Orientierungssatz
1.
Für eine Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens auf Bewilligung des Gläubigers nach § 30 ZVG ist nach Schluss der der Versteigerung kein Raum mehr.
2.
Die Bietstunde endet aber erst mit der Verkündung des Schlusses der Versteigerung nach § 73 Abs. 2 Satz 1 ZVG und nicht bereits mit der Feststellung, dass Gebote nicht abgegeben worden waren.
Verfahrensgang
AG Esslingen (Entscheidung vom 21.04.2010; Aktenzeichen 2 K 119/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Esslingen vom 21.4.2010 (Az.: 2 K 119/07)) wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.000 EUR
Gründe
In dem mit Beschluss des Amtsgerichts Esslingen vom 21.6.2007 angeordneten Zwangsversteigerungsverfahren fanden zwei Versteigerungstermine statt.
Im ersten Termin am 16.9.2009 wurden keine Gebote abgegeben, weshalb das Amtsgericht mit Beschluss vom gleichen Tag das Verfahren nach § 77 Abs. 1 ZVG einstweilen eingestellt hatte. Die Fortsetzung des Verfahrens wurde auf Antrag der Gläubigerin vom 30.9.2009 mit Beschluss des Amtsgerichts vom 7.10.2009 angeordnet.
Im zweiten Versteigerungstermin am 21.4.2010 wurde zwar ein Gebot abgegeben. Jedoch konnte der Bieter die vom Schuldnervertreter verlangte Sicherheit nicht in der erforderlichen Höhe leisten, so dass die zuständige Rechtspflegerin lt. Protokoll zu folgender Feststellung kam:
"Ein weiteres Gebot wurde nicht abgegeben, es liegt somit kein gültiges Gebot vor."
Daraufhin hat die Gläubigervertreterin die einstweilige Einstellung gemäß § 30 ZVG bewilligt, weshalb das Amtsgericht diese mit Beschluss vom gleichen Tag anordnete.
Gegen diese dem Schuldnervertreter am 22.4.2010 zugestellte Entscheidung hat der Schuldnervertreter mit Telefax vom 5.5.2010 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er die Aufhebung des Verfahrens nach § 77 Abs. 2 ZVG verfolgt. Er macht geltend, nach Ablauf der Bietstunde könne der Gläubiger die Aufhebung des Verfahrens nach § 77 Abs. 2 ZVG nicht mehr durch die Bewilligung der Einstellung nach § 30 ZVG verhindern. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.9.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Rechtsmittel ist gemäß § 95 ZVG statthaft, rechtzeitig eingelegt und mithin zulässig.
In der Sache hat es jedoch keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Recht das Verfahren nach § 30 ZVG eingestellt und nicht gemäß § 77 Abs. 2 ZVG aufgehoben.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Zu Recht weist der Schuldnervertreter allerdings darauf hin, dass für eine Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers nach § 30 ZVG nach Schluss der Schluss der Versteigerung kein Raum mehr ist (LG Mainz auf AG Mainz, beide Rpfleger 88, 376). § 77 Abs. 2 ZVG begrenzt die in § 30 ZVG manifestierte Verfahrensherrschaft des Gläubigers auf maximal zwei ergebnislose Zwangsversteigerungstermine. Nach Ablauf der Bietstunde hat das Gericht, wenn die Voraussetzungen des § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG vorliegen, von Amts wegen das Zwangsversteigerungsverfahren als solches aufzuheben, ohne dass der Gläubiger diese Wirkung noch durch eine Einstellungsbewilligung im Sinne von § 30 ZVG umgehen kann. Der Gläubiger wird dadurch nicht rechtlos gestellt, da er entweder ein neues Zwangsversteigerungsverfahren betreiben oder die einstweilige Einstellung im Falle der Nichtabgabe von Geboten bis zum Schluss der Bietstunde noch bewilligen kann (LG Mainz a.a.O.).
Entgegen der Auffassung des Schuldnervertreters greift § 77 Abs. 2 ZVG aber vorliegend nicht, weil die Bietstunde im Zeitpunkt der Bewilligung der einstweiligen Einstellung durch die Gläubigerin noch nicht beendet war. Zwar hatte das Amtsgericht in diesem Zeitpunkt bereits - wie entsprechend § 73 Abs. 1 Satz 2 ZVG erforderlich - festgestellt, dass Gebote nicht abgegeben worden waren. Die Bietstunde endet aber erst mit der danach noch notwendigen Verkündung des Schlusses der Versteigerung nach § 73 Abs. 2 Satz 1 ZVG. Erst nach diesem Zeitpunkt kann es zur Anwendung des § 77 Abs. 2 ZVG und daher zum Ausschluss der Anwendbarkeit des § 30 ZVG kommen (vgl. Anmerkung der Schriftleitung zu LG und AG Mainz a.a.O. Rpfleger 88, 377).
Entgegen der Auffassung des Schuldnervertreters erfolgte die Einstellungsbewilligung der Gläubigerin auch nicht willkürlich und unter Verstoß gegen das Schikaneverbot. Vielmehr diente sie dem Zweck, die Verwertung des Grundstücks noch im selben Verfahren zu ermöglichen. Dies kommt letztlich auch dem Schuldner zugute, da er durch die Verwertung zumindest teilweise von seiner Verbindlichkeit gegenüber der Gläubigerin befreit wird. In Anbetracht des im Termin vom 21.4.2010 abgegebenen Gebots erscheint die Verwertung auch nicht aussichtslos. Im Falle der Aufhebung des Verfahrens könnte die Gläubigerin ein neues Verfahren einleiten, wodurch neue Kosten entstehen, welche den der Gläubigerin zufließenden Erlös schmälern und sich damit auch für den Schuldner nachteilig auswirken.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
D...