Leitsatz (amtlich)
1. Ein Miteigentümer, dem ein Sondernutzungsrecht an einer Gemeinschaftsfläche (hier: einem Kellerraum) eingeräumt ist, kann von einem anderen Miteigentümer, der die Fläche zu Unrecht benutzt, gemäß § 985 BGB Einräumung von Alleinbesitz verlangen.
2. Der Anspruch aus § 985 BGB ist dabei gemäß § 902 I BGB unverjährbar, wenn das Sondernutzungsrecht in der Teilungserklärung vereinbart wurde.
Verfahrensgang
AG Ingolstadt (Aktenzeichen 12 C 2034/08 WEG) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 700 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 1 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, den Kellerraum Nr. 114 an den Kläger herauszugeben, weil der Kläger an diesem Raum ein Sondernutzungsrecht hat.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Herausgabe des Kellerraums aus § 985 BGB. Der Anspruch ist auf Einräumung von Alleinbesitz gerichtet.
a) Der Kläger ist Miteigentümer an dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Keller und als solcher nach § 985 BGB aktivlegitimiert (OLG München NJW-RR 2008, 247, 249; Spielbauer/Then, WEG, § 15 Rz. 32).
b) Der Beklagte ist Alleinbesitzer des Kellers. Er hat gegenüber dem Kläger kein Recht zum Besitz gemäß § 986 I BGB. Denn dem Kläger – nicht dem Beklagten – steht das alleinige Besitzrecht an dem Keller Nr. 114 zu. Der Kläger hat hieran nämlich ein Sondernutzungsrecht. Dieses schließt die übrigen Eigentümer vom Mitbesitz aus (KG ZMR 2007, 384; Abramenko, in: Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 13 Rz. 37; Kümmel, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 13 Rz. 24).
(1) Aus der Teilungserklärung ergibt sich, dass der Kläger ein Sondernutzungsrecht an dem Keller hat, der in dem der Teilungserklärung anliegenden Lageplan mit der Nr. 114 bezeichnet ist. Das ist der südöstliche, hier streitgegenständliche Keller.
(2) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Lageplan insoweit fehlerhaft ist, als die Lage der Waschküche mit der Lage der Keller Nr. 28/29 vertauscht wurde. Daraus lässt sich nämlich entgegen der Meinung des Beklagten nicht der Schluss ziehen, dass auch alle übrigen Kellerräume spiegelverkehrt dargestellt wurden, so dass der Keller Nr. 114 des Klägers tatsächlich nicht der südöstliche, sondern der nordöstliche Kellerraum sei. Bezüglich des Waschraums ist die Planzeichnung offensichtlich unrichtig, weil der Waschraum unstreitig rechts und nicht links vom Kellereingang liegt. Dass der Plan auch im übrigen falsch gezeichnet wurde und mit den örtlichen Gegebenheiten nicht in Einklang gebracht werden kann, ist demgegenüber nicht ersichtlich. Wegen des grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes ist aber – soweit kein evidenter Fehler wie bei der Waschküche vorliegt – grundsätzlich von der Einteilung im Plan auszugehen. Demnach steht das hier streitgegenständliche südöstliche Kellerabteil dem Kläger, nicht dem Beklagten zu.
c) Der Anspruch ist nicht verjährt. Er ist gemäß § 902 I BGB unverjährbar.
Gemäß § 902 I BGB unterliegt ein Anspruch dann nicht der Verjährung, wenn er ausschließlich auf eingetragene Rechte gestützt wird. So ist von Unverjährbarkeit auszugehen, wenn ein Miteigentümer von einem anderem Miteigentümer, der einen Teil des Miteigentums zu Unrecht alleine besitzt, gemäß § 985 BGB Wiedereinräumung von Mitbesitz verlangt (OLG München NJW-RR 2008, 247, 249; Spielbauer/Then, WEG, § 15 Rz. 32). Denn das Miteigentumsrecht des Anspruchstellers, auf das § 985 BGB bei der Einräumung von Mitbesitz alleine gestützt wird, ergibt sich unmittelbar aus dem Grundbuch.
In vorliegendem Fall gilt im Ergebnis das gleiche. Zwar stützt der Kläger seinen Anspruch auf Einräumung von Alleinbesitz nicht ausschließlich auf sein Miteigentumsrecht, sondern auch noch auf sein Sondernutzungsrecht. Das Sondernutzungsrecht ergibt sich hier indes aus der Teilungserklärung, die wiederum Grundlage der Grundbucheintragung ist (Vandenhouten, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 8 Rz. 9). Damit ergibt sich auch das Sondernutzungsrecht des Klägers unmittelbar aus dem Grundbuch. § 902 I BGB ist daher anwendbar.
d) Der Anspruch ist schließlich auch nicht verwirkt.
Zwar ist eine Verwirkung gemäß § 242 BGB auch bei einem dinglichen Anspruch wie § 985 BGB grundsätzlich denkbar (Spielbauer/Then, WEG, § 15 Rz. 32). Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Herausgabeanspruch ein Kernbestan...