Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Aufwendungsersatz. unlauterer Wettbewerb. Fahrschule. Übungstestfahrten. öffentlicher Straßenverkehr
Leitsatz (amtlich)
wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit von Testübungsfahrten mit Fahrschulwagen im öffentlichen Straßenverkehr
Normenkette
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 3 Abs. 2, § 12 Abs. 1 S. 2; StVG § 2 Abs. 15, § 21 Abs. 1 Nr. 2
Tenor
I.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 208,65 € nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. Dezember 2010 zu zahlen.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist die XXX und macht gegenüber dem Beklagten, der in XXX eine Fahrschule betreibt, Kosten in Höhe von 208,65 € für eine ihm am 28. September 2010 erteilte Abmahnung geltend.
Dem liegt zugrunde, dass der Beklagte anlässlich des am 18. Und 19. September 2010 stattfindenden Kartoffelfestes in XXX angeboten hatte, dass Jugendliche, die nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis waren, seine Fahrschulwagen im Straßenverkehr führten. Die Fahrten wurden dabei in einem Teilbereich der öffentlichen Straßenverkehrsfläche, die lediglich mit kleinen Pylonen und Flatterband abgegrenzt war, durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K 2 beigefügten Lichtbilder (Bl. 18 d.A.) Bezug genommen
Die Klägerin nahm dies zum Anlass, den Beklagten mit Schreiben vom 28. September 2010 abzumahnen und aufzufordern, zu dem Sachverhalt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (Anlage K 3, Bl. 19 - 21 d.A.). Der Beklagte gab unter dem 29. Oktober 2010 die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (Anlage K 4, Bl. 22 d.A.), weigerte sich allerdings mit Schreiben vom gleichen Tage, den für die Abmahnung angefallenen Aufwendungsersatz zu zahlen (Anlage K 5, Bl. 23 d.A.). Mit weiterem Schreiben vom 2. November 2010 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 12. November 2010 auf, den angeforderten Aufwendungsersatz zu zahlen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte sich durch sein Verhalten - welches auch in Widerspruch zu den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten eines Fahrlehrers stehe - wettbewerbswidrig verhalten habe.
Sie beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 208,65 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. Dezember 2010 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass er davon ausgegangen sei, dass wie im Vorjahr eine Sperrung des ihm zugewiesenen Straßenbereiches erfolgt sei. Er habe erst nach dem Kartoffelfest erfahren, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Er habe insoweit in Unkenntnis und ohne Verschulden gehandelt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Dem Kläger steht der begehrte Anspruch auf Erstattung der als Aufwendungsersatz geltend gemachten Kosten in Höhe von 208,65 € nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu. Die von dem Kläger gegenüber dem Beklagten erteilte Abmahnung war berechtigt.
Von eine berechtigten Abmahnung ist auszugehen, wenn der Abmahnung tatsächlich ein bestehender wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zugrunde liegt (vgl. hierzu Hess in Ullmann, [...]PK-UWG, 2. Aufl., 2009, § 12 Rn. 27). Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch ergibt sich vorliegend aus § 3 Abs. 2 UWG. Nach § 3 Abs. 2 UWG sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
"Fachliche Sorgfalt" ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UWG "der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Markgepflogenheiten einhält." (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., 2010, § 3 Rn. 40).
Die von dem Beklagten angebotenen Testfahrten entsprachen nicht der ihm als Fahrlehrer obliegenden Sorgfalt. Zunächst ist die Vorschrift des § 2 Abs. 15 StVG zu berücksichtigen. Nach dieser Norm muss derjenige, der zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetztes begleitet werden. Bei den von dem Beklagten angebotenen Testfahrten handelte es sich allerdings nicht um Fahrten im vorgenannten Sinn. Ausbildungsverträge mit den Jugendlichen bestanden (noch) nicht (vgl. hierzu auch OLG Braunschweig, B...