Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsunfall. Mietwagenkosten. Unfallersatztarif
Leitsatz (amtlich)
Zum Ersatz von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall.
Normenkette
StVG § 7; BGB §§ 249, 398
Verfahrensgang
AG Siegen (Entscheidung vom 28.04.2010; Aktenzeichen 14 C 2022/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.04.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Siegen - 14 C 2022/09 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 568,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2009 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 93,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 30 % und die Beklagte zu
70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)
Die Berufung hat im überwiegenden Umfang Erfolg.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 568,16 € zu, §§ 7 StVG, 249, 398 BGB.
1. Die Abtretung des Anspruchs auf Zahlung der Mietwagenkosten an die Klägerin ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz.
Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören, erlaubt. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach S. 2 der Vorschrift nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
Die Haupttätigkeit der Klägerin stellt die Vermietung von Fahrzeugen dar. Soweit die Klägerin die ihr insoweit abgetretenen Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten geltend macht, handelt es sich um Nebenleistungen zu ihrer Haupttätigkeit (so auch LG Köln, NJW 2011, 1457).
Dass die Beurteilung und Durchsetzung der Ansprüche eine wesentlich höhere rechtliche Qualifikation als die Vermietung von Fahrzeugen erfordert (so LG Stuttgart, Urteil vom 05.01.2011, 5 S 207/10, a.a.O., Rn 47) ist vorliegend nicht ersichtlich. Der zu entscheidende Fall unterscheidet sich auch von dem von der 4. Kammer des Landgerichts Stuttgart (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 13.05.2011, 4 S 278/10, zitiert nach [...] Rn 57) entschiedenen Fall. Denn diese geht davon aus, dass die (dortige) Klägerin nach ihrer Geschäftspraxis dem unfallgeschädigten Kunden nicht die in der Niederlassung üblichen Mietwagenkosten, sondern einen fiktiven Unfallersatztarif berechnet, dessen Berechtigung regelmäßig angegriffen wird.
Vorliegend verfügte die Klägerin zum Anmietzeitpunkt über einen Normaltarif und einen Unfallersatztarif. Sie hat der Geschädigten den Normaltraif berechnet, der - wie noch auszuführen sein wird - nicht wesentlich über dem aus der Schwacke-Liste 2003 zu ermittelnden Wert liegt. Eine Streitigkeit über die Höhe der Mietwagenkosten war nicht ohne Weiteres vorprogrammiert. Zudem lässt die 4. Kammer des Landgerichts Stuttgart unberücksichtigt, dass es zu dem Berufs- und Tätigkeitsfeld der Klägerin gehört, ihre Preisgestaltung in einem rechtlich zulässigen Rahmen zu halten, d.h., dass sie sich ohnehin mit rechtlichen Fragen zu ihren Preisen auseinandersetzen muss. Wenn sie dann nach einer entsprechenden Abtretung den Ersatzanspruch ihres Kunden bei der Versicherung geltend macht, stellt sich das als Nebenleistung zu ihrem Berufs- und Tätigkeitsbild dar.
2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 568,68 € zu.
Beim Ersatz von Mietwagenkosten in Folge eines Verkehrsunfalls ist nach ständiger Rechtsprechung das Wirtschaftlichkeitspostulat zu beachten. Danach kann der Geschädigte vom Schädiger beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. BGH NJW 2009, 58, Urteil vom 14.10.2008, Az. VI ZR 308/07, zitiert nach [...] Rn 9; BGH NJW 2007, 2758, Urteil vom 12.06.2007, Az. VI ZR 161/06, zitiert nach [...] Rn 9). Die Verpflichtung, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, führt dazu, dass im Bereich der Mietwagenkosten der Unfallgeschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.
Für die Frage der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede kommt es darauf an, ob ein vernünftiger oder wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn der Geschädigte Bedenken ...