Leitsatz (amtlich)
Im Falle einer Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter bestimmt sich der Wert der Insolvenzmasse i.S.v. § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem gesamten Umsatz aus diesem Zeitraum, nicht lediglich nach dem - nach Abzug der Geschäftsausgaben verbleibenden - Einnahmeüberschuss (= Gewinn/Reinerlös).
Normenkette
GKG § 58 Abs. 1 S. 1; InsO §§ 35 ff.
Verfahrensgang
AG Passau (Aktenzeichen IN 222/01) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II Der Beschwerdewert beträgt EUR 64.204
Gründe
i. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1.12.2001 hat der Insolvenzverwalter deren Betrieb über einen Zeitraum von nahezu zehn Jahren weitergeführt. Die am 2.3.2011 von ihm erstellte Schlussrechnung weist Einnahmen i.H.v. EUR 12.333.915,57 auf, denen Ausgaben von EUR 12.049.000,41 gegenüberstehen. Seinem Vergütungsantrag vom 21.7.2011 hat der Insolvenzverwalter eine Bemessungsgrundlage von EUR 1.670.864,89 zugrunde gelegt; für die Betriebsfortführung ist in dieser Summe nur der Einnah-meüberschuss angesetzt, mithin der Gewinn bzw. Reinerlös, während die in der Schlussrechnung enthaltenen geschäftlich veranlassten Ausgaben abgezogen sind. Ferner beantragt der Insolvenzverwalter wegen des in Folge der Betriebsfortführung angefallenen Mehraufwandes einen Vergütungszuschlag von 75 %.
Der Kostenbeamte ist diesem Ansatz zunächst gefolgt und hat in der Kostenrechnung "XXXV", von dem genannten Geschäftswert ausgehend und unter Berücksichtigung erfolgter Vorauszahlungen auf die Gerichtskosten, einen von der Staatskasse zurückzuerstattenden Überschuss i.H.v. EUR 30.203,15 errechnet. Auf Stellungnahme des Bezirksrevisors hat er diese Rechnung korrigiert und die Gerichtskosten nunmehr nach dem Gesamtbetrag der Einnahmen - ohne Abzug der Ausgaben - bestimmt; die dementsprechende neue Kostenrechnung "XXXVH" führt zu einem Betrag von EUR 34.000,85 an noch zu bezahlenden Gerichtskosten. Bei Richtigkeit dieser Rechnung können die Sozialplanforderungen (§ 123 Abs. 2 InsO) nicht mehr erfüllt werden. Die dagegen gerichtete Erinnerung des Insolvenzverwalters (§ 66 Abs. 1 GKG) hat zunächst das AG Passau mit Beschluss vom 27.10.2011 zurückgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, die fortführungsbedingten Einnahmen seien wie sonstige Einnahmen eines Insolvenzverwalters - und damit brutto - zu berücksichtigen. Gegen diesen Beschluss hat der Insolvenzverwalter Beschwerde erhoben: Zumal aus § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2b) InsVV ergebe sich, dass im Falle einer Betriebsfortführung der Insolvenzmasse nur der Reinerlös dieser Tätigkeit hinzuzurechnen sei, also die erzielten Umsatzerlöse nach Abzug der produktionsbedingten Kosten; hierfür sprächen auch die Gesetzesmaterialien und schließlich werde bei einem Ansatz der Bruttoeinnahmen der Betriebsfortführung der eigentliche Gewinn durch die Gerichtskosten aufgezehrt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG Passau diese Beschwerde zurückgewiesen. Gerade auch die durch die Betriebsfortführung begründeten Verbindlichkeiten seien Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 InsO, die grundsätzlich nicht von der Insolvenzmasse abgezogen werden könnten. Der Begriff der Insolvenzmasse könne in § 35 InsO nicht anders definiert werden als in § 58 Abs. 1 GKG. § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2b) InsVV könne aus mehreren Gründen nicht für die Bestimmung der Insolvenzmasse in § 58 GKG herangezogen werden, der - anders als § 3 InsVV für den Verwalter - gerade nicht die Möglichkeit gebe, in Folge der Betriebsfortführung entstandenen Mehraufwand (des Gerichts) durch einen Zuschlag zur Gebühr zu würdigen. Wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung, insbesondere wegen gegensätzlicher Entscheidungen zweier Senate des OLG Düsseldorf, hat das LG gem. § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde zugelassen, mit der der Insolvenzverwalter seine Rechtsansicht weiterverfolgt.
II. Die zulässige weitere Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg; der Senat folgt der Entscheidung des LG Passau:
1. Die Frage, wie im Falle einer Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter die Gerichtskosten zu berechnen sind, ob also bei der Bestimmung des Wertes der Insolvenzmasse im Sinne des (hier nach §§ 71 Abs. 3, 72 GKG anwendbaren) § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG nur der entstandene Reinerlös anzusetzen ist oder auch die geschäftlich veranlassten Ausgaben, war in jüngster Zeit Gegenstand mehrerer gerichtlicher Entscheidungen: Das LG Wuppertal (Beschl. v. 8.4.2010 - 6 T 143/10, = ZIP 2010, 1255), das AG Duisburg (Beschl. v. 5.7.2011 - 7 N 246/98, ZIP 11, 1631) und - ihm folgend - das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 19.3.2012 - 3 W 286/11, = ZIP 12,1089) gehen davon aus, es könne nur der durch die Betriebsfortführung erwirtschaftete Überschuss berücksichtigt werden, während ein anderer Senat des OLG Düsseldorf die Ansicht vertritt, bei Fortführung eines Geschäfts sei dieses nach seinem Wert zu berücksichtigen und nicht nur der nach Abzug der Geschäftsausgaben verbleibende Einnahmeüberschuss (Beschl. v. 27.7.2010 - 10 W 60/...