Leitsatz (amtlich)

›Die fehlerhafte medizinische Abklärung der Ursache der Blauverfärbung und Schwellung des Beines eines Patienten und die unterlassene Überweisung an eine andere (eine Maximalversorgung der Klägerin leistende) Klinik begründen einen Schmerzensgeldanspruch.‹

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Leistung eines Schmerzensgeldes sowie um die Feststellung der Ersatzverpflichtung für zukünftige materielle und immaterielle Schäden.

Die am 05.08.1997 geborene Klägerin wurde am 21.08.1997 dem Kinderarzt Dr. X vorgestellt, weil der Mutter beim Wickeln der Klägerin aufgefallen war, daß das linke Bein der Klägerin sich blau verfärbt hatte. Zudem war das linke Bein ca. 3 cm dicker als das rechte Bein. Der Kinderarzt überwies die Klägerin zur Vorstellung in die Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin des Y-Krankenhauses. Im Rahmen der zunächst lediglich ambulanten Vorstellung wurde eine Sonographie des Schädels und des Abdomens durchgeführt, bei der sich keine Besonderheiten ergaben. Am späten Abend des 21.08.1997 bzw. in der Nacht zum 22.08.1997 erfolgte dann die stationäre Aufnahme der Klägerin im Y-Krankenhaus in Z. Die Klägerin ist und war Kassenpatientin und dementsprechend wurde sie im Rahmen eines einheitlichen Krankenhausvertrages aufgenommen. Bei der stationären Aufnahme wurde die Klägerin durch die Ärzte des Y-Krankenhauses untersucht, als vorläufige Diagnose wurde ein Hämatom des linken Beines in die Krankenunterlagen eingetragen bei Verdacht auf eine Abschnürung durch Kleidungsstücke (z. B. Windeln); ferner wurde an das Vorliegen einer Vitamin-K-Mangelblutung gedacht. Am 22.08.1997 wurde ein sogenanntes Babygramm sowie eine Röntgenaufnahme des Schädels in zwei Ebenen durchgeführt, allerdings ohne Befund. Eine Sonographie des Schädels ergab ebenfalls keine auffälligen Befunde. Ferner wurde eine Abdomensonographie durchgeführt und Ultraschallbilder des linken und rechten Oberschenkels gefertigt.

Die Klägerin verblieb bis zum 26.08.1997 im Y-Krankenhaus. Anläßlich des Entlassungsgespräches wurde den Eltern der Klägerin nochmals erklärt, daß die Ursache der Blaufärbung und Schwellung der Beine allein dadurch verursacht worden sein, daß die Klägerin zu stramm gewickelt worden sei. Am Entlassungstage hatte sich die Blaufärbung des linken Beines zurückgebildet, das linke Bein war aber noch dicker als das rechte Bein. Da in der Folgezeit das linke Bein der Klägerin weiterhin eine Schwellung zeigte, überwies der Kinderarzt Dr. X auf Veranlassung der Mutter der Klägerin die Klägerin an die Universitätsklinik XX. Dort wurde am 27.11.1997 die Diagnose "Zustand nach Thrombose der Vena cava und Nierenvenenthrombose rechts" gestellt. Die Klägerin verblieb bis zum 05.12.1997 in der Kinderklinik XX, bei ihr wurde eine medikamentöse Thromboseprophylaxe durchgeführt, die rechte Niere war funktionslos. Es stellte sich dann bei der Klägerin Bluthochdruck ein mit der Folge, daß im Juni 1998 anläßlich eines Aufenthaltes in der Kinderklinik XX vom 02.06. - 08.06.1998 die rechte Niere entfernt wurde.

Die Klägerin leidet noch heute unter den Folgen der Thrombose und zwar insoweit, als bei warmer Witterungslage das linke Bein anschwillt. Ferner hat sich ein Umgehungskreislauf gebildet; die Ader verläuft sichtbar wulstig direkt über der Haut vom Bein zum Herzen. Des weiteren litt die Klägerin (zunächst) unter Bluthochdruck, sie musste täglich den Blutdruck messen und dreimal täglich Medikamente zur Stabilisierung des Blutdrucks einnehmen. Inzwischen hat sich der Blutdruck relativ normalisiert, jedoch ist weiterhin eine ständige Kontrolle des Blutdrucks notwendig und halbjährlich muß bei einem Nephrologen in der Universitätsklinik XX eine Kontrolluntersuchung durchgeführt werden.

In einem durchgeführten Schlichtungsverfahren hat Prof. Dr. YY (Direktor der Abteilung für Pädiatrische Nephrologie) in seinem Gutachten vom 28.06.1999 (Bl. 8 - 20 d.A.) ausgeführt, daß den behandelnden Ärzten des Beklagten bei der Behandlung der Klägerin ein ärztlicher Fehler unterlaufen sei.

Die Klägerin behauptet unter Hinweis auf das Gutachten von Prof. Dr. YY, zu Beginn der stationären Behandlung hätte eine Venenthrombose durch die Ärzte des Beklagten festgestellt und entsprechend behandelt werden können, die verschlossene Vene wäre dann rechtzeitig geöffnet worden und die Folgeerscheinungen (Bluthochdruck, Bildung eines Umgehungskreislaufes sowie Nierenvenenthrombose mit der Folge der Nierenentfernung) wären dann nicht aufgetreten. Der von den Ärzten geäußerte Verdacht einer Vitamin-K-Mangelblutung gehöre demgegenüber nicht zu den in der Literatur beschriebenen Symptomen einer einseitigen Beinschwellung. Da das gesamte linke Bein geschwollen gewesen sei, sei die Durchführung einer Beinvenensonographie nicht ausreichend gewesen, vielmehr hätte auch eine Beurteilung der Beckenvenen und der Vena cava erfolgen müssen. Spätestens am 2 bzw. 3 Tag des stationären Aufenthaltes hätten die Ärzte nach Erhalt der Gerinnungswerte andere diagnostische Met...

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