Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitrahmen für erneute Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Vermögenserwerbs durch den Schuldner
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verpflichtung zur erneuten Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor Ablauf der in § 903 ZPO geregelten 3-Jahresfrist ist in der Regel nur im Falle der Darlegung und Glaubhaftmachung konkreter Umstände gerechtfertigt, die den Schluss auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtlage des Schuldners zulassen.
2. Für die Glaubhaftmachung eines nachträglichen Vermögenserwerbs als Voraussetzung für eine wiederholte eidesstattliche Versicherung innerhalb der 3-Jahresfrist reicht der Hinweis nicht aus, der Schuldner habe seine Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender fortgesetzt. Es ist vielmehr erforderlich, dass ein konkreter Vermögenserwerb des Schuldners glaubhaft gemacht wird.
3. Die Glaubhaftmachung des Gläubigers muss sich nicht darauf erstrecken, dass der Schuldner tatsächlich ausreichendes Vermögen hinzuerworben hat, es reicht vielmehr aus, wenn Umstände glaubhaft gemacht sind, die einen solchen Vermögenserwerb nach der Lebenserfahrung ausreichend wahrscheinlich machen.
4. Der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, bei Selbständigen könne nach der allgemeinen Lebenserfahrung nach Ablauf einer Mindestfrist von 6 Monaten vermutet werden, dass ein neuer Vermögenserwerb stattgefunden hat, vermag sich die erkennende Kammer nicht anzuschließen. Eine derartige Pauschalierung würde im Ergebnis dazu führen, Selbständige weitgehend von dem Schutzbereich des § 903 ZPO auszunehmen.
Normenkette
ZPO §§ 766, 807, 900 Abs. 4, § 903
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 17.04.2008; Aktenzeichen 108 M 967/08) |
Tenor
1. Unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 17.04.2008 – 108 M 967/08 – wird der Gerichtsvollzieher angewiesen, den am 16.10.2007 erteilten Zwangsvollstreckungsauftrag der Gläubigerin zur Durchführung eines Verfahrens nach § 903 ZPO gegen den Schuldner auszuführen.
2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
A.
Das Verfahren betrifft die Verpflichtung des Schuldners zur wiederholten eidesstattlichen Versicherung gemäß § 903 ZPO.
Der Gläubigerin steht gegen den Schuldner eine titulierte Forderung (Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Neunkirchen, Az.: 3 B 2329/98, vom 17.03.1999) in Höhe von 20.911,50 EUR nebst Zinsen zu, deren Zwangsvollstreckung bislang erfolglos war.
Der Schuldner hat auf Antrag eines anderen Gläubigers am 14.11.2005 die eidesstattliche Versicherung abgegeben (Amtsgericht Saarbrücken, Az.: 67 M 1237/05) und dabei erklärt, er sei selbständig, handele mit Brennholz und habe monatliche Nettoeinnahmen in Höhe von ca. 800,00 EUR. Zurzeit lägen keine Aufträge vor und er habe keine Außenstände.
Die Gläubigerin hat den Gerichtsvollzieher … am 16.10.2007 beauftragt, dem Schuldner noch einmal die eidesstattliche Versicherung abzunehmen.
Der Gerichtsvollzieher hat die Ausführung dieses Auftrags abgelehnt und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen des § 903 ZPO seien nicht erfüllt.
Daraufhin hat die Gläubigerin beim Amtsgericht Saarbrücken im Wege der Erinnerung gemäß § 766 ZPO beantragt,
den zuständigen Gerichtsvollzieher anzuweisen, den am 16.10.2007 erteilten Zwangsvollstreckungsauftrag zur Durchführung des Verfahrens nach § 903 ZPO auszuführen.
Die Gläubigerin ist der Auffassung, im Hinblick auf die seit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verstrichene Zeit sei davon auszugehen, dass der Schuldner neues Vermögen im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit erworben habe.
Sei dies nicht der Fall, sei nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Schuldner seine selbständige Erwerbstätigkeit aufgegeben habe.
Das Amtsgericht hat mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss vom 17.04.2008 die Erinnerung zurückgewiesen und ausgeführt, die Gläubigerin könne nicht die nochmalige Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 903 ZPO, sondern lediglich die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses vom 14.11.2005 verlangen.
Allein der Hinweis der Gläubigerin, der Schuldner müsse seit Abgabe der letzten eidesstattlichen Versicherung im November 2005 im Rahmen seines Gewerbebetriebes neues Vermögen (Forderungen) erworben haben, rechtfertige es nicht, den Schuldner entgegen der Schuldnerschutzvorschrift des § 903 ZPO bereits vor Ablauf der 3 Jahre zur erneuten Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu verpflichten.
Auch nach der Lebenserfahrung könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Schuldner mit seinem Gewerbebetrieb Forderungen in pfändbarer Höhe erwirtschaftet habe.
Allerdings seien die Angaben des Schuldners in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 14.11.2005 unvollständig.
Die pauschale Angabe eines monatlichen Durchschnittseinkommens genüge nicht. Der Schuldner müsse vielmehr mindestens Angaben machen zu Art und Umfang des jeweiligen Gesch...