Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumungsklage des Hauptvermieters gegen Untermieter, zum Anwendungsbereich von ZVG § 57 iVm BGB § 571, Räumungsfrist für Behinderten

 

Orientierungssatz

1. Ist das Hauptmietverhältnis wirksam durch Kündigung beendet worden, ergibt sich der Räumungsanspruch des Hauptvermieters gegen den Untermieter aus BGB § 556 Abs 3.

2. Der Ersteher eines Grundstücks, das an einen gewerblichen Zwischenvermieter vermietet ist, ist ebenso wie ein rechtsgeschäftlicher Grundstückserwerber nicht an die im Hauptmietvertrag zugunsten des Untermieters getroffene Vereinbarung gebunden, bei Beendigung des Hauptmietverhältnisses mit dem Untermieter den Untermietvertrag unmittelbar fortzusetzen.

3. Bei der Bemessung der Räumungsfrist kann die persönlich besonders schwierige Lage des Mieters berücksichtigt werden, der auf die Erlangung behindertengerechten Ersatzwohnraumes angewiesen ist.

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Räumungsanspruch der Kläger gegen die Beklagten ergibt sich aus § 556 Abs. 3 BGB, da das Hauptmietverhältnis mit der Fa. S. durch die Kläger wirksam durch Kündigung beendigt worden ist.

Gegenüber diesem Herausgabeanspruch der Kläger kann die Beklagtenseite kein Besitzrecht geltend machen. Hierzu im einzelnen:

1) Zwischen den Parteien ist kein Mietverhältnis zustandegekommen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob § 11 des Hauptmietvertrages überhaupt für den Hauptvermieter nicht nur das Recht bei Beendigung des Hauptmietverhältnisses, in den Untermietvertrag einzutreten, sondern auch eine entsprechende Verpflichtung begründet. Eine solche Verpflichtung ist jedenfalls nicht gemäß §§ 57 ZVG, 571 BGB auf die Kläger als Erwerber der Wohnung übergegangen. Es entspricht einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Lehre, daß § 571 BGB nur auf sich aus einem Mietverhältnis ergebende Rechte und Pflichten zwischen veräußerndem Vermieter und Mieter anwendbar ist. Sogenannte Verträge zugunsten Dritter, in denen sich der Vermieter gegenüber dem Hauptmieter verpflichtet, mit einem Dritten einen neuen Mietvertrag zu schließen, sind deshalb nicht vom Anwendungsbereich des § 571 BGB umfaßt (BGHZ 48, 244; Palandt § 571 BGB Anm.4; Emmerich/Sonnenschein, Handkommentar, § 571 BGB Anm. 19). Auch im vorliegenden Fall ist § 11 des Hauptmietvertrages allenfalls als Vereinbarung zugunsten Dritter zu werten, da diesem Dritten ein Recht zum Eintritt in das Mietverhältnis erst mit Beendigung des bisherigen Hauptmietverhältnisses vermittelt wird. Unmittelbar zwischen den Rechtsvorgängern der Kläger und Beklagtenseite ist eine Vereinbarung über eine Eintrittsverpflichtung des Vermieters bei Beendigung des Hauptmietverhältnisses nicht zustandegekommen. § 11 ist allenfalls als Hinweis auf eine Vereinbarung mit dem Zwischenvermieter zu werten, gibt jedoch keinen Hinweis darauf, daß sich etwa der Vermieter damit auch unmittelbar gegenüber dem Endmieter, vertraglich binden wollte. Auch die Zusatzvereinbarung zu § 16 des Mietvertrages enthält nur eine Vereinbarung der Beklagten mit ihrem Vermieter, der Fa. S., und vermag schon mangels Kenntnis der Beklagten von § 11 des Hauptmietvertrages keine rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber dem Hauptvermieter zu begründen.

2) Das Räumungsverlangen ist nicht rechtsmißbräuchlich.

Die Grundsätze des RE des BGH (BGHZ 84, 90 = NJW 1982,696 (= WM 1982, 178)), daß ausnahmsweise sich der Untermieter auch gegenüber dem Eigentümer auf die Kündigungsschutzbestimmungen der §§ 564b, 556a BGB berufen kann, sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Wie sich aus der Zusatzvereinbarung zu § 16 des Untermietvertrages ergibt, war den Untermietern bekannt, daß ihr Vermieter nicht der Eigentümer der vermieteten Wohnung ist.

3) Den Beklagten konnte im Hinblick auf die persönlich besonders schwierige Lage des Beklagten zu 2) eine erhebliche Räumungsfrist bis 31.5.1990 gewährt werden. Ihm soll damit ausreichend Zeit für die Suche nach behindertengerechtem Ersatzwohnraum, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme entsprechender zuständiger staatlicher Stellen, gewährt werden. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, daß diese lange Räumungsfrist in der Erwartung gewährt wird, daß in Zukunft die Beklagten ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses in vollem Umfang nachkommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1737200

KTS 1990, 55

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