Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung der Berechnungsgrundlage um „durchlaufende Posten” und um „Rückzahlung Massekredit”. Zuschlag für „Anfechtungen”, „übertragende Sanierung”, „mehrere Betriebsstätten”. Kürzung der Berechnungsgrundlage um „durchlaufende Posten”. Buchung von der Masse durch irrtümlich überwiesene Beträge oder Erstattung der zuvor verauslagten Kosten durch zukommende Zuflüsse als Einnahmen. Erstattungen auf nicht verbrauchte Vorauszahlungen als Massezufluss

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Festsetzung der Vergütung für einen Insolvenzverwalter sind die tatsächlich entnommenen Vorschüsse anzurechnen. Eine Verringerung um den Betrag der Mehrwertsteuer kommt nicht in Betracht.

2. Zuflüsse, die der Masse durch irrtümlich überwiesene Beträge oder durch die Erstattung zuvor verauslagter Kosten zukommen, sind nicht ohne weiteres bei der Berechnung der für die Verwaltervergütung maßgeblichen Masse zu berücksichtigen. Zahlungen, die der Masse zufließen, um dann an den wahren Berechtigten weitergeleitet zu werden, können die Vergütungsmasse jedenfalls dann nicht erhöhen, wenn sie an den wahren Berechtigten weitergeleitet und somit letztlich als Masseverbindlichkeit aus einer ungerechtfertigten Bereicherung wieder aus der Masse ausgekehrt werden. Gleiches gilt im Ergebnis für Erstattungen, die aufgrund nicht verbrauchter Vorauszahlungen erfolgen. Bei derartigen Erstattungen handelt es sich letztlich nicht um Einnahmen, die aus der Verwertung der Masse resultieren und sie somit erhöhen. Vielmehr werden in diesen Fällen Gelder an die Masse zurückerstattet, die von ihr letztlich gar nicht geschuldet sind. Somit handelt es sich bei derartigen Erstattungen letztlich um die Minderung von Ausgaben, nicht aber um die Masse erhöhende Einnahmen. Dasselbe gilt auch, wenn die Erstattung nicht deshalb erfolgt, weil verauslagte Kosten nicht verbraucht werden, sondern weil die Erstattung aufgrund eines Vertragsverhältnisses mit einem Dritten erfolgt. Auch diese Erstattungen stellen letztlich keinen Massezufluss dar, sondern fangen lediglich aus der Masse getätigte Ausgaben wieder auf.

3. Ein zurückgeführter Massekredit kann jedenfalls dann nicht masseerhöhend berücksichtigt werden, wenn damit bei Verfahrenseröffnung bestehenden Sicherungsrechte abgelöst worden sind.

4. Zwar rechtfertigt ein sich zwischen Einreichung der Schlussrechnung und Schlusstermin ergebender Massezufluss eine ergänzende Festsetzung der mit Einreichung der Schlussrechnung beantragten Insolvenzverwaltervergütung. Eine solche ergänzende Vergütungsfestsetzung setzt jedoch in jedem Fall eine für alle Beteiligten nachvollziehbare Darlegung voraus, wann es welche und wie hohe Massezuflüsse nach Einreichung der Schlussrechnung gegeben hat.

 

Normenkette

InsVV § 1; InsO §§ 54, 55 Nr. 3; InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 3

 

Verfahrensgang

AG Münster (Aktenzeichen 73 IN 5/02)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Wert: 105.816,64 EUR

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Unter dem 21.01.2002 beantragte die Schuldnerin beim Amtsgericht – Insolvenzgericht – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit.

Kerngeschäft des schuldnerischen Unternehmens waren die Produktion und der Vertrieb von Zimmerpflanzen. Hauptstandort des Unternehmens war O, wo sich insgesamt 24 Gewächshäuser, ein Büro- und Verwaltungsgebäude, mehrere Hallen und zwei an Mitarbeiter vermietete Wohnhäuser befanden. Ein weiterer Betriebsstandort befand sich im nahegelegenen T2., der aus weiteren fünf Gewächshäusern und einem Kesselhaus bestand. In I2 wurde auf einer angemieteten Verkaufsfläche ein Abholmarkt betrieben. Die Schuldnerin beschäftigte einschließlich der Auszubildenden und Aushilfen an allen Standorten insgesamt 118 Mitarbeiter.

Mit Beschluss vom 23.01.2002 wurde der Beschwerdeführer zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 28.01.2002 wurde ein vorläufiges Verfügungsverbot erlassen.

Der Geschäftsbetrieb wurde zunächst fortgeführt. Unter dem 12.02.2002 sagte die Stadtsparkasse E einen bis zum 15.03.2002 befristeten Massekredit zur Abwicklung eines Großauftrages zu. Ein Teilbetrag in Höhe von 150.000,00 EUR wurde auf das Anderkonto des Beschwerdeführers ausgezahlt. Der Kredit wurde durch die Abtretung von Forderungen aus der Betriebsfortführung abgesichert.

Mit Beschluss vom 16.02.2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt. Aus seinem Bericht vom 28.05.2002 ergibt sich, dass der Geschäftsbetrieb zum 30.04.2002 eingestellt wurde. Aus der Betriebsfortführung wurde ein Überschuss in Höhe von 176.058,27 EUR erzielt. Weiterbeschäftigt wurden nach dem 30.04.2002 noch sechs Mitarbeiter, darunter zwei Auszubildende, die ausschließlich mit der Aufarbeitung der Buchhaltung betraut waren.

Am 30.04.2002 wurde mit einem Herrn G, der die Gründung einer neuen Gesellschaft, der I GmbH, beabsichtigte, ein Vorvertrag über den Verkauf der Betriebsim...

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