Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeine Geschäftsbedingungen: Beachtlichkeit der formularmäßigen Erklärung eines Nichtkaufmanns, er sei Kaufmann
Leitsatz (amtlich)
Erklärt ein Nichtkaufmann in einem Formularmietvertrag formularmäßig, er sei Kaufmann, so greift eine andere Formularklausel, die die Verlängerung der Mietlaufzeit um drei Jahre an die Kaufmannseigenschaft des Mieters knüpft, gemäß § 5 AGBG a.F. nicht ein.
Tenor
Auf die Berufung wird das Urteil des Amtsgerichts Osterburg vom 28. April 2003 zum Geschäftszeichen C 267/02 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 771,03 Euro festgesetzt.
Tatbestand
<Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tatbestand wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.>
Entscheidungsgründe
I.
Die Parteien streiten um Mietzins für ein Werbeplakat für den Zeitraum vom 06.04.2002 bis zum 05.04.2003.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Osterburg vom 28.04.2003 zum Geschäftszeichen C 267/02 Bezug genommen.
Zur Verdeutlichung des vorformulierten Vertragstextes vom 15.02.1999 werden die entscheidenden Klauseln nochmals wörtlich zitiert:
Unter der formularmäßigen Überschrift „Mieter und Auftraggeber” findet sich im oberen Teil der Deckseite des Vertragstextes die handschriftliche Einfügung „Kfz-Sachverständigenbüro R. B”.
Etwas weiter unten findet sich in Fettdruck und deutlich vom Vertragstext abgesetzt die Formularklausel
„Der Vertrag wird abgeschlossen auf die Dauer von - handschriftlich eingefügt: 3 - Jahren und beginnt am Tag der Anbringung. Vertragsverlängerung um die vereinbarte Dauer automatisch gem. Ziffer 6 der umseitigen Bedingungen, sofern es sich bei dem Kunden um einen Kaufmann im Sinne des AGBG handelt”.
Über dem Unterschriftsfeld findet sich, ebenfalls deutlich abgesetzt und in Fettdruck, folgender Formularsatz ohne Ankreuzfeld oder Streichungsbefugnis:
„Ich erkläre hiermit, dass ich Kaufmann bin, eine Auftragskopie erhalten habe und die umseitig abgedruckten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen” anerkenne”.
Das Amtsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, zwischen den Parteien sei am 15.02.1999 ein Mietvertrag mit dreijähriger Laufzeit zustande gekommen, der sich mangels rechtzeitiger Kündigung entsprechend der Vertragsklausel um weitere 3 Jahre verlängert habe. Die Verlängerungsklausel sei wirksam, sie verstoße insbesondere nicht gegen §§ 11 Nr. 12, 9 und 3 AGBG. Der Beklagte könne der Verlängerungsklausel, die an die Kaufmannseigenschaft anknüpfe, auch nicht entgegen setzen, dass er kein Kaufmann sei, denn er müsse sich seine Erklärung auf dem Vertragsformular, er sei Kaufmann, nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zurechnen lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses, ihm am 02.05.2003 zugestellte, Urteil des Amtsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 20.05.2003, bei dem Landgericht Stendal eingegangen am 21.05.2003, Berufung eingelegt und diese zeitgleich begründet.
Der Beklagte ist der Ansicht, die stillschweigende Vertragsverlängerung in Verbindung mit der Kaufmannsfiktion verstoße gegen § 9 AGBG. Er sei zwar Unternehmer, aber kein Kaufmann, denn er übe einen freien Beruf aus. Auch bedürften seine freiberuflichen Tätigkeiten keines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs. Mit einer stillschweigenden Verlängerung des Vertrages habe er nicht zu rechnen brauchen, da er kein Kaufmann sei.
Die Verlängerungsklausel benachteilige ihn unangemessen, wobei die Abweichung von den §§ 11 Nr. 12 und Nr. 15 b AGBGB die Rechtsverletzung indizierten.
Im Übrigen sei der Mietvertrag mit Schreiben vom 15.12.2000 ordentlich, jedenfalls mit Schreiben vom 22.01.2002 fristlos gekündigt worden. Das Werbeschild sei zudem nicht wie vereinbart angebracht.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Osterburg vom 28.04.2003 zum Geschäftszeichen C 267/02 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Es sei dem Beklagten verwehrt, sich nach Versäumung der Kündigungsfrist auf die angeblich fehlende Kaufmannseigenschaft zu berufen, nachdem er bei Vertragsschluss erklärt habe, Kaufmann zu sein. Der Beklagte habe durch seine Unterschrift unter die über dem Unterschriftenfeld befindliche vorformulierte Erklärung den Rechtsschein gesetzt, er sei Kaufmann und müsse sich nach Rechtsscheinsgrundsätzen wie ein Kaufmann behandeln lassen. Er hätte auch die Möglichkeit gehabt, diese Erklärung zu streichen.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 13...