Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Zulässigkeit einer Blockwahl

 

Verfahrensgang

AG Bad Kissingen (Aktenzeichen UR II 35/96)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragssteller gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bad Kissingen vom 15.01.1997 wird

zurückgewiesen.

2. Die Antragssteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werdennicht erstattet.

3. Der Beschwerdewert wird auf2.000,00 DM

festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragssteller beantragten, den Beschluß der Eigentümer Versammlung vom 10.05.1996 zum Tagesordnungspunkt 4 (Neubestellung der Verwaltungsbeiräte und Rechnungsprüfer) für ungültig zu erklären, da diesem die Neuwahl dreier Verwaltungsbeiräte zugrunde lag, die im Blockwahlverfahren durchgeführt worden war, obgleich die Gemeinschaftsordnung das Einzelwahlverfahren vorgesehen habe.

Mit Beschluß vom 15.01.1997, an die Antragssteller zugestellt am 25.02.1997, wies das Amtsgericht Bad Kissingen den Antrag mit der Begründung ab, daß die durchgeführte Wahl weder gegen § 29 WEG noch gegen § 22 der Gemeinschaftsordnung verstoße. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe dieser Entscheidung verwiesen.

Hiergegen erhoben die Antragssteller mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 07.03.1997, eingegangen am 10.03.1997, sofortige Beschwerde, mit der sie unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ihren ursprünglichen Antrag weiterverfolgten. Auf die Beschwerdebegründung wird gleichfalls Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig erhoben (§ 45 WEG, § 577 ZPO), in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Die durchgeführte Wahl der Verwaltungsbeiräte verstößt weder gegen § 29 WEG, noch gegen § 22 der Gemeinschaftsordnung.

§ 29 WEG eröffnet die Möglichkeit, einen Verwaltungsbeirat einzusetzen, regelt dessen Zusammensetzung und Aufgaben und bestimmt, daß die Bestellung des Beirats durch Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer zu erfolgen hat. § 29 WEG enthält jedoch ebensowenig wie die allgemeinen Vorschriften des WEG oder andere spezielle Vorschriften des WEG, deren Rechtsgedanke auf die Bestellung eines Verwaltungsbeirats möglicherweise übertragbar sein könnte, eine Regelung des Wahl- bzw. Abstimmungsverfahrens, mit der das vorliegend angewandte Wahlverfahren, bei dem es sich um eine spezielle Ausgestaltung des Mehrheitswahlprinzips handelt, unvereinbar wäre.

Auch § 22 der Gemeinschaftsordnung enthält insoweit keine Regelung, die geeignet wäre, die Ungültigkeit des verfahrensgegenständlichen Beschlusses zu begründen.

Die Unzulässigkeit einer Blockwahl ergibt sich nach der Beurteilung der Kammer insbesondere auch nicht durch Auslegung dieser Vorschrift. Daß nach § 22 II der Gemeinschaftsordnung der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats durch Stimmenmehrheit zu wählen ist, bedingt zwar insoweit die Notwendigkeit eines Einzelwahlverfahrens, was aus der Natur des Umstandes folgt, daß eben nurein Vorsitzender zu wählen ist, rechtfertigt jedoch nicht den Schluß, daß es unzulässig sei, zunächst alle Mitglieder des Verwaltungsbeirats gemeinsam im Blockwahlverfahren zu bestellen und erst anschließend die Einzelwahl des Vorsitzenden aus deren Mitte durchzuführen.

Aus den Überlegungen des Bundesgerichtshofs, der in Blockwahlen in Ortsvereinen einer Partei eine teilweise Verfälschung des Wählerwillens erblickt (NJW 1974, 183, 184), folgt nicht, daß ein anderer Auslegungsmaßstab anzulegen wäre. Denn unabhängig von der Frage, ob die Bedenken des Bundesgerichtshofs bezüglich des Wahlverfahrens einer der demokratischen Willensbildung besonders verpflichteten Personengruppe auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt überhaupt übertragbar sind, vermag die Kammer im vorliegenden Fall die Gefahr einer Verfälschung des Wählerwillens bereits deshalb nicht zu erkennen, weil sich die Wohnungseigentümer gerade nicht zwischen mehreren Kandidatenlisten zu entscheiden hatten, sondern sich von vorneherein nur 3 Personen für die Funktion des Verwaltungsbeirats zur Verfügung gestellt hatten. Aus demselben Grund ist die Kammer der Auffassung, daß auch die Entscheidungen des BGH zur Wahl des Vorstands einer Rechtsanwaltskammer (NJW 1989, 1150) und zur Wahl von Deligierten zum Kreisparteitag einer politischen Partei (NJW 1989, 1212) sowie des OLG Frankfurt zur Wahl eines Vereinsvorstands (Rechtspfleger 1984, 360) es keineswegs nahelegen, die unter den geschilderten Umständen abgehaltene Blockwahl des Verwaltungsbeirats als ungültig zu betrachten.

Kostenentscheidung: § 97 I ZPO i.V.m. § 47 WEG.

Beschwerdewert: § 48 III WEG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI508201

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