Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Geschäftswerts für die Gerichtsgebühren im Fall der Fortführung eines schuldnerischen Unternehmens während des Insolvenzverfahrens
Normenkette
GKG § 58 Abs. 1 Sätze 1-2; InsO § 63 Abs. 1 S. 2, § 65
Tatbestand
Es geht um die Frage, wie der Geschäftswert für die Gerichtsgebühren im Fall der Fortführung des schuldnerischen Unternehmens während des Insolvenzverfahrens zu berechnen ist.
I.
Im vorliegenden Fall hat der Insolvenzverwalter das auf Eigenantrag der Schuldnerin am 1.12.2001 eröffnete Insolvenzverfahren zunächst fortgeführt, mit Schreiben v. 7.3.2011 aber (samt Übergabe von Schlussrechnung, Bericht, Verzeichnis usw.) angeregt, es einzustellen, weil die Insolvenzmasse nicht ausreiche, die Kosten des Verfahrens zu decken; die spätere Berichtigung des Schlussverzeichnisses interessiert hier nicht weiter. Die Schlussrechnung weist einen Restmassebestand von 284.915,16 EUR aus.
Bei seinem Vergütungsantrag v. 21.7.2011 geht der Insolvenzverwalter von einer Berechnungsgrundlage über 1.670.864,89 EUR aus, wobei für die Betriebsfortführung nur der Überschuss (Gesamteinnahmen abzgl. Kosten der Betriebsfortführung) angesetzt wurde; zum daraus entfallenden Regelsatz (61.167,30 EUR) wurde neben anderen zahlreichen Erhöhungstatbeständen ein Zuschlag von 75% für die Betriebsfortführung geltend gemacht. Über den Antrag (Gesamtsumme 356.666,51 EUR) ist noch nicht entschieden (Beschluss über eine Vorschussbewilligung von 297.500 EUR).
Ausgehend von dem genannten Geschäftswert über 1.670.864,89 EUR hat der Kostenbeamte am 10.8.2011 einen Kostenansatz über Gerichtskosten i.H.v. 19.413,32 EUR erstellt, was (abzgl. schon gezahlter Gerichtskostenvorschüsse über 49.616,47 EUR) zu einem Erstattungsbetrag aus der Staatskasse von 30.203,15 EUR geführt hätte (Kostenheft XXV). Dem trat der vom Kostenbeamten zur Stellungnahme aufgeforderte Bezirksrevisor (Beteiligter zu 1) entgegen und machte – unter Berufung auf eine neuere OLG-Entscheidung (dazu s.u. II.) – geltend, für den Geschäftswert sei bei einer Betriebsfortführung (nicht nur auf den verbleibenden Überschuss, sondern) auf die insgesamt erzielten Einnahmen – ohne Abzug von Kosten der Betriebsfortführung – abzustellen.
Im Anschluss daran erstellte der Kostenbeamte – nach Anhörung des Insolvenzverwalters – unter Berücksichtigung des sich dann ergebenden Geschäftswerts von (12.333.915,57 EUR zzgl. vom Finanzamt noch zu erstattender USt über 56.265,26 EUR =) 12.390.181,43 EUR am 14.10.2011 einen neuen Kostenansatz über Gerichtskosten i.H.v. 83.617,32 EUR, was (abzgl. des genannten Vorschusses) noch offene Gerichtskosten von 34.000,85 EUR ergibt (Kostenheft XXVII). Die dagegen vom Insolvenzverwalter eingelegte Erinnerung wurde vom Insolvenzgericht Passau – Rechtspfleger – mit Beschl. v. 27.10.2011 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 3.11.2011 eingereichte Beschwerde des Insolvenzverwalters, welcher der Rechtspfleger nicht abhalf, sondern dem LG zur Entscheidung vorlegte. Der dort zuständige originäre Einzelrichter hat das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im GVG vorgeschriebenen Besetzung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache übertragen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Insolvenzgericht hat bei Bestimmung des Geschäftswerts für die Gerichtsgebühren zu Recht die bei Fortführung des schuldnerischen Unternehmens erzielten fortführungsbedingten Einnahmen wie sonstige Einnahmen des Verwalters berücksichtigt; im Rahmen des § 58 Abs. 1 GKG ist es nämlich nicht möglich, lediglich den nach Abzug der Geschäftsausgaben verbleibenden Einnahmeüberschuss – entsprechend § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsVV – einzustellen.
1. Ausgangspunkte
a) Die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und für die Dauer des Insolvenzverfahrens werden gem. § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert der Insolvenzmasse zzt. der Beendigung des Verfahrens erhoben; massezugehörig sind auch Früchte, Nutzungen und Zinsen. Nicht zur Insolvenzmasse gehören demgegenüber Aussonderungsrechte (§§ 47, 48 InsO); für Gegenstände, die zur abgesonderten Befriedigung dienen, trifft § 58 Abs. 1 Satz 2 GKG eine Sonderregelung.
Zu Massekosten und Masseschulden oder vom Insolvenzverwalter freigegebenen Gegenstände besteht vom Grundsatz her Übereinstimmung, dass kein Abzug zu erfolgen hat (allg. M., vgl. nur Hartmann, KostG, 37. Aufl. 2007, § 58 Rn. 3). Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2 InsO aber gerade auch die durch die Betriebsfortführung aufgrund Handlungen des Insolvenzverwalters begründeten Verbindlichkeiten. Schon von diesem systematischen Ausgangspunkt her ist die an der angegebenen Kommentarstelle unter dem Stichwort „Schätzung” vertretene, jedoch nicht näher begründete Auffassung wenig überzeugend, „im Fall der Fortführung des Geschäftes durch den Insolvenzverwalter (müsse) man der Insolvenzmasse nur den Reinerlös zuschlagen, nicht den Produktionserlös”.
b) Auf den Wert der Insol...