Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Rechtsanwalts: Falschauskunft im Rahmen der Rechtsberatung für einen Mieterverein

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bedient sich ein Mieterverein bei der Rechtsberatung seiner Mitglieder eines Rechtsanwalts, so kommt in der Regel für die Rechtsberatung nur zwischen dem Vereinsmitglied und dem Mieterverein ein Vertragsverhältnis zu Stande.

2. Für eine Falschberatung haftet der Rechtsanwalt in diesem Fall auch nicht aus culpa in contrahendo nach den Grundsätzen einer Eigenhaftung des Vertreters. Insbesondere nimmt er nur durch seine Eigenschaft als Rechtsanwalt kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch.

3. Zwischen dem Vereinsmitglied und dem Rechtsanwalt kommt erst durch Hinzutreten weiterer Umstände ein eigenständiges Vertragsverhältnis zu Stande. Dies ist beim Unterschreiben einer schriftlichen Bevollmächtigung anzunehmen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte in Ziffer 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 3.000,00 vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits sind Schadensersatzansprüche des Klägers aus einer behaupteten anwaltlichen Falschberatung durch die Beklagte.

Der Kläger hatte von einem Herrn L. in Achern eine 4-Zimmer-Wohnung nebst 2 Nebenräumen angemietet. In diesem schriftlichen Mietvertrag vom 04.11.1996 (AS. 45) ist zur Vertragsdauer folgendes bestimmt: "Vertragsdauer = 5 Jahre = 01.10.1996 bis 31.10.2001. Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate. Wird nichts weiteres vereinbart, verlängert sich der Vertrag jeweils um ein Jahr." In den Räumen hatte der Kläger als Mieter ein Tatoo-,Tätowierungs- und Piercingstudio betrieben. Die monatliche Kaltmiete hatte ab 01.11.1998 DM 1.154,00 und ab 01.05.2000 DM 1.500,00 betragen. Zusätzlich waren Nebenkosten in Höhe von monatlich DM 150,00 zu bezahlen gewesen.

Da der Kläger ein für ihn besser geeignetes Objekt fand, suchte er im Juni 1998 den Mieterverein Offenburg zusammen mit der Zeugin M. auf. Dort trafen sie auf die Beklagte. Diese war bereits zu dieser Zeit als Rechtsanwältin im Landgerichtsbezirk Offenburg zugelassen und als Mieterberaterin für den Mieterverein Offenburg tätig. Der Kläger teilte der Beklagten mit, er beabsichtige neue Räumlichkeiten anzumieten. Aus diesem Grund habe er den zwischen ihm und Herrn L. am 14.11.1996 geschlossenen Mietvertrag mitgebracht. Die Beklagte möge ihn dahingehend beraten, ob das Mietverhältnis gekündigt werden könne. Da die Beklagte auf die schwierige Rechtslage verwies, übergab sie dem Kläger und der Zeugin M. die Visitenkarte ihrer Rechtsanwaltskanzlei und wies darauf hin, die Rechtslage erst prüfen zu müssen. Man möge doch sich telefonisch in den nächsten Tagen unter der dort angegebenen Rufnummer bei ihr melden, dann könne sie mehr dazu sagen.

Wenige Tage später rief die Zeugin M. im Auftrag des Klägers unter der auf der übergebenen Visitenkarte angegebenen Rufnummer in der Kanzlei der Beklagten an und sprach mit der Beklagten. Der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.

Am 20.06.1998 schloß der Kläger mit Frau S. einen neuen Mietvertrag über Räumlichkeiten. Auf den Inhalt dieses Mietvertrages (AS. 47-53) wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 24.06.1998 (AS. 111) kündigte der Kläger das mit Herrn L. geschlossene Mietverhältnis zum 30.09.1998. Im Hinblick auf die Regelung zur Vertragsdauer in dem Mietvertrag vom 04.11.1996 (AS. 45) war der ursprüngliche Vermieter L. mit der Kündigung nicht einverstanden und forderte eine Fortsetzung des Mietverhältnisses über den im Kündigungsschreiben genannten Termin hinaus. Daraufhin versah die Zeugin M. das maschinengeschriebene Kündigungsschreiben vom 24.06.1998 mit dem dort ersichtlichen handschriftlichen Vermerk (AS. 111) und übersandte dieses Schriftstück der Beklagten per Telefax. Diese wiederum reagierte umgehend mit einem durch sie vorformulierten handschriftlichen Antwortschreiben (AS. 113), das der Kläger maschinenschriftlich dem Vermieter L. übersandte (AS. 115). Da auch dieses Schreiben dem Vermieter L. nicht zur Aufgabe seiner Rechtsposition bewegte, unterzeichnete der Kläger am 13.10.1998 (AS. 117) eine Bevollmächtigung der Beklagten als Rechtsanwältin. Es kam dann zunächst vor dem Amtsgericht Achern unter dem Aktenzeichen 1 C 273/99 zwischen dem Kläger und dem Vermieter L. zu einem Rechtsstreit. Mit Urteil vom 09.12.1999 (AS. 55-73) bestätigte das Amtsgericht Achern die Rechtsauffassung des Vermieters L., wonach das Mietverhältnis nicht durch das Kündigungsschreiben des Klägers vom 24.06.1998 (AS. 111) wirksam beendet werden konnte. Die Berufung des Klägers - nunmehr anderweitig anwaltlich vertreten - gegen dieses Urteil wies das Landgericht Baden-Baden 3 S 3/00 mit Urteil vom 13.04.2000 (AS. 75-79) zurück.

Der Kläger behauptet, bei dem Telefongespräch zwischen der Beklagten und der Zeugin M. wenige Tage nach der Besprechungen in den Räumlichkeiten des Mietervereins sei seitens der Beklagten geä...

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