Normenkette

StGB § 211 Abs. 1, 2 Gr. 1 Var. 4, Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, § 52 Abs. 1 Nr. 2d; WaffG § 52 Abs. 3 Nr. 2a, § 2 Abs. 2; WaffG Anlage 2 Abschn. 2 Unterabschnitt 1 S. 1 Nr. 1.2.1.2; WaffG § 25 Abs. 2; StGB §§ 52-53, 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 57b, 74 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2; WaffG § 54 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig des Mordes in 3 Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Verbringen einer Schusswaffe in den Geltungsbereich des Waffengesetzes und mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz und mit vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe.

2. Er wird deshalb zu

lebenslanger Freiheitsstrafe

als Gesamtstrafe verurteilt.

3. Die besondere Schwere der Schuld wird festgestellt.

4. Die Einziehung der Waffe (Asservat Nr. 5.1.1.1.1), der Patronen (Asservat Nr. 5.1.2.1), der Flasche Benzin (Asservat Nr. 1.3.10.1), der Kabelbinder (Asservate Nrn. 1.3.10.2 bis 5, 1.3.10.20 bis 21) und des Klebebandes (Asservate Nrn. 1.3.10.6 bis 8) wird angeordnet.

5. Der Angeklagte wird verurteilt

  1. an die Adhäsionsklägerin J. B. 30.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.06.2018 zu zahlen,
  2. jeweils 20.000,00 EUR zu zahlen an die Adhäsionskläger

    aa. V., D. und M. R., jeweils vertreten durch A. R., jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.04.2018,

    bb. V. P. sowie S. und S. P., jeweils vertreten durch V. P., jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.06.2018,

  3. jeweils 10.000,00 EUR zu zahlen an die Adhäsionskläger

    aa. U., E. und S. G.,

    jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.02.2018,

    bb. L. K.

    nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.05.2018,

    cc. A. K. und L. K.,

    jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.05.2018.

  4. Im Übrigen wird von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge der Adhäsionskläger E. und S. G. vom 22.02.201.8 abgesehen.

6. Es wird festgestellt, dass die Forderungen zu Ziff. 5 der jeweiligen Adhäsionskläger aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrühren.

7. a. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Nebenkläger.

b. Der Angeklagte trägt auch die durch die Adhäsionsanträge angefallenen gerichtlichen Kosten sowie die allen Adhäsionsklägern entstandenen notwendigen Auslagen. Seine durch die Adhäsionsanträge entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte selbst.

8. Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. 5 vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

 

Tatbestand

I.

1. Der heute 42-jährige Angeklagte wurde in Bosanska Gradiska im früheren Jugoslawien, dem heutigen Gradiska/Bosnien und Herzegowina, einer Stadt im Norden von Bosnien und Herzegowina an der Grenze zu Kroatien gelegen, als drittes Kind seiner Eltern ehelich geboren. Er hat zwei ältere Brüder, den heute 49-jährigen G. und den 45-jährigen Z., die beide in Bosnien leben. Seine Eltern sind beide berentet, sein heute ungefähr 70-jähriger Vater ist schwer erkrankt. Sein Bruder G. wohnt mit eigener Familie in einem eigenen Haus in der Nähe der Eltern; er ist seit seiner Kindheit hörgeschädigt. Sein Bruder Z. trug aus dem Krieg eine posttraumatische Belastungsstörung davon; er ist erwerbsunfähig und lebt (wieder) bei den Eltern.

In Bosanska Gradiska wuchs der Angeklagte im elterlichen Haushalt auf und besuchte die Schule bis zur 8. Klasse. Er erlangte einen dem Hauptschulabschluss vergleichbaren Schulabschluss.

Zu Beginn der 90er-Jahre kam es zunächst in der Region Slawonien zu Unruhen. Diese erfassten schließlich auch den Wohnort des Angeklagten. Der zu dieser Zeit 13-jährige Angeklagte flüchtete 1990 mit seinem Vater, seinem Bruder G. und einem Onkel nach Deutschland. Wenige Monate später, nachdem der Vater Fuß gefasst hatte, zogen die Mutter und sein Bruder Z. nach. Bereits 1991 ging die Familie mit Ausnahme des Vaters, der in Radolfzell Arbeit gefunden hatte, wieder zurück nach Bosnien. Dort war der Angeklagte aber von den weiterhin andauernden Unruhen betroffen und auch selbst Bedrohungen ausgesetzt. Als schließlich einer seiner Freunde getötet wurde, floh der Angeklagte allein über die Grenze nach Kroatien, wo er bei einem Bekannten seines Vaters unterkam. Er lebte dort circa für ein Jahr. In dieser Zeit erlebte der Angeklagte die Unruhen und hatte den ersten Umgang mit Waffen. Er schoss auch selbst mit einem Gewehr. Auch musste er mit ansehen, wie vor seinen Augen ein Soldat erschossen wurde. Einer Erwerbstätigkeit ging der Angeklagte während dieser Zeit nicht nach. Im Jahr 1992 oder 1993 zog er erneut, dieses Mal mit einem Cousin, nach Deutschland. Der Angeklagte lebte fortan bei seinem Vater in Deutschland, während seine Mutter und die beiden Brüder in Kroatien blieben.

In den Jahren 1995 und 1996 fand der Angeklagte zunächst für die jeweilige Sommersaison eine Arbeitsstelle im Eiscafé...

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