Leitsatz (amtlich)
Gegen die Verfügung des Vorsitzenden, durch die ein Terminsverlegungsantrag abgelehnt wird, ist die Beschwerde dann statthaft, wenn eine in fehlerhafter Ermessensausübung getroffene Entscheidung für Verfahrensbeteiligte eine besondere selbständige Beschwer bewirkt, weil sie unschwer vermeidbar das Recht des Angeklagten beeinträchtigt, sich des Beistandes eines Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen und die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung evident ist.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Entscheidung vom 09.06.2004; Aktenzeichen 5 Ns 355 Js 41700/00) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird die Verfügung des Vorsitzenden der 5. Strafkammer des Landgerichts Chemnitz vom 09. Juni 2004 aufgehoben.
2.
Die mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28. Mai 2004 anberaumten Hauptverhandlungstermine am 06., 08., 19., 20. und 22. Juli 2004 werden aufgehoben.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Mit Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Chemnitz vom 13. Juni 2003 wurde der Angeklagte nach elftägiger Hauptverhandlung vom Vorwurf der Beihilfe zur vorsätzlichen Insolvenzverschleppung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Chemnitz mit Beschluss vom 10. Oktober 2003 das Verfahren nach § 153 a StPO gegen Bezahlung eines Geldbetrages vorläufig eingestellt. Nachdem der Angeklagte die Geldauflage nicht bezahlt hatte, hat der Vorsitzende der Berufungskammer das Verfahren wieder aufgenommen und mit Verfügung vom 28. Mai 2004 - ohne Terminsabsprache mit den drei aus Berlin stammenden Wahlverteidigern - Termine zur Berufungshauptverhandlung auf den 06. Juli 2004 mit Fortsetzungsterminen am 08., 19., 20. und 22. Juli 2004 bestimmt. Unmittelbar nach Eingang der Ladungen haben Rechtsanwalt Dr. P und Rechtsanwalt F die Aufhebung der Hauptverhandlungstermine mit der Begründung begehrt, sie seien am 06. und 08. Juli 2004 in einem länger geplanten und fest gebuchten Jahresurlaub, dessen Verschiebung aufgrund von Buchungen und aus bürointernen Gründen nicht in Betracht komme. Gleichzeitig befinde sich auch der Angeklagte im Juli in seinem ebenfalls seit längerer Zeit geplanten Jahresurlaub. Der weitere Verteidiger, Rechtsanwalt S , hat ebenfalls unverzüglich nach Erhalt der Ladung Terminsverlegung beantragt, da er am 06., 08. und 20. Juli 2004 jeweils in anderen Strafsachen vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin gebunden sei.
Mit Verfügung vom 09. Juni 2004 hat der Vorsitzende der Berufungskammer die Anträge als unbegründet zurückgewiesen. Die drei Verteidiger müssten in der Lage sein, die Verteidigung zu bewerkstelligen. Im Übrigen liege ein Fall notwendiger Verteidigung nicht vor. Darüber hinaus habe der Angeklagte gewusst, dass eine Verhandlung bevorstehe.
Hiergegen richtet sich die von den Rechtsanwälten Dr. P und F namens ihres Mandanten eingelegte Beschwerde vom 15. Juni 2004, der der Vorsitzende mit Verfügung vom 16. Juni 2004 nicht abgeholfen hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der ablehnenden Entscheidung über die Terminsverlegung sowie zur Aufhebung der anberaumten Hauptverhandlungstermine.
1.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 304 Abs. 1 StPO). Zwar ist eine ablehnende Verfügung des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts im Hinblick auf § 305 Abs. 1 StPO in der Regel unanfechtbar (Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. Rdnr. 8 zu § 213 m.w.N.). Sie ist jedoch nach der vom Senat geteilten herrschenden Meinung ausnahmsweise dann statthaft, wenn eine in rechtsfehlerhafter Ermessenausübung getroffene Entscheidung für Verfahrensbeteiligte eine besondere selbstständige Beschwer bewirkt, weil sie zum Beispiel unschwer vermeidbar das Recht des Angeklagten beeinträchtigt, sich des Beistandes eines Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen (OLG München, NStZ 1994, 451) und die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung evident ist (KG Berlin, Beschluss vom 16. Februar 1998 - 4 Ws 28/98 -). Dies macht der Angeklagte vorliegend geltend, indem er vorträgt, die Ablehnung der Terminsverlegung trotz Verhinderung aller drei Wahlverteidiger trage ermessensfehlerhaft seinem Recht, einen Verteidiger seines Vertrauens bei der Hauptverhandlung zugegen zu haben, nicht (ausreichend) Rechnung.
2.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Zwar ergibt sich aus dem Grundsatz der Terminshoheit des Vorsitzenden einer Strafkammer nach § 213 StPO eine Einschränkung der Überprüfbarkeit seiner angefochtenen Verfügung. Sie ist danach nur dahingehend zulässig, ob der Vorsitzende bei seiner Terminierung die rechtlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens eingehalten oder ob er sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat. Dabei hat er das staatliche Interesse an der reibungslosen und beschleunigten Durchführung des Stra...