Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentum. Kostenfestsetzungsbeschwerde in WEG-Sachen
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 04.11.2009; Aktenzeichen 1 URII 104/07) |
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 16.06.2009) |
Tenor
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 04.11.2009 wird abgeändert.
2. Die nach dem rechtskräftigen Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.06.2009 von der Beschwerdeführerin N.N. an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten werden auf 933,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab 27.09.2009 festgesetzt.
3. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit Schriftsatz vom 27.02.2007 verlangte die Antragstellerin von dem Antragsgegner der Hausverwaltung B., Inhaber W. B., Rückgewähr und Schadensersatz.
Der Antrag wurde zugestellt am 01.03.2007.
Das Amtsgericht Nürnberg gab mit Beschluss vom 16.09.2009 den Anträgen in vollem Umfang statt.
Gegen diesen Beschluss richtete sich die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin, der Hausverwaltung B. GmbH.
Mit Beschluss vom 16.07.2009 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth nach mündlicher Verhandlung die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführerin wurden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Der Streitwert wurde auf EUR 4.103,80 festgesetzt.
Mit Antrag vom 21.07.2009 beantragte die Antragstellerin im Rahmen der Kostenfestsetzung nach § 13 RVG i.V.m. VV Nr. 3200 einen Gebührensatz von 1,6 für das Verfahren und i.V.m. VV Nr. 3202 einen solchen von 1,2 für die Terminswahrnehmung nebst Auslagen und Mehrwertsteuer, insgesamt 933,44 EUR.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.11.2009 setzte das Amtsgericht Nürnberg die zu erstattenden Kosten auf 576,08 EUR nebst Zinsen fest. Es entnahm dabei den Gebührensatz in Höhe von 0,5 aus Nummer 3500 VV RVG.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die die Kosten in vollem Umfang festgesetzt haben möchte.
Wegen der Begründung wird auf den Kostenfestsetzungsbeschluss und die Ausführungen der Antragstellervertreter Bezug genommen.
Die Hausverwaltung B. GmbH gab keine Erklärung ab.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Antragstellerin stehen zu erstattende Gebühren in Höhe von insgesamt 933,44 EUR nebst Zinsen zu.
1.
Anzusetzen ist ein Gebührensatz von 1,6 für das Verfahren nach Nr. 3200 VV RVG und ein Gebührensatz von 1,2 für die Terminswahrnehmung nach Nr. 3202 VV RVG nebst Pauschalen und Mehrwertsteuer.
Dies ergibt sich aus der weiterhin notwendigen Anwendung der vor dem 01.07.2007 geltenden Vorschriften gem. Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 VV RVG a.F. Dort ist unter Nr. 2 c festgehalten:
”(1) Dieser Unterabschnitt ist auch anzuwenden.
…
2. in Verfahren über Beschwerden
…
c) in Verfahren nach § 43 des Wohnungseigentumsgesetzes.
…”
Zwar wurde die Vorbemerkung Nr. 3.2.1 Abs 1 Nr. 2 c VV RVG aufgehoben durch Artikel 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 26.03.2007 (BGBl. I 370). Diese Aufhebung betrifft nach Auffassung der Kammer jedoch nur solche Verfahren, die nach den Verfahrensvorschriften des neuen WEG, mithin nach dem 01.07.07 eingeleitet wurden. Für die Verfahren, die vor dem 01.07.07 bei Gericht anhängig waren, gilt die Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 c a.F. VV RVG nach wie vor.
1.1
Denn gemäß § 62 WEG n.F. behielten für diese Verfahren die alten Verfahrensvorschriften ihre Gültigkeit. Dies erfasst aber auch die Gebührenvorschriften, die für die Durchführung dieser Verfahren gelten. Den Rechtsanwälten stehen für die nichtabgeschlossenen Altverfahren die Gebühren zu, die nach den alten Verfahrensvorschriften angefallen wären.
1.2
Die Komplettaufhebung – ohne Übergangsregelung – der Vorbemerkung Abs. 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 c a.F. VVRVG schuf eine systemwidrige Regelungslücke, die sinnvollerweise nur durch die weitere Anwendung dieser Vorschrift auf WEG – Altverfahren geschlossen werden kann (vgl. LG Wuppertal ZMR 08, 996):
- • Denn für vollständig abgeschlossene WEG-Altverfahren erhielt der Anwalt nach der alten Fassung für das Verfahren in der Hauptsache in der Beschwerdeinstanz einen Gebührensatz von 1,6 nach Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 c a.F. VV RVG.
- • Für die neuen Berufungsverfahren erhält er nunmehr nach Nr. 3200 VV RVG einen Gebührensatz von 1,6.
Es ist nicht ersichtlich, warum die Rechtsanwälte für die vor dem 01.07.2007 eingeleiteten, aber danach noch in der Beschwerdeinstanz befindlichen WEG-Verfahren in der sofortigen Beschwerde über die Hauptsache nur einen Gebührensatz von 0,5 erhalten sollten. Eine solche Ungleichbehandlung gegenüber den oben aufgezählten Sachverhalten wäre nicht zu rechtfertigen (vgl. Göttlich-Mümmler, RVG, Wohnungseigentumssachen 1.1). Entscheidend ist, dass es sich bei der maßgeblichen sofortigen Beschwerde in der Hauptsache um ein echtes Streitverfahren handelt. Damit entspricht diese sofortige Beschwerde der Berufung nach neuem Recht. Eine Gleichbe...