Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage des Mieters gegen den Vermieter wegen Störung durch Mitmieter

 

Orientierungssatz

1. Den Vermieter kann im Hinblick auf die sich aus dem Mietvertrag ergebende Fürsorgepflicht die Verpflichtung treffen, gegen das, einen Mieter störende Klavierspiel eines Mitmieters aus dem Nebenhaus vorzugehen.

2. Die Klage, mit der der Mieter ein Tätigwerden des Vermieters erreichen will, muß im Klageantrag die beanstandete Lärmeinwirkung genau beschreiben und eine genaue Angabe enthalten, was der Mieter vom Vermieter verlangt.

3. Eine allgemeine Formulierung: "Lärm insoweit zu unterbinden" ist zu unbestimmt.

 

Normenkette

BGB §§ 862, 968, 906, 1004, 535, § 535ff; ZPO §§ 91a, 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Offenburg (Beschluss vom 19.12.1989; Aktenzeichen 2 C 549/89)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 28. Dezember 1989 wird der Beschluß des Amtsgerichts Offenburg vom 19. Dezember 1989 (2 C 549/89) dahin abgeändert, daß die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz gegeneinander aufgehoben werden.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gleichfalls gegeneinander aufgehoben.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt zwischen

2.700,– DM und 3.000,– DM

 

Gründe

1. Die Kläger haben beim Amtsgericht Offenburg Klage eingereicht mit dem Ziel, daß der Beklagte verurteilt wird, Lärm zu unterlassen bzw. zu unterbinden. Wegen der Antragstellung im einzelnen wird auf die Klageschrift vom 21. April 1989 (AS. 1–3) Bezug genommen. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger sind Mieter des Hauses Offenburg, Silcherweg 9, das im Eigentum des Beklagten steht. Im Nachbarhaus waren Frau H. G. und ihr Sohn Florian wohnhaft. Die Kläger haben behauptet, F. G. habe täglich von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr mit Unterbrechungen Klavier gespielt; außerdem habe er öfters eine Stereo-Anlage in voller Lautstärke laufen lassen. Diese Lärmstörungen seien unerträglich gewesen. Sie haben daher den Beklagten, wie eingangs erwähnt, verklagt.

Das Amtsgericht Offenburg hat am 11. Juli und 29. August 1989 über die von den Klägern behaupteten Beeinträchtigungen Beweis durch Vernehmung zahlreicher Zeugen erhoben; auf die Vernehmungsniederschriften (AS. 47–67 und AS. 135–143) wird verwiesen.

Nach dem Auszug von F. G. haben die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt (AS. 203–205). Das Amtsgericht Offenburg hat hierauf durch Beschluß vom 19. Dezember 1989 (AS. 211–215), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt. Gegen diesen ihm am 22. Dezember 1989 zugestellten Beschluß hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 28. Dezember 1989, bei Gericht am 29. Dezember 1989 eingekommen, sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, daß es nicht angebracht ist, ihm die Kosten aufzuerlegen; wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den genannten Schriftsatz (AS. 223–225) verwiesen. Die Kläger sind der sofortigen Beschwerde durch Schriftsatz vom 31. Januar 1990 (AS. 229–231) entgegengetreten.

2. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 91 a Abs. II, 577 Abs. II ZPO). Sie ist auch teilweise begründet. Nach § 91 a Abs. I Satz 1 ZPO entscheidet das Gericht über die Kosten eines Rechtsstreits, den die Parteien in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Dabei ist der voraussichtliche Ausgang des Rechtsstreits, wenn die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden wäre, maßgebliches Kriterium für die Kostenentscheidung (Thomas-Putzo, 15. Auflage, Anm. 10 b zu § 91 a ZPO). Im Gegensatz zu der im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung des Amtsgerichts Offenburg ist die Kammer nicht der Ansicht, daß die Kläger mit ihrer Klage in vollem Umfang Erfolg gehabt hätten. Sie hält vielmehr den Ausgang des Verfahrens noch für offen.

a) Immissonen können zu Beeinträchtigungen eines Mietverhältnisses und als Mangel der Mietsache zu Minderung des Mietzinses, eventuell auch zu Schadensersatzansprüchen und zur Kündigung führen. Außerdem kann ein Mieter gegen den Störer, auch einen Dritten, wegen Beeinträchtigung seines Besitzes vorgehen. Andererseits ist auch ein Vermieter verpflichtet, Immissionen durch Dritte abzuwenden und gegen diese unter Umständen gemäß §§ 862, 869, 906, 1004 BGB vorzugehen, ohne den Mieter darauf verweisen zu können, daß er selbst Abwehransprüche gegen den störenden Dritten geltend machen könnte. Im Hinblick auf die dem Vermieter aus dem Mietvertrag obliegende Fürsorgepflicht wird dem Mieter in besonderen Fällen auch ein Anspruch gegen den Vermieter zustehen, der diesem auferlegt, sich wegen der Störungen gegen den Dritten zu wenden (vgl. zum Ganzen Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, II 103 ff.; Köhler, Handbuch der Wohnraummiete, 3. Auflage, § 61; Bub/Treier-Kraemer, III B 1344).

Die Einzelheiten hierzu sind problematisch und teilweise streitig. Im Rahmen einer Entscheidung nach § 91 a ZPO ist es...

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