Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumsverfahren
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 133/89 WEG) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 14.12.1989 (AZ: 1 UR II 133/89 WEG) wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführer haben die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf DM 6.000,– festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Eigentümer der Eigentumswohnanlage F. S. …, die von dem Beteiligten zu 4) verwaltet wird.
Der Beteiligte zu 1) ist Eigentümer der Wohnungen Nr. 1 und Nr. 4 laut Aufteilungsplan; die Wohnung Nr. 1 – im Erdgeschoß gelegen – ist vermietet. Die Mieterin übt in dieser Wohnung die Prostitution aus.
Die Teilungserklärung vom 06.12.1984 – Urkunde des Notars D. H., Urkunden-Rollen-Nr. 2755 Hö/1984 – enthält in § 4 – Art der Nutzung – folgende Bestimmungen:
- „Der Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Wohnung nach Belieben zu nutzen, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder aus diesem Vertrag ergeben. Im Interesse des friedlichen Zusammenlebens der Hausgemeinschaft aller Hausbewohner ist das Wohnungseigentum so auszuüben, daß weder einem anderen Hausbewohner, noch einem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Die zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmten Räume, Anlagen, Einrichtungen und Teile des Grundstücks sind schonend und pfleglich zu behandeln.”
- „Zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung, ist der Wohnungseigentümer ohne Einwilligung des Verwalters oder anderer Wohnungseigentümer berechtigt.”
- „Will der Wohnungseigentümer die Wohnung ganz oder zum Teil einem Dritten zur Benutzung überlassen, so bedarf es ebenfalls keiner Einwilligung.”
- „Art und Weise der Ausübung der dem Wohnungseigentümer hiernach zustehenden Rechte zur Nutzung der Wohnung und zur Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Grundstücksflächen sowie Art und Umfang der ihm hiernach obliegenden Pflichten ist durch eine Hausordnung zu regeln, über welche die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen.”
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 01.08.1988 wurden Beschwerden verschiedener Wohnungseigentümer wegen der Prostitutionsausübung in der Wohnung Nr. 1 des Beteiligten zu 1) laut.
Hierauf wurde unter TOP 1 mit Stimmenmehrheit (6 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme) folgender Beschluß gefaßt:
Ergänzung der bestehenden Hausordnung, Absatz 2:Gegenseitige Rücksichtnahme, als Zusatz um folgende Punkte:
Um eine zweckwidrige Nutzung der Wohnungen des Sondereigentums zu unterbinden, dürfen gewerblich folgende Berufsgruppen in den Wohnungen des Vorderhauses F. S. …nicht ausgeübt werden:
- Produzierendes Handwerk mit Maschinenpark, wie Schlosser, Schreiner, Installateur und dergleichen.
- Ausschank mit Barbetrieb, Sauna, Sonnen- und Massagestudios.
- Prostitution.
Von folgenden Berufsgruppen dürfen die Wohnungen des Sondereigentums gewerblich oder freiberuflich genutzt werden:
- Arzt- und Zahnarztpraxen, Rechtsbeistände, steuerberatende Berufe, Inkassebetriebe sowie Bürobetriebe dergleichen.
Auf das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 01.08.1989 wird im übrigen Bezug genommen (Blatt 28 und 29 d.A.).
Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 31.08.1989, bei Gericht an diesem Tag eingegangen, hat der Beteiligte zu 1) beantragt,
festzustellen, daß der Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung vom 01.08.1989, gerichtet auf Ergänzung auf bestehenden Hausordnung, Absatz 2 – protokolliert unter TOP 1 – ungültig ist.
Zur Begründung hat er ausgeführt, daß der angefochtene Beschluß gegen die Teilungserklärung verstoße. § 4 Nr. 4 ermächtige die Wohnungseigentümer nicht zu Mehrheitsbeschlüssen, die das grundsätzliche Recht der Wohnungseigentümer aus § 4 Nr. 1 der Teilungserklärung zur gewerblichen Nutzung ihrer Wohnungen beschränken. Vielmehr werde von § 4 Nr. 4 nur eine Hausordnung gedeckt, die zum Inhalt habe, die Art und Weise der Ausübung der Rechte, nicht aber deren Inhalt, zu regeln.
Die Beteiligten zu 2) sind dem Antrag entgegengetreten; sie sind der Auffassung, daß § 4 Nr. 4 der Teilungserklärung einen Mehrheitsbeschluß zulasse, der bestimmte Berufsgruppen von der gewerblichen Nutzung der Wohnungen ausschließe, wenn die Nutzung durch Angehörige derartiger Berufe erfahrungsgemäß eine erhebliche Belästigung für die übrigen Wohnungseigentümer zur Folge habe. Der angefochtene Beschluß stelle nur eine Konkretisierung der Regelung des § 4 Nr. 1 der Teilungserklärung dar.
Im übrigen habe die Ausübung der Prostitution durch die Mieterin des Antragstellers erhebliche Belästigungen für die übrigen Miteigentümer tatsächlich zur Folge.
Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrages wird auf den Schriftsatz vom 26.09.1989 (Blatt 33 bis 38 d.A.) verwiesen.
Die übrigen Wohnungseigentümer (die Beteiligten zu 3)...