Leitsatz (amtlich)
Bei dem Begriff der psychischen Störung im Sinne von § 1 ThUG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der mit den überkommenen Kategorisierungen der Psychiatrie nicht deckungsgleich ist.
Nachgehend
Tenor
1.
Die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung im Sinne von § 2 ThUG wird angeordnet.
2.
Die Unterbringung endet spätestens am 17.04.2013, sofern sie nicht vorher verlängert wird.
3.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
Der Betroffene wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 07.04.1995 wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge (Tatzeit: 22.03.1994) zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, die er bis 15.03.2008 vollständig verbüßte. Mit Urteil vom 16.04.2008 hat das Landgericht München I gern. § 66 b I Satz 2 StGB nachträglich seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet, die vom 30.09.2008 bis 18.10.2011 in der Justizvollzugsanstalt Straubing vollzogen wurde.
Am 20.01.2011 beantragte die Justizvollzugsanstalt Straubing beim Landgericht Regensburg, die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung gern. § 1 ThUG anzuordnen.
Mit Beschluss des 1. Strafsenats des OLG Nürnberg vom 09.06.2011 wurde bestimmt, dass die Maßregel der Unterbringung der Sicherungsverwahrung zum 31.12.2011 erledigt ist.
Der Betroffene befindet sich seit 18.10.2011 aufgrund der mit Beschluss der Kammer vom 14.10.2011 gern. § 14 ThUG angeordneten vorläufigen Unterbringung im Bezirkskrankenhaus Straubing, nachdem die Strafvollstreckungskammer dessen Antrag, die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung unverzüglich für erledigt zu erklären, entsprochen hat.
Die Kammer hat Beweis erhoben mit Beschluss vorn 24.02.2011 i.V. mit Beschluss vom 21.03.2011 durch Erholung zweier Sachverständigengutachten, die die Sachverständigen B. und S. schriftlich am 30.06.2011 und 03.07.2011 erstattet und im Termin vom 26.10.2011 erläutert haben, wobei der Sachverständige B. zusätzlich mit Datum vom 19.10.2011 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben hat.
Der Betroffene wurde im Termin vom 27.10.2011 mündlich angehört. Sein Beistand hat beantragt, den Antrag der JVA Straubing zurückzuweisen.
II.
Gegen den Betroffenen ist die Unterbringung in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung für die Dauer von 18 Monaten anzuordnen, § 1 I ThUG.
Der 1. Strafsenat des OLG Nürnberg hat mit Beschluss vom 09.06.2011 die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung zum 31.12.2011 nur deshalb für erledigt erklärt, weil dies nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011 (2 13vR 2365/09) geboten war. Da der Strafsenat bei den vom Betroffenen gegenwärtig drohenden Straftaten nicht feststellen konnte, dass insoweit eine aus konkreten Umständen ableitbare hochgradige Gefahr schwerster Gewalttaten bestehe, war tragender Gesichtspunkt der Entscheidung daher das Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung.
1.
Beim Betroffenen liegt eine psychische Störung im Sinne des § 1 Abs.1 Nr.1 ThUG vor.
Bei dem Begriff der psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs.1 Nr.1 ThUG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der mit den überkommenen Kategorisierungen der Psychiatrie nicht deckungsgleich ist. Ob seine Merkmale im Einzelfall erfüllt sind, haben die Gerichte eigenständig zu prüfen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.09.2011 - 2 BvR 1516/11 - ).
Diese erfordert nicht, dass der Grad einer Einschränkung der Schuldfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB erreicht wird. Vielmehr sind auch spezifische Störungen der Persönlichkeit, des Verhaltens, der Sexualpräferenz sowie der Impuls- und Triebkontrolle unter diesen Begriff zu fassen; gleiches gilt insbesondere auch für die dissoziale Persönlichkeitsstörung (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.09.2011 -2 BvR 1516/11 - ).
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer psychischen Störung beim Betroffenen erachtet die Kammer entgegen der von den beiden Sachverständigen insoweit vorgenommenen Bewertung als gegeben.
Der Sachverständige Dr. S. ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Betroffenen eine dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD -10: F 60.2) vorliegt und darüber hinaus eine Alkoholabhängigkeit in beschützender Umgebung besteht. Zusätzlich sieht der Sachverständige nach der Checkliste von Robert Hare die Kriterien einer manifesten Psychopathie erfüllt, die mit einem erhöhten Kriminalitätsrisiko verbunden sei. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten dargelegt, dass dissoziale Persönlichkeiten durch ihren Mangel an Einfühlungsvermögen, durch ihr Unvermögen, längere Bindungen aufrecht zu erhalten, durch geringe Frustrationstoleranz und durch die Neigung zu aggressivem und gewalttätigem Ausagieren auffallen. Sie empfinden selten Schuld und ...