Entscheidungsstichwort (Thema)
I.R.d. Beurteilung des Pfändungsschutzes für Abfindungen von Arbeitgebern ist der soziale Besitzstand zumindest in Höhe des gesetzlichen Freibetrags der Tabelle zu § 850c ZPO zu beziffern
Normenkette
KSchG §§ 8-9; ZPO §§ 850c, 850d, 850i
Verfahrensgang
AG Münster (Beschluss vom 26.04.2010) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Dem Schuldner ist gem. § 850i ZPO n.F. die Abfindung in Höhe von 1.300,00 Euro netto pfandfrei zu belassen.
Wert: 1.300,00 Euro
Gründe
Auf den Eigenantrag des Schuldners eröffnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 00.01.200X das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen und bestellte den Beteiligten zu 2) zum Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 28.03.2008 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt und mit Beschluss vom 03.04.2008 das Insolvenzverfahren gern. § 200 InsO mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben. Der Beteiligte zu 2) wurde zum Treuhänder bestellt.
Mit Schreiben vom 15.03.2009 teilte der Schuldner mit, das Arbeitsverhältnis bei der Firma ZZZ sei beendet.
Seine Kündigungsschutzklage habe keinen Erfolg gehabt. Aus dem beigefügten Vergleich des Arbeitsgerichts Münster vom 17.02.2009 ergibt sich, dass der Schuldner „nur zur Wahrung seines sozialen Besitzstandes” eine Abfindung in Höhe von 1.300,00 Euro brutto entsprechend §§ 9, 10 KSchG bekommen sollte.
Seit Januar 2009 erhielt der Schuldner Arbeitslosengeld in Höhe von 730,20 Euro monatlich.
Mit Schreiben vom 01.07.2009 beantragte der Schuldner, gern. § 850i ZPO den Betrag von 1.300,00 Euro für unpfändbar zu erklären, so dass er nicht von der Abtretung gem. § 287 InsO erfasst wäre.
Der Beteiligte zu 2) nahm dahin Stellung, die Ehefrau des Schuldners verfüge seit dem 16.03.2009 über monatliches Einkommen von ca. 1.090,00 Euro zzgl. Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von ca. 200,00 Euro monatlich. Das Arbeitsverhältnis sei vorläufig befristet bis zum 31.07.2009.
Die Abrechnung des Arbeitgebers des Schuldners über die Abfindung liege inzwischen vor, sei aber nach Meinung des Schuldners fehlerhaft, weshalb sie Gegenstand weiterer gerichtlicher Auseinandersetzung sei. Aus der beigefügten Abrechnung ergibt sich, dass der Betrag von 1.300,00 Euro brutto = netto ausgezahlt wird.
Dieser Betrag wurde am 11.03.2009 dem Konto des Schuldners gutgeschrieben.
Das Gehalt für Dezember 2008 wurde erst nach Durchführung eines weiteren Klageverfahrens Ende Dezember 2009 gezahlt. Über die Abrechnung wurde zwischen Arbeitgeber und Schuldner ebenfalls gestritten.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26.04.2010 hat das Amtsgericht den Antrag des Schuldners auf Freigabe der 1.300,00 Euro zurückgewiesen. Bei der Abfindung handele es sich um eine Lohnnachzahlung für Dezember 2008, die demnach freizugeben wäre. Da die Auszahlung jedoch erst im März 2009 erfolgt sei, als die Eheleute ein monatliches Gesamteinkommen von 2.000,00 Euro zur Verfügung gehabt hätten, sei der Schuldner auf die 1.300,00 Euro zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhaltes nicht angewiesen gewesen. Gegenteiliges habe er auch nicht vorgetragen.
Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner sofortigen Beschwerde vom 09.05.2010. Bei den 1.300,00 Euro handele es sich um eine Abfindung, nicht um eine Lohnnachzahlung. Er habe beantragt, diese für den Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2009 freizugeben. Der Grund sei gewesen, dass er aufgrund des niedrigen Lohnes nur Arbeitslosengeld in Höhe von 730,00 Euro erhalten habe und insoweit einen finanziellen Ausgleich haben wolle.
Bis März 2009 habe seine Ehefrau überdies ein sehr geringes Einkommen von insgesamt nur 1.344,17 Euro gehabt.
Weiterhin seien ihm Kosten für Bewerbungen, Vorstellungsgespräche und für eine Qualifizierungsmaßnahme von März bis Juni 2009 in A – 77 km Hin- und Rückweg – sowie eine erforderliche Autoreparatur für 500,00 Euro entstanden. Ein monatliches Nettoeinkommen, wie im Beschluss genannt, habe seine Ehefrau erst seit November 2009. Ferner sei es wohl die gängige Praxis der Gerichte, den Abfindungsbetrag auf sechs Monate aufzuteilen. Außerdem teilte der Schuldner mit, er sei seit dem 03.05.2010 befristet bis zum 02.05.2011 bei der Firma P. GmbH beschäftigt.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Die Abfindung sei wie Arbeitseinkommen zu behandeln, da es sich um den Abbau des Arbeitszeitkontos handele.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der rechtliche Hinweis der Kammer vom 25.11.2010 ist hinfällig, da hierbei übersehen wurde, dass das Insolvenzverfahren bereits aufgehoben ist und der Schuldner sich in der Wohlverhaltensphase befindet. Dabei hat er gem. § 287 Abs. 2 InsO seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis an den Treuhänder abgetreten. Aus der Frmulierung „pfändbare” ist zu schließen, dass die Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO entsprechend anzuwenden sind (vgl. Hergenröder, "Pfändungs- und Insolvenzschutz arbeitsrechtlicher Abfindungsansprüche”, ZVI 2006, ...