Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Kostenerinnerung
Tenor
Auf die Beschwerde des … wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Kehl vom 24. November 1997 – 2 AK 294/97 – abgeändert.
Dem Beschwerdeführer sind von der Staatskasse weitere 402,50 DM zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden der Staatskasse auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf 402,50 DM festgesetzt.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft Offenburg beschuldigte … am 08.08.1995 einen Verkehrsunfall verursacht und den Unfallort unerlaubt verlassen zu haben. Im Ermittlungsverfahren wurde Rechtsanwalt … als Verteidiger für den Beschwerdeführer tätig. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Kehl vom 27.12.1995 wurde gegen … wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubter Entfernung vom Unfallort auf eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 60,00 DM erkannt. Der Beschwerdeführer legt dagegen mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 08.01.1996 rechtzeitig Einspruch ein und begründete diesen mit Schriftsatz vom 06.02.1996. Mit Verfügung vom 14.02.1996 nahm die Staatsanwaltschaft den Strafbefehlsantrag zurück und stellte das Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO ein.
Mit Schriftsatz vom 16.04.1996 beantragte der Verteidiger Kostenfestsetzung gegen die Staatskasse wie folgt:
Gebühr §§ 84 11, 83 13 BRAGO |
350,00 DM |
Gebühr § 84 II BRAGO |
350,00 DM |
Post-/Telekommunikationsentgelte § 26 BRAGO |
30,00 DM |
22 Fotokopien § 27 BRAGO |
22,00 DM |
Zwischensumme netto |
752,00 DM |
15% Mehrwertsteuer |
112,80 DM |
SUMME |
864,80 DM. |
Dieser Erstattungsbetrag wurde durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 26.06.1996 (2 Cs 59095) festgesetzt.
Durch Verfügung vom 05.03.1997 nahm die Staatsanwaltschaft nach Vorsprache des Geschädigten das Verfahren wieder auf und erhob unter dem selben Datum Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen Körperverletzung. Der Verteidiger nahm mit Schriftsätzen vom 26.03.1997 und 26.05.1997 zu dem Anklagevorwurf Stellung. Mit Beschluß vom 22.07.1997 – 2 AK 294/97 – lehnte das Amtsgericht Kehl die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.
Mit Schriftsatz vom 23.10.1997 beantragte der Verteidiger Kostenfestsetzung wie folgt:
Gebühr § 83 I 3 BRAGO |
700,00 DM |
Post-/Telekommunikationsentgelte § 26 BRAGO |
30,00 DM |
18 Fotokopien § 27 BRAGO |
18,00 DM |
Zwischensumme netto |
748,00 DM |
15% Mehrwertsteuer § 25 BRAGO |
112,20 DM |
SUMME |
860,20 DM. |
Durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24.11.1997 setzte der Rechtspfleger den von der Staatskasse dem Beschwerdeführer zu erstattenden Betrag auf 423,20 DM fest. Aus der Akte ergibt sich nicht, ob und gegebenenfalls wann der Beschluß dem Beschwerdeführer bzw. seinem Verteidiger zugestellt wurde. Eine telefonische Rückfrage beim Amtsgericht Kehl ergab, daß auch dort ein Zustellungsnachweis nicht vorhanden ist. Mit Schriftsatz vom 23.12.1997 wandte sich der Verteidiger gegen die Anrechnung der Gebühr nach § 84 Abs. 2 BRAGO und beantragte, den Differenzbetrag zu der Kostennote vom 22.10.1997 zu erstatten. Auf einen entsprechenden Hinweis, zu dem eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gesetzt wurde, legte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 26.01.1998 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24.11.1997 Erinnerung ein. Der Rechtspfleger und die Strafrichterin des Amtsgerichts Kehl halfen der Erinnerung nicht ab.
Die (sogenannte Durchgriffs-) Erinnerung gilt als Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers (§ 11 Abs. 2 Satz 4 und 5 Rechtspflegergesetz).
Sie ist dahingehend auszulegen, daß mit ihr der im Kostenfestsetzungsbeschluß nicht zuerkannte Betrag von 350,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt also 402,50 DM, geltend gemacht wird. Die Erinnerung wendet sich nicht dagegen, daß die Pauschgebühr von 30,00 DM in dem zweiten Festsetzungsbeschluß nicht noch einmal zuerkannt wurde.
Soweit der Verteidiger in seinem Schriftsatz vom 26.01.1998 außerdem weitere Gebühren geltend macht, die bisher noch nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens waren, geht die Kammer davon aus, daß insoweit nicht Erinnerung eingelegt, sondern eine Entscheidung des Rechtspflegers im Rahmen eines weiteren Kostenfestsetzungsbeschlusses herbeigeführt werden soll.
So ausgelegt ist die Beschwerde zulässig. Zwar konnte eine rechtzeitige Erinnerungseinlegung nicht festgestellt werden, da ein Nachweis über die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht vorhanden ist. Das Rechtsmittel ist jedoch bei Zweifel über die Fristwahrung als zulässig zu behandeln (vgl. Kleinknecht/Meyer – Goßner StPO, 40. Auflage, § 261 Randnummer 35).
Die Beschwerde ist begründet.
Dem Beschwerdeführer sind notwendige Auslagen in Höhe einer weiteren hälftigen Verteidigergebühr aus der Staatskasse zu erstatten. Nach Anklageerhebung ist der Verteidiger im gerichtlichen Verfahren, bei dem keine Hauptverhandlung stattfand, tätig geworden, so daß zunächst die hälftige Gebühr nach § 84 Abs. 1, 3. Alternative BRAGO verdient worden ist. Unter Mitwirkung des Verteidigers durch Schriftsatz vom 26.05...