Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
AG Tettnang (Urteil vom 26.04.2001; Aktenzeichen 3 C 1369/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Tettnang vom 26.4.2001 (Az. 3 C 1369/00) wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm bewohnte Wohnung im Obergeschoss des Hauses … bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Toilette, 1 Bad/Dusche, 1 Diele/Flur und 2 Balkonen/Loggien sowie die dazu gehörenden 3 Kellerräume, den dazugehörigen Speicher und die dazugehörige Garage zu räumen und nebst 2 Glastür- und 2 Haustürschlüsseln an den Kläger herauszugeben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge zu tragen.
3. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.10.2001 gewährt.
Streitwert beider Instanzen: DM 10.440,–.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Tettnang vom 26.4.2001 ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 516, 518, 519 ZPO).
II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
1. Der Beklagte hat die von ihm angemietete Wohnung im Obergeschoss des Hauses … nach § 556 Abs. 1 BGB herauszugeben, da das Mietverhältnis aufgrund der fristlosen Kündigung des Klägers vom 2.11.2000 (Anl. K 2) beendet ist.
2. Die Kündigung des Klägers ist begründet, da der Beklagte dadurch, dass er auf dem Balkon der angemieteten Wohnung 14 Cannabispflanzen gezogen hat, seine Pflichten als Mieter schuldhaft in einem solchem Maß verletzt hat, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 554 a BGB).
a) Aus den Pflanzenteilen hätte – wie den Strafakten zu entnehmen ist – eine THC-Menge von 15,624 g gewonnen werden können, was ca. 1.041 Konsumeinheiten ergeben hätte; dies stellt mehr als das Doppelte der nicht geringen Menge i.S.v. § 29 a BtMG (bei Cannabisprodukten) dar (Körner, BtMG, 5. Aufl., § 29 a Rn 46). Der Beklagte wurde deshalb auch vom Amtsgericht Tettnang zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt.
b) Die Kammer glaubt dem Beklagten nicht, wenn er in der Berufungserwiderung vorbringt, er sei nur „Hobbygärtner und pflanze praktisch alles Grüne in irgendeiner Art und Weise an”, denn es ist nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte dann seinen Balkon mit 14 recht großen Töpfen vollstellte, in denen er jeweils dieselbe Pflanze züchtete. Die Kammer ist vielmehr davon überzeugt, dass der Beklagte wusste, was er züchtete und wozu er diese Pflanzen verwenden wollte.
c) Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses ergibt sich daraus, dass der unerlaubte Cannabisanbau eine schwere Verletzung des Vertrauensverhältnisses zwischen Mieter und Vermieter darstellt. Außerdem besteht bei einem Rauschgiftanbau in diesen Mengen auch die Gefahr, dass die Mietsache dadurch in Verruf gerät. Gerade in einem kleineren Ort wie … kann die Tatsache, dass die Polizei die Wohnung durchsucht und beträchtliche Mengen ausgewachsener Cannabispflanzen abtransportiert, leicht zur Folge haben, dass das Anwesen des Klägers mit kriminellen Handlungen in Zusammenhang gebracht wird und dadurch in Wert und Ansehen gemindert wird (ebenso: AG Linz, NJW-RR 91, 1225). Auf diesen Gesichtspunkt kann sich der Kläger berufen, obwohl die polizeiliche Durchsuchung auf seine Anzeige hin erfolgt ist. Die polizeiliche Anzeige war der sicherste und einfachste Weg, um das illegale Handeln des Beklagten in seiner Wohnung zu beenden.
3. Da die fristlose Kündigung des Klägers somit als begründet anzusehen war, war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und der Räumungsklage stattzugeben.
4. Obwohl es sich um einen schweren Verstoß des Beklagten handelt, ist die Kammer der Meinung, dass dem Beklagten gemäß § 721 ZPO eine Räumungsfrist von knapp 2 Monaten zu gewähren ist. Die Kammer hat dabei zugunsten des Beklagten berücksichtigt, dass der Kläger nicht selbst in dem Haus oder in dessen näheren Umgebung wohnt und dass das Mietverhältnis schon 6 Jahre besteht. Zugunsten des Vermieters war zu sehen, dass ein Kündigungsgrund i.S.v. § 554 a BGB gegeben ist und der Beklagte als alleinstehende Person ohne weiteres wieder eine angemessene Wohnung finden dürfte. Bei Abwägung dieser Gesichtspunkte hielt die Kammer eine Räumungsfrist bis 31.10.2001 für angemessen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1467769 |
WuM 2001, 608 |