Leitsatz (amtlich)
1. Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit bei Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung.
2. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Befangenheitsantrag, der auf Verweigerung einer Terminsverlegung gestützt ist, entfällt nicht dadurch, dass der Termin wegen des Befangenheitsantrags aufgehoben wird (entgegen: OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.01.2008 - 9 W 32/07 -, NJW 2008, 1328; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.04.2011 - 13 W 21/11).
Normenkette
ZPO § 42 Abs. 2, § 227 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Coesfeld (Aktenzeichen 4 C 7/11) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts wird abgeändert:
Das gegen den Richter am Amtsgericht T gerichtete Ablehnungsgesuch der Beklagten ist begründet.
Gründe
I.
In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit, der Ansprüche aus einem Verkehrsunfall zum Gegenstand hat, beraumte der amtierende Richter durch Verfügung vom 13.04.2011 Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme an auf den 24.05.2011. Die entsprechende Ladung wurde den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20. April 2011 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 26.04.2011 bat der mit der Sache befasste Prozessbevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwalt T2, unter Hinweis darauf, dass er zur Terminsstunde bereits einen Termin vor dem Amtsgericht N wahrzunehmen habe, um Terminsverlegung und wies gleichzeitig darauf hin, dass eine Vertretung nicht möglich sei. Mit Verfügung vom 28.04.2011 teilte der amtierende Richter mit, dass gebeten werde, den Termin in N verlegen zu lassen, da in der vorliegenden Sache eine Vielzahl von Zeugen geladen sei. Durch Schriftsatz vom 06.05.2011 wies der Prozessbevollmächtigte der Beklagten darauf hin, dass er am Terminstag um 9.00 Uhr und um 10.00 Uhr jeweils Termine vor dem Amtsgericht N wahrzunehmen habe, die bereits seit längerem anberaumt seien. Es sei kaum vorstellbar, dass das Amtsgericht N bereit sei, die zuerst anberaumten Termine zu verlegen und stellte die Frage, ob ernsthaft Verlegung beim Amtsgericht N beantragt werden solle. Daraufhin antwortete der amtierende Richter mit Verfügung vom 09.05.2011, dass für ihn nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen beim Amtsgericht Coesfeld Verlegungsanträge gestellt werden können, beim Amtsgericht N dagegen nicht.
Nach Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, der der amtierende Richter in seiner dienstlichen Äußerung nicht widersprochen hat, habe der Richter in einem Telefongespräch vom 12.05.2011 mitgeteilt, er sei nicht bereit, den Termin zu verlegen. Der Prozessbevollmächtigte solle in N wegen einer Terminsverlegung nachfassen. Auf den Hinweis, die Termine in N seien deutlich früher anberaumt worden und es gelte doch wohl das Prioritätsprinzip, habe der Richter gemeint, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten brauche ja nicht mitzuteilen, dass der Termin in Coesfeld erst später anberaumt worden sei. Zum Abschluss dieses Telefongesprächs wurde eine eventuelle Abstimmung gegen Ende der Woche vereinbart. Durch Schriftsatz vom 20.05.2011, der als Telefax am Vormittag desselben Tages beim Amtsgericht Coesfeld eingegangen ist, teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit, dass er bisher nicht in Erfahrung habe bringen können, ob dem Verlegungsantrag beim Amtsgericht N stattgegeben werde. Daher bleibe der Verlegungsantrag beim Amtsgericht Coesfeld aufrecht erhalten, zumal der Termin in N seit Januar anberaumt sei. Von diesem Schriftsatz hat der amtierende Richter ausweislich seiner dienstlichen Stellungnahme erst am 23.05.2011 Kenntnis genommen und sodann vergeblich versucht, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten telefonisch zu erreichen. Eine Mitarbeiterin des Büros habe er gebeten auszurichten, dass der Termin nicht mehr verlegt werden könne, weil die Abladung der Zeugen nicht mehr möglich sei.
Durch Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 23.05.2011 haben die Beklagten sodann den amtierenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und dies unter näherer Darlegung darauf gestützt, dass der Richter dem Verlegungsantrag bezüglich des Termins vom 24.05.2011 nicht entsprochen habe.
Nach Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 24.05.2011 hat der abgelehnte Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 26.05.2011, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 121 d.A.), unter anderem dargelegt, dass er in dem Telefongespräch mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten darauf hingewiesen habe, dass von den Kollisionsterminen der eine oder andere Termin auch durch eine Kollegin oder einen Kollegen aus der Kanzlei wahrgenommen werden könne. In diesem Zusammenhang habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf eine angeblich bestehende Bürogemeinschaft hingewiesen.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 128, 129 d.A.), hat das Amtsgericht das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne dahinstehen, ob in der Verweigerung der Terminsverlegung ein Grund zu sehen sei, der geeignet sei, Misstrauen ...