Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung. Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts zur Sicherstellung von Beweismitteln. Rücknahme der Beschwerde zu Protokoll. Nochmalige Beschwerde drei Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Unzulässiges Rechtsmittel nach langer Zeit untätigen Zuwartens. Rechtsmissbrauch
Leitsatz (redaktionell)
Eine nochmalige Beschwerde gegen eine Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts zur Sicherstellung von Beweismitteln wegen Verdachts der Steuerhinterziehung, die erst drei Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens und nach Rücknahme der vorigen Beschwerde eingelegt wird, ist als unzulässig zu verwerfen.
Normenkette
StPO §§ 98, 304; Grundsatz von Treu und Glauben
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Beschluss vom 14.11.2000; Aktenzeichen 27 Gs 15899/00) |
Tenor
werden die Beschwerden des Verurteilten gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Stuttgart vom 14. November 2000 – 27 Gs 15898/00 und 27 Gs 15899/00 – als jeweils unzulässig
Gründe
Der Verurteilte wendet sich mit seinem Beschwerdeschreiben vom 09. November 2005 gegen die beiden am 14. November 2000 ergangenen Beschlüsse des Amtsgerichts Stuttgart, durch die die Durchsuchung seiner Wohn-, Geschäftsräume und anderer Räume in Stuttgart sowie seines Arbeitsplatzes (27 Gs 15899/00) und die Durchsuchung der Wohnung seiner mittlerweile am 11. Mai 2002 verstorbenen Mutter (27 Gs 15898/00) zur Sicherstellung von Beweismitteln angeordnet worden war. Die Durchsuchungen wurden am 05. Dezember 2000 vollzogen und hierbei verschiedene Beweismittel beschlagnahmt. Der Verurteilte beantragt, diese Beschlüsse aufzuheben und die beschlagnahmten Gegenstände zurückzugeben.
Die beiden Beschwerden, die angesichts der bereits vollzogenen Maßnahmen nur noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse und für diesen Fall die Anordnung der Rückgabe von erhobenen Beweismitteln zum Ziel haben können, sind unzulässig. In beiden Fällen fehlt es an einem gegenwärtigen Rechtsschutzinteresse des Verurteilten an der begehrten Feststellung.
1. 27 Gs 15899/00
Über das Beschwerdevorbringen des Verurteilten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 14. November 2000 – 27 Gs 15899/00 – hat das Landgericht Stuttgart bereits mit Beschluß vom 15. Mai 2002 – 10 Qs 68/02 – abschließend entschieden und auch auf die Gegenvorstellungen des Verurteilten vom 29. Mai 2002 und 10. Juni 2002 keine Veranlassung gesehen, von der im Beschluss vom 15. Mai 2002 vertretenen Rechtsauffassung abzusehen. Die Strafprozessordnung sieht es nicht vor, einen bereits durchlaufenen Rechtszug – noch dazu mit inhaltsgleichem Vortrag – erneut beschreiten zu können (vgl OLG Frankfurt, NStZ-RR 2003, 175).
2. 27 Gs 15898/00
Dem Erfordernis eines gegenwärtigen Rechtsschutzinteresses für dieses Rechtsmittel steht schon entgegen, dass es erst nahezu 5 Jahre nach Vollzug der angegriffenen Maßnahme eingelegt wurde und seit dem rechtskräftigen Abschluss des gegen den Verurteilten gerichteten Strafverfahrens am 23. Oktober 2002 bereits mehr als 3 Jahre vergangen sind. Der Verurteilte muss sich entgegenhalten lassen, dass er insoweit untätig geblieben ist und einen angemessenen Zeitrahmen überschritten hat, in dem ihm die Ausschöpfung des Instanzenzugs ohne weiteres möglich gewesen wäre und in dem ein Betroffener vernünftigerweise etwas zur Wahrung seiner Rechte zu unternehmen pflegt (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1514; OLG Frankfurt a.a.O.). Derartiges wäre dem Verurteilten jedoch problemlos möglich gewesen. Ausweislich der vom Verurteilten unter dem Datum vom 21. September 2002 verfassten Anlage zum Protokoll der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart vom 23. Oktober 2002 (Bl. 24 bis 34 GA) waren von ihm bereits damals dieselben Einwendungen gegen den angegriffenen Durchsuchungsbeschluss vorgetragen worden, die er nunmehr auch mit seiner Beschwerde vom 09. November 2005 geltend macht. Das öffentliche Interesse an der Wahrung des Rechtsfriedens kann in einem solchen Fall verlangen, die Anrufung des Gerichts mit einem an sich unbefristeten Rechtsmittel nach langer Zeit untätigen Zuwartens als unzulässig anzusehen (BVerfG a.a.O.).
Unabhängig davon stunde der Zulässigkeit seiner Beschwerde auch entgegen, dass der Verurteilte ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls (Bl. 35 GA) nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft erklärte, die Sache tue im Leid und er seinen Einspruch gegen den zuvor ergangenen Strafbefehls zurücknehmen wolle. Die Rücknahme erklärte er anschließend auch zu Protokoll (Bl. 35 Rs. GA). Damit hat der Verurteilte gezeigt, dass er sich einem berechtigten Verfolgungsanspruch des Staates unter Aufgabe seines Verteidigungsvorbringens unterworfen hat. Demnach würde es auch gegen den allen Prozessordnungen immanenten Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen und nahezu als rechtsmissbräuchlich erscheinen, entgegen dem zuvor von ihm geleisteten Beitrag zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens erneut eine im Verlauf dieses Verfahrens ergangene ...