Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungsrecht. Rechtsmittel für die Rückforderung von Betreuungskosten. Berücksichtigung des Rückzahlungsanspruch des Sozialhilfeträgers als Nachlassverbindlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Rückforderung von Betreuungskosten, die aus der Landeskasse gezahlt worden sind, ist auch dann mit der sofortigen Beschwerde nach §§ 69 e S. 1, 56 g Abs. 5 S. 1 FGG angreifbar, wenn die Rückforderung nicht in der Form eines Festsetzungsbeschlusses erfolgt ist.

2. Wird einem Betreuten Sozialhilfe als Darlehen gewährt, ist der entsprechende Rückzahlungsanspruch des Sozialhilfeträges bei der Ermittlung des Nachlasswertes im Sinne von § 1836 e Abs. 1 S. 3 BGB vorrangig als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen. Führt dies zu einer Überschuldung des Nachlasses, scheidet eine Regressforderung der Staatskasse aus.

3. Die Haftungsbeschränkung des § 1836 e Abs. 1 S. 3 BGB gilt auch dann, wenn der Erbe nach dem Tod des Betreuten unmittelbar auf die noch nicht festgesetzte Betreuervergütung in Anspruch genommen werden soll.

 

Normenkette

BGB §§ 1835, 1836c, 1836d, 1836e Abs. 1 S. 3, § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1967 Abs. 1, §§ 1990, 2311; FGG § 56g Abs. 1 S. 2, Abs. 5 S. 1, § 69e S. 1; VBVG § 1 Abs. 2 S. 2; BSHG § 92c Abs. 2 S. 2; SGB XII § 102 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Beschluss vom 21.06.2007)

 

Tenor

1. Die Verfügung des Amtsgerichts Saarbrücken vom 18.05.2007 wird aufgehoben.

2. Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 21.06.2007 ist die der Betreuerin für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 01.07.2006 bis 10.02.2007 zustehende Vergütung in Höhe von 396,– Euro aus der Landeskasse zu zahlen.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht hatte mit Beschluss vom 29.07.2004 (Bl. 16 ff) für die zwischenzeitlich verstorbene Betroffene eine Betreuung angeordnet und Frau … zur Berufsbetreuerin bestellt. Diese hat nach dem Tod der Betroffenen die Festsetzung der Vergütung für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 01.07.2006 bis 10.02.2007 in Höhe von 396,– Euro gegen die Landeskasse beantragt. Diesen Antrag vom 20.03.2007 (Bl. 136 f) hat das Amtsgericht den Erben zur Stellungnahme zugeleitet.

Mit Verfügung vom 18.05.2007 (Bl. 156 ff) hat das Amtsgericht bereits gezahlte Betreuungskosten aus den Jahren 2005 und 2006 in Höhe von insgesamt 942,06 Euro von den Erben zurückgefordert und zugleich um Bezifferung des Nachlasses und Überweisung des Betrages gebeten.

Mit Beschluss vom 21.06.2007 (Bl. 186 ff), den Verfahrensbevollmächtigten der Erben zugestellt am 27.06.2007, hat das Amtsgericht die Vergütung der früheren Betreuerin für ihre Tätigkeit vom 01.07.2006 bis 10.02.2007 auf 396,– Euro festgesetzt und angeordnet, dass die Vergütung aus dem Nachlass zu zahlen sei.

Gegen diesen Beschluss haben die Erben am 11.07.2007 sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, eine Zahlung aus dem Nachlass sei nicht möglich. Der Nachlass habe nämlich nur 7.854,– Euro betragen. Der nach Abzug der Beerdigungskosten von 7.074,57 Euro verbliebene Rest von 779,43 Euro sei unter den Erben zu je 1/3 aufgeteilt und von diesen bereits verbraucht worden, so dass die Erben entreichert seien. Außerdem stelle die Einforderung dieses Betrages angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Erben eine besondere Härte dar. Schließlich sei der Nachlass überschuldet gewesen; denn mit Bescheid vom 01.03.2007 hat der Stadtverband Saarbrücken die der Betroffenen als Darlehen gewährten Sozialhilfekosten in der Zeit vom 01.07.2005 bis 31.01.2007 in Höhe von insgesamt 10.407,19 Euro von den Erben zurückgefordert.

Aus den genannten Gründen haben die Erben gleichzeitig gegen die Verfügung vom 18.05.2007 „Widerspruch” eingelegt.

Der Bezirksrevisor hat in seiner Stellungnahme die Ansicht vertreten, gegen diese Verfügung sei keine Beschwerde möglich, da kein entsprechender Festsetzungsbeschluss zu Grunde liege.

Der Vergütungsbeschluss vom 21.06.2007 entspreche den gesetzlichen Bestimmungen des VBVG und sei nicht zu beanstanden.

Die frühere Betreuerin hat darauf hingewiesen, dass zum Nachlass zusätzlich drei Versicherungen bei der … gehört hätten, deren Bezugsberechtigter jeweils der Beschwerdeführer zu 3) gewesen sei.

Hierauf haben die Erben erwidert, dass die ausgezahlten Versicherungsbeträge ebenfalls zur Zahlung von Beerdigungskosten verwandt worden seien, zumal es sich bei zwei Verträgen um Sterbevorsorgeversicherungen gehandelt habe; der Rest sei unter den Erben aufgeteilt worden, wobei keiner mehr über diese Beträge verfüge.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde der Erben gegen den Beschluss vom 21.06.2007 ist gemäß §§ 69 e S. 1, 56 f Abs. 5 S. 1 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.

Der „Widerspruch” gegen die Verfügung vom 18.05.2007 ist ebenfalls als sofortige Beschwerde nach §§ 69 e S. 1, 56 g Abs. 5 S. 1 FGG statthaft. Denn diese Verfügung enthält nicht nur die in § 56 g Abs. 4 S. 2 FGG vorgesehene Anhörung des Erben vor einer Entscheidung gemäß § 56 g Abs. 3 FGG. Vie...

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