Verfahrensgang
AG Stuttgart (Urteil vom 16.02.2023; Aktenzeichen 61 C 1312/22 WEG) |
Tenor
1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 16.02.2023, Az. 61 C 1312/22 WEG, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO aus nachfolgend aufgeführten Gründen zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 16.02.2023, Az. 61 C 1312/22 WEG gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
I.
Die Berufung der Beklagten hat nach übereinstimmender Auffassung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht eine Interventionswirkung angenommen, die zur Haftung der Beklagten führt.
1. Die Beklagte beantragt,
- das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 16.02.2023, Az.: 61 C 1312/22 WEG aufzuheben,
- das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Stuttgart zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
2. Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Streitverkündung vom 30.09.2021 ist wirksam. Dem Urteil des Amtsgerichts kommt entgegen dem Vortrag der Beklagten ausreichende Substanz für eine Interventionswirkung zu und die Klägerin muss sich kein Verschulden gegen sich selbst oder einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht entgegenhalten lassen. Selbst wenn die Beklagte in den Beratungsvertrag zwischen dem RA D.. und der Klägerin einbezogen wäre, ist die Klägerin nicht gezwungen diese Ansprüche geltend zu machen, vielmehr kann sich die Beklagte an RA D… halten.
3. Zur Begründung wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des zutreffenden und überzeugenden amtsgerichtliche Urteil vollumfänglich Bezug genommen.
Ergänzend sei wie folgt ausgeführt:
a) Die Beklagte hat durch die Aufstellung des Wirtschaftsplans 2021 ihre Pflichten aus dem damals zwischen den Parteien bestehenden Verwaltervertrag verletzt. Kraft Interventionswirkung gemäß §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO steht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart im Beschlussanfechtungsverfahren fest, dass der von der Beklagten erstellte Wirtschaftsplan im Widerspruch zur Teilungserklärung stand.
aa) Die Streitverkündung vom 30.09.2021 ist wirksam; die Streitverkündungsschrift genügt den Anforderungen des § 73 ZPO.
Die Wirksamkeit der Streitverkündung vom 30.09.2021 daran scheitern zu lassen, dass die Streitverkündungsschrift nur ein „Kurzrubrum” enthielt, der zur Rechtsform der UG zugehörige Klammerzusatz (haftungsbeschränkt) in der Bezeichnung der Klägerseite fehlte, auf Beklagtenseite Wohnungseigentümergemeinschaft mit WEG abgekürzt wurde und die Straßen/Hausnummern ohne Angabe des Ortes (…) angegeben wurden, würde die formellen Voraussetzungen an eine wirksame Streitverkündung überspannen.
(1) Der Schriftsatz, den die Partei zum Zwecke der Streitverkündung einzureichen hat und der dann dem Dritten gem. § 73 S. 2 ZPO zuzustellen ist, ein „bestimmender Schriftsatz”. Durch einen derartigen Schriftsatz wird eine für das Verfahren wesentliche Prozesshandlung vollzogen. An seine Einreichung oder Zustellung werden vom Gesetz besondere verfahrensrechtliche Folgen geknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1984 – VII ZR 342/83 – juris).
Die Beklagte ist unter Verweis auf das Urteil des OLG Frankfurt (29 U 166/19) der Ansicht, dass die Streitverkündungsschrift das volle Rubrum enthalten müsse. In seiner Entscheidung führte das OLG Frankfurt wie folgt aus:
„Denn die Streitverkündungsschrift muss das volle Rubrum (vgl. § 130 S. 1 ZPO) enthalten. In formaler Hinsicht handelt es sich nämlich bei der Streitverkündungsschrift um einen bestimmenden Schriftsatz iSd §§ 130 ff. ZPO [… …] Er muss auch deshalb das volle Rubrum beinhalten, da er einer den Anforderungen des § 253 II ZPO unterliegenden Klageschrift gleich steht und der Empfänger des Schriftsatzes ausreichend über die Parteien des Rechtsstreits informiert werden muss, um über einen Beitritt zu entscheiden und diesen nach § 70 I ZPO ordnungsgemäß zu vollziehen.” (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.1.2020, – 29 U 166/19 – juris).
Nach Auffassung des BGH geltend die strengen Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO für die Streitverkündungsschrift jedoch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2007 – IX ZR 143/06, – juris). Selbst im Anwaltsprozess unterliegt die Streitverkündung keinem Anwaltszwang (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1984 – VII ZR 342/83, NJW 1985, 328). Deswegen sollten bei anwaltlicher Beteiligung nicht die für bestimmende Schriftsätze herangezogenen Formanforderungen herangezogen werden...