Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenpflichtige Zusatzleistungen zu Internetspielen
Leitsatz (amtlich)
1. Werden beim Vertrieb kostenpflichtiger Zusatzleistungen „features”) zu einem Internetspiel, diese durch einen Premium-Dienst i. S. d. § 3 Nr. 17a TKG abgerechnet, ist Gegenstand des Premium-Dienstes ausschließlich die Abwicklung der Zahlung (Inkassogeschäft) und nicht das zugrunde liegende Geschäft über den Erwerb der „features” (Kausalgeschäft).
2. Ist der Betreiber des Premium-Dienstes zugleich Verkäufer der „features”, kann dem Anspruch aus dem Inkassogeschäft eine Einwendung aus § 242 BGB entgegenstehen, wenn das Kausalgeschäft über den Erwerb der „features” unwirksam ist.
3. Ist aufgrund fehlender Altersverifikation damit zu rechnen, dass ein zunächst kostenfreies Internetspiel aufgrund der Aufmachung und des damit gesetzten Spielanreizes dazu führt, dass Minderjährige kostenpflichtige „Features” erwerben und aufgrund ihres Spieltriebes unbefugt einen Anschlussinhaber durch die Anwahl eines Premium-Dienstes verpflichten, so kann es auch dann gegen § 138 BGB verstoßen, den Inhaber des Telefonanschlusses in Anspruch zu nehmen, wenn dieser die Möglichkeit, 0900er Nummern sperren zu lassen, nicht genutzt hat.
Normenkette
BGB §§ 106-108, 110, 138 Abs. 1, §§ 242, 241, 133, 157, 10, 404, 812 Abs. 1 Sätze 1, 1 1. Alt., § 823 Abs. 2; StGB § 266 Abs. 1; ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1; TKG §§ 45i, 3 Nr. 17a, § 16 Abs. 3
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. 05. 2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert (Az.: 3 C 635/08) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 1983,80 Euro.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Anbieterin eines Internet-/Telefonbezahlsystems, über welches kostenpflichtige Nummern für Premiumdienste abgerechnet werden. Die Beklagten sind Inhaber eines Telefonanschlusses der D.
Die Fa. G. in K. (im Folgenden: „g.”) stellt im Internet verschiedene online-Spiele, unter anderem das Spiel Metin2, zur Nutzung bereit. Das Spiel Metin2 kann erst einmal kostenfrei gespielt werden, wozu sich der Spieler anmelden muss. Zur Verbesserung der Erfolgsaussichten kann sich der Spieler jedoch diverser „features” bedienen, welche ihm virtuell z. B. besondere Fähigkeiten verleihen. Diese „features” sind kostenpflichtig und können über eine virtuelle Währung („Drachenmünzen”) erworben werden, die wiederum durch „Echtgeld” gekauft werden kann. Neben anderen Zahlungsmöglichkeiten (PayPal, Kreditkarte) steht hierzu auch das von der Klägerin betriebene Telefonbezahlsystem zur Verfügung. Von dem Telefonanschluss der Beklagten aus wurden in der Zeit vom 08. 10. 2007 bis zum 26. 12. 2007 Leistungen der Beklagten zum Erwerb von Drachenmünzen in Anspruch genommen, welche am 26. 11. 2007, am 27. 12. 2007 und am 29. 01. 2008 in Höhe von insgesamt 1983,80 Euro in Rechnung gestellt wurden. Diesen Betrag macht die Klägerin in der Hauptsache gegen die Beklagten geltend.
Die Beklagten wussten spätestens seit dem 27. 11. 2007 von dem Erwerb der Drachenmünzen über ihren Telefonanschluss.
Die Beklagten bestreiten den Umfang der Inanspruchnahme der Mehrwertdienste. Sie behaupten, nicht sie selbst, sondern – ausschließlich – ihr damals 14-jähriger Sohn habe das Spiel Metin2 gespielt und bei den kostenpflichtigen Nummern des von der Beklagten betriebenen Bezahldienstes angerufen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat – nach Anhörung der Beklagten – ausgeführt, es stehe zu seiner Überzeugung fest, dass ausschließlich der minderjährige Sohn der Beklagten das Spiel Metin2 gespielt habe. Die Beklagten hätten das Handeln ihres minderjährigen Sohnes nicht zu vertreten. Die Vorschrift des § 45i TKG werde vielfach falsch interpretiert. Der Anfangsbeweis für das technische Zustandekommen der Verbindung dürfe nicht als Anscheinsbeweis für den Abschluss eines Mehrwertdienstenutzungsvertrages oder gar für seine vertragliche Wirksamkeit missverstanden werden. Zwar müsse der Anschlussinhaber alle ihm zumutbaren geeigneten Vorkehrungen treffen, um eine von ihm nicht gebilligte Nutzung seines Telefons zu unterbinden. Es sei jedoch nicht zumutbar, Telefon und Internet quasi wegzusperren, da das Internet nicht nur mit Risiken sondern auch mit Chancen verbunden sei, welche den Jugendlichen offen stehen müssten. Die Klägerin sei dadurch nicht schutzlos, da es hinreichend Sicherungsmöglichkeiten gebe, wie z.B. Vorkasse und Altersverifizierungen. Wenn die Klägerin derartige Altersverifizierungen gerade nicht wolle, um ihr Geschäftsmodell nicht zu gefährden, müsse sie die Folgen tragen.
Auch der Umstand, dass bereits zweimal Beträge der...