Nachgehend
Tenor
I. Der Beschluss der ordentlichen und außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 04.05.2004, durch den dem Mitglied des Vorstands, …, das Vertrauen entzogen wurde (unter Punkt 3 des Protokolls), wird für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege einer Anfechtungsklage um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten.
Mit Schreiben vom 29.03.2004 (Anlage K 2) lud die Beklagte zu ihrer ordentlichen und außerordentlichen Hauptversammlung für den 04.05.2004 ein. In der Bekanntmachung der Tagesordnung hieß es unter Tagesordnungspunkt 3:
„Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2003: Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, die Entlastung zu beschließen.”
Bis zur am 04.05.2004 stattfindenden Hauptversammlung gab es keine Ergänzungen der Tagesordnung. In der Hauptversammlung selbst waren die Mitglieder des Aufsichtsrates, des Vorstandes, die Aktionäre und ein Aktionsvertreter sowie Herr … als Kandidat für die Wahl in den Aufsichtsrat anwesend. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates bestellte den ebenfalls anwesenden und die Hauptaktionärin der Beklagten – die … – vertretenden Herrn … zum Protokollführer. Nachdem der Vertreter der Hauptaktionärin den Antrag gestellt hatte, über die Entlastung der beiden Mitglieder des Vorstandes getrennt abzustimmen, stellte der Vorsitzende des Aufsichtsrats den Beschlussvorschlag zur Abstimmung, dem Kläger für das Geschäftsjahr 2003 Entlastung zu erteilen. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Hauptaktionärin gegen die übrigen anwesenden Stimmen – außer denen des Klägers – abgelehnt. Daraufhin stellte Herr … als Vertreter der Hauptaktionärin den Antrag, dem Kläger das Vertrauen zu entziehen. Der Kläger sowie weitere Aktionäre legten gegen diesen Beschlussantrag Widerspruch zu Protokoll ein. Bei der anschließenden Abstimmung wurde der Beschlussvorschlag mit den Stimmen der Hauptaktionärin angenommen. Daraufhin stellte der Vorsitzende fest, dass dem Mitglied des Vorstandes, Herrn …; das Vertrauen entzogen worden sei. Der Kläger legte gegen die Beschlussfassung Widerspruch zu Protokoll ein.
Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, bei dem Beschluss über den Vertrauensentzug handele es sich um einen anderen Beschlussgegenstand als den angekündigten zu dem Thema „Entlastung des Vorstandes”, weil sich die Entscheidung über den Vertrauensentzug auf die Zukunft richte und die Entlastung eine rückwärts gerichtete Entscheidung sei. Zudem fehle es auch an einem Grund, dem Kläger das Vertrauen zu entziehen. Im ersten Quartal 2004 sei es dem Kläger gelungen, trotz des schwierigen Marktes die Ergebnisplanung zu übertreffen. Das Produkt „Windenergieanlage …” sei unter ausdrücklicher Rücksprache mit dem Aufsichtsrat der Beklagten und den Vertretern der Hauptaktionärin vertrieben worden; keiner der Anleger habe mit der Investition in die Windenergieanlage Schaden erlitten.
Der Kläger beantragt daher:
Der Beschluss der ordentlichen und außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 04.05.2004, durch den dem Mitglied des Vorstands, Herrn …, das Vertrauen entzogen wurde (unter Punkt 3 des Protokolls), wird für nichtig erklärt.
Die Beklagte beantragt demgegenüber:
Klageabweisung.
Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, der nach der Verweigerung der Entlastung gefasste Beschluss sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Dieser Beschluss über den Vertrauensentzug stehe in engem inneren Zusammenhang mit einem bekannt gemachten Tagesordnungspunkt und greife sachlich nicht wesentlich über diesen hinaus. In der Entlastungsverweigerung liege bereits ohne förmliche und gesonderte Beschlussfassung ein Vertrauensentzug im Sinne des § 84 Abs. 3 AktG. Die Hauptaktionärin habe den Entschluss zum Entzug des Vertrauens erst nach Erhalt eines Schreibens der Mitarbeiter am 3. oder 4.5.2004 gefasst. Der Entzug des Vertrauens rechtfertige sich aus der im Verhältnis zur Muttergesellschaft eigenmächtigen Ausrichtung der Unternehmenspolitik der Beklagten entgegen den Regelungen im Vorstandsdienstvertrag. Der Aufsichtsrat habe eine eigenständige Unternehmensphilosophie und Ausrichtung der Beklagten zu keiner Zeit gebilligt. Ein weiterer Grund liege im wiederholten Verfehlen der Ziele des Businessplans und im Eingehen unkalkulierbarer Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Windenergieanlage ….
Mit Schriftsatz vom 23.05.2005 hat die Beklagte geltend gemacht, dem Kläger fehle die Anfechtungsbefugnis, weil der Widerspruch zur Niederschrift nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Aus der Niederschrift ergebe sich nicht, dass der Widerspruch gegen den Beschluss gerichtet sei. Zudem gehe ein vor der Feststellung des Beschlussergebnisses erklärter Widerspruch ins Leer...