Orientierungssatz

Ein selbständiges Beweisverfahren ist - vorbehaltlich entgegenstehender Einzelfallgesichtspunkte - nicht beendet, solange keine förmliche Beweisaufnahme zu allen im Anordnungsbeschluss enthaltenen Beweisfragen stattgefunden hat.

 

Verfahrensgang

AG Kirchheim/Teck (Entscheidung vom 29.02.2012; Aktenzeichen 2 H 4/11)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird die Verfügung des Amtsgerichts Kirchheim/Teck vom 29.02.2012 - 2 H 4/11 - aufgehoben.

  • 2.

    Der Sachverständige wird beauftragt, unter Beachtung des Antragstellergesuchs vom 24.02.2012 und des Terminsprotokolls vom 21.11.2011 eine raumweise Trittschallmessung in der Wohnung des Antragstellers sowie, zu Vergleichszwecken, in weiteren im Hause ............................ gelegenen Wohnungen durchzuführen, sofern ihm Zutritt hierzu gewährt wird.

  • 3.

    Die erneute Beauftragung des Sachverständigen durch das Gericht wird davon abhängig gemacht, dass der Antragsteller für die weitere Tätigkeit des Sachverständigen einen weiteren Auslagenvorschuss in Höhe von 8.000,-- € ........... einbezahlt.

 

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 07.04.2011 ordnete das Amtsgericht die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens hinsichtlich eines vom Antragsteller behaupteten mangelhaften Lärmschutzes einer vom Antragsteller im Jahr 2010 erworbenen Eigentumswohnung in .................... sowie die Einholung eines diesbezüglichen schriftlichen Sachverständigengutachtens an. Mit der Begutachtung des Lärmschutzes sowie dessen Würdigung im Hinblick auf die anerkannten Regeln der Technik beauftragte das Gericht den Sachverständigen für Bauakustik, Schallschutz im Hochbau und Schallimmissionsschutz N.N.. Ferner gab das Gericht dem Sachverständigen auf, zu ermitteln, welche Maßnahmen zur fachgerechten Beseitigung der seitens des Antragstellers behaupteten Mängel erforderlich seien und welchen Kostenaufwand die Mängelbeseitigung erfordere.

Mit Schreiben vom 29.04.2011 bestätigte der Sachverständige den erhaltenen Auftrag; zugleich wies er darauf hin, dass die im o.g. Anordnungsbeschluss zu den Kosten der Mängelbeseitigung enthaltene Frage nicht in sein Fachgebiet falle und er diesbezüglich lediglich eine grobe Schätzung abgeben könne. Sodann führte der Sachverständige am 19.05.2011 einen Ortstermin durch und übermittelte dem Amtsgericht hierauf, nach zwischenzeitlicher Anforderung weiterer Unterlagen, am 03.08.2011 sein auf 02.08.2011 datiertes Gutachten. Zu den Kosten der Mängelbeseitigung äußert sich der Sachverständige hierin - unter nochmaligem Hinweis, dass diese Frage nicht in sein Fachgebiet falle - lediglich dahingehend, dass er den Aufwand der Mängelbeseitigung auf 20 Mannstunden schätze und auf dieser Grundlage, bei einem angenommenen Stundensatz von ca. 50,-- €, Kosten von ca. 1.000,-- € zzgl. MwSt. und evtl. Materialkosten erwarte.

Das Amtsgericht übermittelte den Parteien das vorbezeichnete Sachverständigengutachten mit Verfügung vom 16.08.2011 und Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15.09.2011, worauf sich zunächst der Antragsteller, nach Fristablauf auch die Antragsgegnerin äußerten. Hinsichtlich der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung führt der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 14.09.2011 aus, dass der Beweisbeschluss des Amtsgerichts vom 07.04.2011 nicht vollständig erledigt sei, nachdem der Sachverständige diese Frage nicht beantwortet habe. Da der Antragsteller diesbezüglich jedoch, mit dem Ziel einer Mängelbeseitigung, zunächst außergerichtlich auf die Antragsgegnerin zugehen werde, behalte er sich die Geltendmachung einer Erledigung des Beweisbeschlusses durch besonderen Schriftsatz vor und bitte zunächst darum, das Verfahren insoweit "ruhen zu lassen".

Mit Verfügung vom 16.09.2011 beraumte das Amtsgericht für den 21.11.2011 einen Erörterungstermin zur mündlichen Anhörung des Sachverständigen an. Auf das Protokoll dieses Termins wird Bezug genommen. Zu den Kosten der Mängelbeseitigung äußerte sich der Sachverständige auch im Rahmen des Erörterungstermins lediglich in Gestalt einer überschlägigen Schätzung.

Mit Schreiben vom 24.02.2012, eingegangen am 28.02.2012, bat der Antragsteller das Amtsgericht, den Sachverständigen mit der Fortsetzung der Begutachtung in Gestalt weitergehender Schallmessungen zu beauftragen. Hierauf teilte das Amtsgericht mit Verfügung vom 29.02.2012, gegen die sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde wendet, mit, dass das selbständige Beweisverfahren mit dem Termin am 21.11.2011 abgeschlossen worden sei und deshalb von weiteren Maßnahmen abgesehen werde. Der Antragsteller legte hiergegen mit Schreiben vom 02.03.2012 Beschwerde ein und begründete diese damit, dass der Sachverständige im Anhörungstermin auf die Notwendigkeit weiterer Lärmuntersuchungen hingewiesen habe und außerdem die im Beweisbeschluss enthaltene Frage nach den Kosten der Mängelbeseitigung bislang unbeantwortet geblieben sei.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte mit Beschluss vom 15.03.2012 dem Lan...

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