Entscheidungsstichwort (Thema)
Abwehr von Immissionen
Verfahrensgang
AG Schweinfurt (Entscheidung vom 07.06.1996; Aktenzeichen C 0198/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts Schweinfurt Zweigstelle Gerolzhofen – vom 07. Juni 1996 wie folgt abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Amtsgerichts Schweinfurt – Zweigstelle Gerolzhofen – vom 7.6.1996 ist zulässig, denn sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 511 ff ZPO).
II.
Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, denn die Zulässige Klage ist nicht begründet.
Soweit der Kläger erstinstanzlich beantragt hat, die Beklagten zu verurteilen, ihre Hunde so zu halten, daß deren Geräuschäußerungen nur außerhalb bestimmter Zeitspannen, im Zusammenhang nicht länger als 10 Minuten und insgesamt nur 30 Minuten täglich zu hören ist, hat der Kläger hierauf in der Form des von ihm gestellten Antrags keinen Anspruch.
Nach § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 Abs. 1 BGB kann zwar grundsätzlich die Beseitigung der durch das Gebell der von den Beklagten gehaltenen Hunde verursachten Störungen verlangt werden. Bei dem Gebell und sonstigen Lautäußerungen der Hunde der Beklagten handelt es sich auch um Geräusche, die generell störend für die Nachbarn sein können und damit um Immisionen i. S. von § 906 Abs. 1 BGB.
§ 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 Abs. 1 BGB gibt jedoch nur einen Abwehranspruch hinsichtlich nicht nur unwesentlicher Störungen. Dabei spielt die Meßbarkeit oder das Überschreiten bestimmter Richtwerte allerdings keine allein entscheidende Rolle (vgl. BGHZ 111, 63). Bei bestimmten Geräuschen liegt eine nicht nur unwesentliche Störung bereits dann vor, wenn die Geräusche in ihrer Eigenart ganz besonders die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dies kann bei Hundegebell der Fall sein, insbesondere, wenn es beispielsweise besonders laut, lang anhaltend oder zur Nachtzeit hörbar ist. Ob das Hundegebell im Einzelfall eine störende Immision i. S. von § 906 Abs. 1 BGB darstellt, ist nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zu beurteilen (vgl. BGHZ 121, 248). Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände kann jedoch den Beklagten nicht aufgegeben werden, Maßnahmen zu ergreifen, wonach das Bellen der Hunde zu bestimmten Tageszeiten gar nicht und insgesamt nicht länger als eine bestimmte Zeitspanne zu hören ist, denn dies würde einem völligen Verbot der Hundehaltung gleichkommen. Nach dem Tenor des amtsgerichtlichen Urteils wäre eine Verstoß der Beklagten dagegen bereits dann gegeben, wenn die Hunde der Beklagten nur eine Minute länger als 30 Minuten am Tag oder ein einziges Mal zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr sowie zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr bellen und dieses Geräusch auch nur entfernt auf dem Grundstück des Klägers zu hören wäre.
Ein solches, möglicherweise auch nur kurzes Bellen außerhalb der nach dem Urteilstenor zugelassenen Zeiten, insbesondere, wenn es durch Umstände ausgelöst ist, die sich dem Einflußbereich eines jeden Hundehalters entziehen, könnte aber mit zumutbaren Maßnahmen nicht verhindert werden. Auf eine vollständige Unterbindung derartiger Störungen hat ein verständiger Nachbar jedoch keinen Anspruch.
Der Kläger könnte daher nur die Abwehr solcher Geräuschimmisionen verlangen, die sein Grundstück mehr als unwesentlich beeinträchtigen, wobei die zur Erreichung dieses Zwecks zu ergreifenden Maßnahmen von den Beklagten frei ausgewählt werden können. Einen solchen Antrag, der qualitativ etwas anderes darstellt, als das vom Kläger beantragte, bezogen auf den Antrag des Klägers sowohl ein quantitatives Minus als auch ein quantitatives Plus enthalten würde, hat der Kläger jedoch weder hilfsweise in 1. Instanz gestellt, noch wirksam in der Berufungsinstanz.
Der Kläger hat erstmals mit Schriftsatz vom 24.1.1997 und damit nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung am 10.1.1997 entsprechende Hilfsanträge gestellt. Der Schriftsatz vom 24.1.1997, mit dem gleichzeitig der in der mündlichen Verhandlung vom 10.1.1997 geschlossene bedingte Vergleich widerrufen wurde, ist rechtlich als unselbständige Anschlußberufung des Klägers zu werden, da die Frist für die Berufungseinlegung zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen war (§ 521 ZPO).
Auch als unselbständige Anschlußberufung war diese jedoch nicht zulässig, denn auch die unselbständige Anschlußberufung kann nur bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung eingelegt werden (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 19. Aufl., § 522 a RdNr. 1).
Die letzte mündliche Verhandlung endete am 10.1.1997 mit der Bestimmung des Verkündungstermins. Hieran änderte auch der Umstand nichts, daß den Parteien die Möglichkeit gegeben war, den in der mündlichen Verhandlung vom 10.1.1997 abgeschlossenen bedingten Vergleich mit einem bis zum 24.1.1997 bei Gericht eingegangenen ...