Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an den einzuhaltenden seitlichen Sicherheitsabstand beim Vorbeifahren an einem parkenden Pkw.
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Entscheidung vom 04.03.2010; Aktenzeichen 5 C 89/09 (05)) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 4 März 2010 - 5 C 89/09 (05) - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert, und die Beklagten werden unter Klageabweisung im Übrigen gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 365,90 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21 Oktober 2008 zu zahlen sowie den Kläger von den Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte xxx in Höhe von 93,42 Euro freizustellen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 52 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 48 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend der sich am 22. Juni 2008 gegen 13.00 Uhr in der xxx in xxx ereignete.
Der Kläger öffnete die Fahrertür seines am rechten Fahrbahnrand fast vollständig auf dem Bürgersteig stehenden Pkw, Der Erstbeklagte fuhr mit seinem bei der Zweitbeklagten versicherten Pkw am Fahrzeug des Klägers vorbei. Dabei kam es zur Kollision, wobei die Umstände der Kollision im Einzelnen streitig sind.
Der Kläger hat behauptet, er habe die Tür bereits vor Annäherung des Erstbeklagten maximal 20 bis 25 cm weit geöffnet um auszusteigen. Der Erstbeklagte habe keinen ausreichenden Seitenabstand eingehalten.
Erstinstanzlich hat der Kläger die Hälfte seines Schadens, bestehend aus Sachschaden (1.140,96 Euro), Sachverständigenkosten (235,86 Euro) und Unkostenpauschale (25 Euro), insgesamt 700,91 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen_
Sie haben behauptet, der Kläger habe die Fahrertür geöffnet, als sich der Erstbeklagte auf gleicher Höhe befunden habe. Der Erstbeklagte habe einen Seitenabstand von 1 bis 1,5 m eingehalten.
Das Erstgericht, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen xxx und xxx sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Daraufhin hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen § 14 Abs. 1 StVO verstoßen. Es sei ihm nicht gelungen, den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu widerlegen und einen Verkehrsverstoß des Erstbeklagten nachzuweisen. Der Seitenabstand des Erstbeklagten habe zwischen 25 und 60 cm gelegen. Dieser Abstand sei ausreichend gewesen, da der Erstbeklagte nicht damit habe rechnen müssen, dass aus dem klägerischen Fahrzeug eine Person aussteige. Der Unfall sei für den Erstbeklagten zwar nicht unabwendbar gewesen. Seine Betriebsgefahr trete jedoch gegenüber dem überwiegenden Verkehrsverstoß des Klägers zurück.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Er beanstandet, das Erstgericht habe die Angemessenheit des Sicherheitsabstandes falsch bewertet. Ferner habe das Gericht zu Unrecht angenommen, für den Erstbeklagten habe keine Veranlassung für die Mutmaßung bestanden. dass jemand aus dem Klägerfahrzeug aussteigen werde. Denn in dem Pkw seien Personen in der Annäherungsphase für den Erstbeklagten zu sehen gewesen.
Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nur in dem tenorierten Umfang begründet. Der Kläger hat 70 % des ihm entstandenen Schadens selbst zu tragen.
1. Zu Recht ist das Erstgericht zunächst davon ausgegangen, dass sowohl die Beklagten als auch der Kläger grundsätzlich für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gemäß §§ 7, 18 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG n.F. einzustehen haben, weil die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der Beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne des §§ 17 Abs. 3 StVG darstellte.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung dagegen, dass das Erstgericht einen Verstoß des Klägers gegen § 14 Abs. 1 StVO angenommen hat.
a) Soweit der Erstrichter in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat, dass die Fahrertür am Klägerfahrzeug nicht bereits längere Zeit geöffnet gewesen sei, als sich der Erstbeklagte der Unfallstelle annäherte, begegnet dies keinen Bedenken_
In tatsächlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare, rechtliche und tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststel...