
Zunächst ist festzustellen, dass es für den Anspruch auf eine konkrete Nutzungsabsicht des Stellplatzes nicht ankommt. So darf ein unbefugt auf einem fremden Grundstück abgestelltes Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung entfernt werden (BGH, Urteil vom 05.06.2009 – V ZR 144/08), so dass es von daher auch auf eine konkrete Nutzungsabsicht nicht ankommen kann.
Die Auftraggeberin als Mieterin des Stellplatzes ist auch deren Besitzerin und durfte daher nach §§ 858, 859 Abs. 3 BGB ”sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Täters wieder bemächtigen”, was die Beauftragung eines Unternehmens hierzu beinhaltet. Denn das Entfernen widerrechtlich abgestellter Fahrzeuge erfolgt zwangsläufig durch deren Umsetzung (LG München I, Beschluss vom 23.2.2016 – 31 T 2775/16). Da der Beklagte nach eigenem Vortrag dort nur „kurzzeitig” ge...