Leitsatz (amtlich)
Dem berechtigten Interesse des Betroffenen auf Verteidigung durch einen Rechtsbeistand seiner Wahl ist im Rahmen der erforderlichen Abwägung mit dem Interesse der Justiz an einer möglichst reibungslosen Durchführung des Verfahrens angemessen zu berücksichtigen, wobei dem Verteidigungsinteresse im Zweifel Vorrang gebührt.
Tenor
Auf die Beschwerde des Betroffenen vorn 06.02.2012 wird die Verfügung des Amtsgerichts Neubrandenburg über die Ablehnung des Terminsverlegungsantrages vom 02.02.2012 aufgehoben.
Der mit Verfügung des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 25.01.2012 auf den 14.02.2012 anberaumte Hauptverhandlungstermin wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Die Stadt Neubrandenburg erließ nach Anhörung des Betroffenen unter dem 09.08.2011 gegen diesen einen Bußgeldbescheid - Az.: 0111.59277 -, da der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h überschritten haben soll. Es wurde ein Verwarnungsgeld in Höhe von 80,00 EUR festgesetzt sowie Gebühren und Auslagen in Höhe von 23,50 E. Die Eintragung eines Punktes in das VZR ist vorgesehen.
Gegen diesen Bescheid legte der Betroffene mit Schreiben seines Verteidigers vorn 15.08.2011 Einspruch ein. Dem Einspruch wurde durch die Stadt Neubrandenburg nicht stattgegeben und das Verfahren über die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg dein Amtsgericht Neubrandenburg vorgelegt.
Das Amtsgericht Neubrandenburg beraumte den Termin für die Hauptverhandlung mit Verfügung vom 25.01.2012 auf den 14.02.2012, 10:55 Uhr, an. Der Verteidiger des Betroffenen erhielt die Ladung am 30.01.2012 und beantragte mit Schreiben vorn 01.02.2012, eingegangen beim Gericht am gleichen Tage, die Aufhebung des anberaumten Termins, da er - der Verteidiger - an diesem Tag bereits einen längerfristig feststehenden anderen Verhandlungstermin vor dein Amtsgericht Königs Wusterhausen habe.
Mit Verfügung des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 02.02.2012 wurde der Antrag des Betroffenen abgelehnt mit der Begründung, dass dies die Geschäftslage des Gerichts nicht zulasse. Das Aufkommen an Bußgeldsachen sei infolge der Kreisgebietsreform sehr hoch und ein neuer Termin kurzfristig nicht möglich. Es handele sich im Übrigen um einen einfach gelagerten überschaubaren Sachverhalt, bei dem die Verteidigung von einem Unterbevollmächtigten geführt werden könne.
Hiergegen legte der Verteidiger des Betroffenen mit Schreiben vorn 06.92.2012 Beschwerde ein, wobei er zur Begründung weiter ausführte, dass durch die Ablehnung der Terminsverlegung unschwer vermeidbar das Recht des Betroffenen beeinträchtigt sei, sich des Beistandes eines Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat der Verteidiger des Betroffenen die Fotokopie einer an den Verteidiger adressierten Ladung des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 19.12.2011 zu einer Hauptverhandlung am 14.02.2012 um 10:00 Uhr nachgereicht.
Des Weiteren wurden zwei weitere Fotokopien des Amtsgerichts Schöneberg, vom 19.12.2011 und des Landgerichts Berlin vorn 29.11.2011 - jeweils Ladungen für den 14.02.2012 - gerichtet an Frau Rechtsanwältin B. und die Rechtsanwaltskanzlei vorgelegt. Der Verteidiger des Betroffenen versicherte anwaltlich, dass auch die beiden Sozien am 14.02.2012 verhindert seien. Im Übrigen seien diese nicht verkehrsrechtlich spezialisiert.
Das Amtsgericht Neubrandenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da es diese bereits für unzulässig, weil nicht statthaft, hielt.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Beschwerde ist zulässig nach §§ 71 Abs. 1 OWiG, 304 Abs. 1 StPO. Sie ist insbesondere nicht unstatthaft. Zwar ist eine ablehnende Verfügung des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts im Hinblick auf § 305 Abs. 1 StPO in der Regel unanfechtbar. Sie ist jedoch nach der von der Kammer geteilten herrschenden Meinung ausnahmsweise dann statthaft, wenn eine in rechtsfehlerhafter Ermessensausübung getroffene Entscheidung für Verfahrensbeteiligte eine besondere selbständige Beschwer bewirkt, weil sie zum Beispiel unschwer vermeidbar das Recht des Betroffenen beeinträchtigt, sich des Beistandes eines Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen und die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung evident ist (OLG Dresden, Beschl. v. 28.06.2004, Az.: 1 Ws 121/04 m.w.N.. zitiert nach [...]). Dies macht der Betroffene durch seinen Verteidiger vorliegend geltend, wenn er vorträgt, dass sowohl sein Wahlverteidiger als auch dessen Sozien aufgrund anderer Hauptverhandlungstermine, deren Terminsbestimmung, zumindest soweit es den Wahlverteidiger betrifft, sehr weit vor derjenigen durch das Amtsgericht Neubrandenburg erfolgte und er ausschließlich zu seinem Wahlverteidiger Vertrauen habe.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zwar ergibt sich aus dem Grundsatz der Terminshoheit nach § 213 StPO eine Einschränkung der Überprüfbarkeit der Verfügung...