Verfahrensgang

AG Olpe (Entscheidung vom 24.03.2009; Aktenzeichen 25 C 806/08)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Klägerinnen wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 24.03.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Olpe (Az. 25 C 806/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 1) 61,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.06.2008 sowie 46,41 Euro außer-gerichtliche Kosten und an die Klägerin zu 2) 150 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2008 sowie 46,41 Euro außergerichtliche Kosten zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz werden der Klägerin zu 1) zu 32 %, der Klägerin zu 2) zu 40 % und den Beklagten zu 28 % auferlegt.

  • III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)

Die zulässige Berufung der Klägerinnen ist teilweise begründet.

I.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin zu 1) gemäß §§ 7 StVG, 249 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgrund des Verkehrsunfalls vom 28.03.2008 - der dem Grunde nach unstreitig ist - besteht über die bereits vorgerichtlich durch die Beklagte zu 2) geleistete Zahlung hinaus in Höhe von 61,24 Euro. Dabei handelt es sich um einen Teil der Kosten für den Mietwagen, den die Klägerin zu 1) für acht Tage in Anspruch genommen hat.

Für die Ermittlung der (weiteren) ersatzfähigen Kosten hat die Kammer den Schwacke-Mietpreisspiegel 2003 unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Preissteigerung zugrunde gelegt.

1.

Die Rüge der Beklagten, dass die Klägerin zu 1) bereits keinen Berufungsgrund habe präsentieren können, greift nicht durch. Es ist ausreichend, wenn die Klägerin sich, wie im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 05.05.2009 geschehen, mit der Ermittlung des Anspruchs durch das Amtsgericht auseinandergesetzt hat. Die Neubestimmung der Anspruchshöhe durch das Berufungsgericht stellt dagegen eine Rechtsfrage dar, zu der die Klägerin zu 1) Stellung genommen und ihre Ansichten geäußert hat.

2.

Auch kann die Klägerin zu 1), entgegen der Meinung der Beklagten, mit ihren Ausführungen zum Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 in der Berufungsinstanz gehört werden. Eine Zurückweisung des Vortrags nach § 531 Abs. 2 ZPO kommt - sofern diese Bestimmung hier überhaupt einschlägig ist - nicht in Betracht, da die Klägerin den Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 bereits in erster Instanz als Orientierungs- und Vergleichsgrundlage zugrunde gelegt hat. In der Klageschrift hat die Klägerin zu 1) zwar lediglich den Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 angeführt. Mit Schriftsatz vom 21.11.2008 hat sie jedoch sodann auf die Daten des Schwacke-Mietpreisspiegels 2007 Bezug genommen, den sie dem Schriftsatz als Anlage A 1 beigefügt hat.

3.

Die Meinung der Beklagten, das Berufungsgericht sei an die Entscheidung des Amtsgerichts Olpe gebunden, der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten gemäß § 287 ZPO den Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts zugrunde zu legen, geht fehl.

Die Kammer ist nicht daran gehindert, für die Ermittlung der ersatzfähigen Kosten eine andere Grundlage heranzuziehen als die, die das Amtsgericht als maßgeblich angesehen hat. Die Ansicht, dass das Berufungsgericht die Entscheidung des Amtsgerichts lediglich auf Ermessensfehler, d.h. nur eingeschränkt, überprüfen könne, ist unzutreffend. Das Berufungsgericht ist berechtigt und verpflichtet, das dem erstinstanzlichen Gericht im Rahmen des § 287 ZPO gesetzlich eingeräumte Ermessen selbst auszuüben. Es ist daher bei der Festlegung der Höhe eines Schadens gehalten, auf der Grundlage der - gegebenenfalls durch das Erstgericht bindend - festgestellten Tatsachen eine eigene Bemessung vorzunehmen (vgl. BGH NJW 2006, 1589, 1592, für den Fall der Bemessung der Höhe eines Schmerzensgeldanspruches).

Überdies wäre die Kammer, selbst wenn man eine grundsätzliche Bindung an die Entscheidung des Amtsgerichts annähme, im vorliegenden Fall dennoch nicht gehindert, eine andere Schätzungsgrundlage heranzuziehen. Es bestehen nämlich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der diesbezüglichen Feststellungen des Amtsgerichts im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: bei der Ermittlung der Schätzungsgrundlage hat sich das Amtsgericht nicht mit allen Umständen des Falles auseinandergesetzt. So hat das Amtsgericht die Fraunhofer-Studie als Schätzungsgrundlage zugrunde gelegt, ohne sich auch nur ansatzweise mit den gegen diese Erhebung bestehenden Bedenken zu befassen (vgl. dazu in jüngster Zeit nur OLG Stuttgart, NZV 2009, 563, 565/566 und OLG Köln, NZV 2009, 447, 449).

4.

Die Kammer hält den Ersatz von Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 653,44 Euro für erforderlich und angemessen. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin zu 1), etwa auf vollständigen Ersatz der von ihr geltend gemachten Mietwagenkosten, ist jedoch aufgrund des nach ständiger Rechtsprechung geltenden...

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