Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenpflichtige Zusatzleistungen zu Internetspielen
Leitsatz (amtlich)
1. Werden beim Vertrieb kostenpflichtiger Zusatzleistungen „features”) zu einem Internetspiel, diese durch einen Premium-Dienst i. S. d. § 3 Nr. 17a TKG abgerechnet, ist Gegenstand des Premium-Dienstes ausschließlich die Abwicklung der Zahlung (Inkassogeschäft) und nicht das zugrunde liegende Geschäft über den Erwerb der „features” (Kausalgeschäft).
2. Ist der Betreiber des Premium-Dienstes zugleich Verkäufer der „features”, kann dem Anspruch aus dem Inkassogeschäft eine Einwendung aus § 242 BGB entgegenstehen, wenn das Kausalgeschäft über den Erwerb der „features” unwirksam ist.
3. Ist aufgrund fehlender Altersverifikation damit zu rechnen, dass ein zunächst kostenfreies Internetspiel aufgrund der Aufmachung und des damit gesetzten Spielanreizes dazu führt, dass Minderjährige kostenpflichtige „Features” erwerben und aufgrund ihres Spieltriebes unbefugt einen Anschlussinhaber durch die Anwahl eines Premium-Dienstes verpflichten, so kann es auch dann gegen § 138 BGB verstoßen, den Inhaber des Telefonanschlusses in Anspruch zu nehmen, wenn dieser die Möglichkeit, 0900er Nummern sperren zu lassen, nicht genutzt hat.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, §§ 242, 106-108, 110, 241, 133, 157, 404, 812 Abs. 1 Sätze 1, 1 1. Alt., § 823 Abs. 2; StGB § 266 Abs. 1; TKG §§ 45i, 3 Nr. 17a, § 16 Abs. 3 S. 3
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. 02. 2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken (Az.: 37 C 312/09(02)) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 2.818,47 Euro.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Inhaberin kostenpflichtiger Nummern für Premiumdienste der Rufnummerngasse …, die von dem Bezahlsystem B. (künftig: „B.”) betrieben wird. Ansprüche aus der Inanspruchnahme der entsprechenden Nummerngasse werden mit der Telefonrechnung abgerechnet. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht (Abtretungsurkunde Bl. 111 d. A.) der B. Ansprüche gegen die Beklagte geltend. Von den Telefonanschlüssen der Beklagten wurden in der Zeit vom 18. 04. 2008 bis zum 06. 05. 2008 Anrufe bei der vorgenannten Nummerngasse getätigt, die zu einer Rechnung vom 28. 05. 2008 in Höhe von 2.818,47 Euro geführt haben.
Die streitgegenständlichen Anrufe wurden von dem damals 13-jährigen Sohn der Beklagten getätigt, der im Vormonat bereits einmal eine geringfügige Rechnung verursacht hatte, welche nicht streitgegenständlich ist. Der Sohn der Beklagten war registrierter Teilnehmer des von einer Firma „G” betriebenen online Spiels „Gladiatus – Hero of Rome”, bei dem Spieler in einer virtuellen Welt miteinander spielen. Hinsichtlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fa. „G.” wird auf die Anlage BB2 zum Schriftsatz der Beklagen vom 26. 10. 2010 verwiesen. Das Spiel kann zunächst kostenlos heruntergeladen und auch gespielt werden. Zur Verbesserung der Erfolgsaussichten kann sich der Spieler jedoch diverser „features” bedienen, welche ihm virtuell z. B. besondere Fähigkeiten verleihen. Diese „features” sind kostenpflichtig und können über eine virtuelle Währung („Rubine”) erworben werden, die wiederum durch „Echtgeld” gekauft werden können. Neben anderen Zahlungsmöglichkeiten (PayPal, Kreditkarte) steht dabei auch das von der Klägerin betriebene Mehrwertsystem zur Verfügung, welches mit den streitgegenständlichen Anrufen von dem Sohn der Beklagten zu eben diesem Zweck genutzt wurde.
Nachdem das Amtsgericht zu der Frage, wer die streitgegenständlichen Anrufe getätigt hat, Beweis erhoben hat, hat es die Klage abgewiesen. Ein Vertragsverhältnis mit der Beklagten bestehe nicht. Mangels Vollmacht sei eine Verpflichtung der Beklagten nicht zustande gekommen. Auch eine Anscheinsvollmacht bestehe nicht. Die Besonderheiten, die nach Auffassung des Bundesgerichtshofs eine Anscheinsvollmacht im Bereich der Telekommunikation begründen können, lägen hier nicht vor. Letztlich gehe es hier gar nicht um eine Besonderheit des Telekommunikationsverfahrens, sondern einen vergleichbaren Fall wie dem der Nutzung einer Kreditkarte. Eine Herabsetzung der Anforderungen sei mit dem Minderjährigenschutz, der nicht nur der Vermögens-, sondern auch der Persönlichkeitssorge diene, nicht vereinbar. Hier gelte es gerade diejenigen zu schützen, die besonders anfällig für entsprechende Spiele seien, was nach einhelliger Auffassung bei Minderjährigen der Fall sei.
Ungeachtet dessen sei es der Beklagten gelungen, den ihr nach § 45i TKG obliegenden Nachweis, dass die Leistungen nicht zugerechnet werden können, zu führen. Die Beklagte habe nachweisen können, dass sie selbs...