Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 05.05.2014; Aktenzeichen 485 C 31869/13 WEG) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 05.05.2014, Az. 485 C 31869/13 WEG, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen ihre Eigentumswohnung ohne Einwilligung des Verwalters oder der Eigentümerversammlung als Heilpraktiker- bzw. Naturheilpraxis zu nutzen oder zu diesem Zwecke zu vermieten.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat im tenorierten Umfang Erfolg.
1. Soweit die Klägerin begehrt, die Beklagte dazu zu verurteilen, ihre Eigentumswohnung über die Nutzung als Heilpraktiker- bzw. Naturheilpraxis hinaus „zweckwidrig gewerblich zu vermieten oder zu nutzen” hat das Amtsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Umfang des Unterlassungsanspruchs richtet sich nach der Begehungsgefahr. Der Anspruch ist zwar nicht nur auf die Unterlassung einer identischen Handlungsweise gerichtet, sondern umfasst auch solche Beeinträchtigungsformen, die den Kern der Störung inhaltsgleich wiederholen.
Die zu unterlassende Einwirkung muss jedoch so genau beschrieben werden, dass das Vollstreckungsgericht – ggf unter Heranziehung der Entscheidungsgründe – feststellen kann, ob eine Zuwiderhandlung gegen den Titel vorliegt oder nicht. Soweit die Unterlassung einer nicht näher beschriebenen „zweckwidrigen gewerblichen Nutzung” verlangt wird, bestehen daher bereits erhebliche Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit und Vollstreckbarkeit des Antrags.
Darüber hinaus ist eine Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf anderweitige gewerbliche Nutzung bzw. Vermietung durch die Beklagte zu diesem Zweck nicht ersichtlich.
Schließlich ist es der Beklagten nicht verwehrt, ihre Einheit gewerblich zu nutzen oder zu eben diesem Zweck zu vermieten, soweit hierdurch für die anderen Wohnungseigentümer keine über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen entstehen. Insbesondere vermag die Kammer der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, ein Anspruch auf Unterlassung jeglicher gewerblichen Nutzung ergebe sich bereits daraus, dass nach der Teilungserklärung eine Trennung zwischen einem reinen Wohngebäude und einem gewerblich genutzten Gebäude vorgesehen sei. Hieraus kann angesichts der ausdrücklichen Regelung in § 4 der Gemeinschaftsordnung eine über die dort ausdrücklich vorgesehenen Einschränkungen weitergehende Begrenzung der zulässigen Nutzung der Wohneinheiten nicht entnommen werden. § 4 Abs. 2 GO ist zu entnehmen, dass eine nicht über das „übliche Maß” hinaus störende gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit zulässig ist. Darüber hinaus kann eine mehr störende gewerbliche oder freiberufliche Nutzung von den Wohnungseigentümern genehmigt werden. Ein Anspruch auf Unterlassung jeglicher gewerblichen Tätigkeit in der Einheit der Beklagten besteht somit nicht.
2. Die Wohnungseigentümer haben jedoch einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Einheit der Beklagten ohne eine Einwilligung des Verwalters bzw. Genehmigung derWohnungseigentümer gem. § 1004 Abs. 1 BGB, §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Gemeinschaftsordnung.
a) Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GO bedarf eine gewerbliche oder sonstige berufliche Nutzung einer Wohneinheit der schriftlichen Einwilligung des Verwalters, wenn und soweit mit der Tätigkeit Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum oder auf fremdes Sondereigentum verbunden sind, welche über das „übliche Maß” hinausgehen.
Maßgeblich für die Auslegung einer Regelung in einer Gemeinschaftsordnung sind ihr Wortlaut und ihr Sinn, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergeben (BGH, NJW-RR 2010, 227). Diese Auslegungsgrundsätze zugrunde gelegt, ergibt sich hier, dass die Zulässigkeit der gewerblichen Nutzung zunächst am Vorliegen eines das Maß des § 14 Nr. 1 WEG übersteigenden Nachteils zu messen ist, und darüber hinaus vom Vorliegen einer Verwalterzustimmung bzw. einer Genehmigung der Wohnungseigentümer abhängen soll, wenn Einwirkungen über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß erfolgen.
Durch die Regelung in § 4 Abs. 2 GO wird hierbei nicht eine erweiterte Zulässigkeit einer gewerblichen/freiberuflichen Nutzung geregelt, sondern diese ist nach Auffassung des Berufungsgerichts dahingehend zu verstehen, dass eine zusätzliche Anforderung bei gewerblichen Tätigkeiten geschaffen wird, deren Einwirkungen das „übliche Maß” überschreiten. Einen generellen Einwilligungsvorbehalt auch für nichtstörende berufliche Tätigkeiten enthält § 4 Abs. 2 GO dagegen nach sein...