Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 II 63/94 (H) WEG)

 

Tenor

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses werden die vom Schuldner an die Gläubigerin zu erstattenden Kosten auf 303,– DM (i.W.: dreihundertdrei Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 06.01.1994 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 303,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Gläubigerin hat gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erwirkt und gegen den Drittschuldner wegen der gepfändeten und überwiesenen Forderung einen Einziehungsprozeß geführt. In diesem Prozeß sind der Gläubigerin Kosten in Höhe von 303,– DM entstanden.

Mit Antrag vom 03.01.1994, eingegangen bei Gericht am 06.01.1994 hat die Gläubigerin die Festsetzung dieser Kosten gemäß § 788 ZPO beantragt.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 08.08.1994 hat das Amtsgericht den Antrag der Gläubigerin mit der Begründung zurückgewiesen, diese seien nicht gemäß § 788 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig.

Gegen diesen ihr am 17.08.1994 zugestellten Beschluß hat die Gläubigerin am 29.08.1994 Erinnerung eingelegt.

Rechtspfleger und Richter haben der Erinnerung nicht abgeholfen; der Richter hat die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde, als die die Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 5 Rechtspflegergesetz gilt, ist zulässig (§ 104 Abs. 3 ZPO) und begründet.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht den Kostenfestsetzungsantrag der Gläubigerin vom 03.01.1994 zurückgewiesen.

Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sind die Kosten eines Rechtsstreits, den der Gläubiger nach Pfändung und Überweisung einer Forderung gegen den Drittschuldner führt, soweit sie notwendig waren, erstattungsfähig, und zwar auch die außergerichtlichen Kosten des Gläubigers in einem beim Arbeitsgericht geführten Einziehungsprozeß, in welchem die außergerichtlichen Kosten des Gläubigers nach § 12 a Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz nicht erstattungsfähig sind (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 52. Auflage, § 788, Rdnr. 22 m.w.N.).

Der in der Rechtsprechung vertretenen Gegenmeinung (so insbesondere: OLG Mönchen in Jur.-Büro 1990, 1355) vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Bejahung der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Einziehungsprozesses steht im Einklang mit dem Normzweck des § 788 Abs. 1 ZPO. Insbesondere das Veranlassungsprinzip, das besagt, daß der Schuldner, der eine Zwangsvollstreckung veranlaßt, für die Kosten zu haften hat, spricht für die herrschende Auffassung. Daß der Gläubiger risikolos auf Kosten des Schuldners, wie die angeführte Gegenansicht meint. Prozesse führen könnte, trifft so nicht zu. Dem werden dadurch die erforderlichen Schranken gesetzt, daß bei jeder Vollstreckungsmaßnahme nach § 788 Abs. 1 ZPO zu prüfen ist, ob die dafür entstandenen Kosten notwendig waren.

Im vorliegenden Fall hält die Kammer die Kosten des von der Gläubigerin beim Arbeitsgericht geführten Einziehungsprozesses für notwendig im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO. Notwendig sind Kosten der Zwangsvollstreckung, wenn der Gläubiger sie im Zeitpunkt der Entstehung objektiv für erforderlich halten durfte. Das war hier der Fall. Die Gläubigerin hatte für ihre titulierten Ansprüche den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Saarbrücken vom 15.03.1993 erwirkt. Die Drittschuldnerin hatte trotz mehrmaliger Aufforderung eine Erklärung nach § 840 ZPO nicht abgegeben. Da die Gläubigerin verpflichtet war, die gepfändete Forderung unverzüglich einzuziehen (§ 842 ZPO), durfte sie die Erhebung der Klage gegen die Drittschuldnerin für objektiv erforderlich halten. Die dadurch entstandenen Kosten, deren Höhe mit 303,– DM zutreffend berechnet sind, sind deshalb gemäß § 788 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig.

Daran ändert auch die Beschränkung der Kostenerstattungsfähigkeit in § 12 a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz nichts. Diese Vorschrift betrifft lediglich die Parteien des Erkenntnisverfahrens vor dem Arbeitsgericht und kann nicht auf das Vollstreckungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten übertragen werden (vgl. Mümmler in Jur.-Büro 1994, Seite 615, Anm. zum Beschluß des OLG Karlsruhe vom 02.08.1993 in Jur.-Büro 1994, Seite 614).

Der Umstand, daß der Gläubiger die Beitreibung der gepfändeten Forderung im arbeitsgerichtlichen Verfahren verfolgt, darf ihn nicht schlechter stellen, als wenn er seinen Anspruch vor einem anderen Gericht verfolgen würde.

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses waren daher die vom Schuldner an die Gläubigerin zu erstattenden Kasten antragsgemäß auf 303,– DM festzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI935678

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