Leitsatz (amtlich)
Bei Führen eines Kraftfahrzeugs im alkoholbedingten Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit ist in der Kaskoversicherung eine Leistungskürzung nach § 81 VVG auf "Null" gerechtfertigt.
Normenkette
VVG § 81 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte als Kaskoversicherer nach einem Verkehrsunfall vom 24.12.2008 auf Versicherungsleistungen in Anspruch.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 01.01.2007 für einen Pkw N eine Kraftfahrtversicherung mit Vollkasko (500,00 € Selbstbeteiligung) und Teilkasko (150,00 € Selbstbeteiligung), Versicherungsschein vom 11.01.2007, Bl. 25 - 26 d.A). Nach dem Inhalt des Versicherungsscheins war im Jahr 2008 noch die Geltung der AKB alter Fassung vereinbart (Bl. 33 - 40 d.A.), die Beklagte hat sich gegenüber dem Kläger bereit erklärt, dass sie sich aufgrund einer "Selbstbindung" durch die kulanzweise Behandlung von Altfällen nicht auf völlige Leistungsfreiheit bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß §§ 2d b) 3.Alt., 3 AKB a.F. berufen wolle, sondern Leistungsfreiheit gemäß § 81 Abs. 2 VVG n.F. geltend machen wolle.
Eigenverantwortlicher Nutzer des versicherten Fahrzeugs war der Sohn des Klägers, der 25 Jahre alte C. Dieser war mit dem versicherten Fahrzeug unterwegs und hatte nach Arbeitsschluss am 23.12.2008 gegen Mitternacht ein Lokal im Zentrum von B aufgesucht, in dem seine Arbeitskollegen feierten. Bis gegen 5 Uhr morgens trank er dort Alkohol, eine ihm um 6.50 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,67 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X.
Nach Verlassen der Feier machte sich der Sohn des Klägers mit dem Pkw N auf den Heimweg. Auf der L ### zwischen B und U fuhr er im Bereich einer langgezogenen Linkskurve geradeaus weiter und landete schließlich im Graben. Gegenüber den herbeigerufenen Polizeibeamten gab er an, plötzlich Herzrasen bekommen zu haben.
An dem Fahrzeug entstand Totalschaden, der Wiederbeschaffungswert betrug 12.950,00 €, der Restwert 110,00 €.
Der Kläger verlangt Ersatz der Hälfte des nach Abzug der Selbstbeteiligung verbleibenden Fahrzeugschadens in Höhe von 12.340,00 €, nämlich 6.170,00 €.
Die Beklagte lehnte Versicherungsleistungen ab mit der Begründung, der Sohn des Klägers habe den Versicherungsfall durch Führen des Kraftfahrzeugs im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit grob fahrlässig herbeigeführt.
Der Kläger behauptet, der genossene Alkohol sei nicht die alleinige Ursache für das Abkommen seines Sohnes von der Fahrbahn. Sein Sohn habe sich in der Lage gefühlt, das Fahrzeug sicher nach Hause zu führen und hätte dies auch geschafft, wenn nicht ein plötzliches Unwohlsein in Form von Herzrasen aufgetreten wäre.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.170,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 15.05.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf Leistungsfreiheit auch nach § 81 Abs. 2 VVG n.F.. Sie ist der Ansicht, bei Führen eines Kraftfahrzeugs im alkoholbedingten Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit sei ein derart schweres Verschulden gegeben, dass eine Kürzung des Leistungsanspruchs auf "0" gerechtfertigt sei.
Die Beklagte bestreitet, dass bei dem Sohn des Klägers plötzliches Herzrasen aufgetreten sei und behauptet, selbst wenn dieses tatsächlich aufgetreten wäre, wäre es eine Folge des vorangegangenen Alkoholkonsums gewesen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen sowie auf die beigezogenen Akten ##### StA Münster, mit deren beweismäßiger Verwertung sich die Parteien einverstanden erklärt haben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung einer Vollkaskoentschädigung zu, da die
Beklagte wegen grob fahrlässigen Herbeiführens des Versicherungsfalls vollständig leistungsfrei geworden ist.
Die Beklagte beruft sich zu Recht auf eine vollständige Leistungsfreiheit gemäß § 81 Abs. 2 VVG n.F. . Da diese Regelung grundsätzlich gegenüber der früheren Regelung des § 61 VVG a.F. für den Kläger günstiger ist, kann die Neuregelung Anwendung finden.
Die Voraussetzungen für eine Anspruchskürzung liegen vor. Der Sohn des Klägers hat als Repräsentant des Versicherungsnehmers den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt. Der Sohn des Klägers war unstreitig zur vollständigen Nutzung des Fahrzeugs berechtigt und damit befugt, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Damit war er Repräsentant des Klägers, so dass eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versi...